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Soziale Not in Premsendorf Soziale Not in Premsendorf: Versorger klemmt wegen Schulden die Leitung ab

Von Klaus Adam 17.09.2014, 17:50
Starkstromtechniker arbeiten an einer 110 000-Volt-Freileitungstrasse von EnviaM bei Espenhain.
Starkstromtechniker arbeiten an einer 110 000-Volt-Freileitungstrasse von EnviaM bei Espenhain. dpa/archiv Lizenz

Premsendorf - Jan Roloff und Ramona Bölke können sich im Moment nicht wirklich über das sommerliche Wetter freuen. Das ersparte ihnen zwar, die Heizung in ihrem gemieteten Haus in Premsendorf bereits einzuschalten. Allein - nicht nur die Heizung funktioniert nicht. Der Arbeitslosengeld-II-Empfänger und die Rentnerin sitzen derzeit völlig im Dunkeln. Der Energieversorger Envia-M hat ihnen am Mittwoch vergangener Woche den Strom abgestellt. Und das ist er bis heute.

Wie es dazu kam, ist aber eine jener Geschichten, die das Leben so vielfältig und auch zwiespältig schreibt, dass sie Stoff für einen Lebensroman bieten würden. In dem sich auch rechtliche Rahmenbedingungen mit den persönlichen Möglichkeiten der Betroffenen beißen.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie die Probleme entstanden.

Mächtige Gesundheitsprobleme

Krankheitsbedingt wollten beide nicht mehr in einem Annaburger Wohnblock in der obersten Etage wohnen. Roloff hat Knie- und Hüftprobleme. Dazu mehrere Schlaganfälle und Herzinfarkte hinter sich, wie er selbst berichtet. Hinzu kommen schwere Hautprobleme und Depressionen, wegen derer er starke Medikamente zu nehmen habe. Die beiden fanden ein nettes Häuschen in Premsendorf, das passte. Im Dezember 2013 zogen sie ein. Allerdings funktionierte die Zeitschaltung für die Nachtspeicherheizung schon bald nicht mehr. Sie wurde repariert auf Kosten des Vermieters und ging wieder kaputt. „Der Fehler muss irgendwo in der Leitung liegen. Das soll noch überprüft werden“, so Roloff zur MZ. Nach der zweiten fehlgeschlagenen Reparatur zeigte ihnen der Elektromeister, wie sie die Anlage zumindest per Hand einschalten können. Bis dahin aber besorgten sie sich während der Januar- und Februarkälte einen Ölradiator und rückten im Wohnzimmer zusammen. Ein Ölradiator aber - der zieht. Und zwar ordentlich. Nach einem halben Jahr flatterte den Mietern die Stromrechnung ins Haus: über 900 Euro Nachzahlung, so Jan Roloff.

Jobcenter lehnt Darlehen ab

Das war den beiden dann doch zu heftig. Roloff beantragte beim Jobcenter ein Darlehen über etwa die Hälfte der Summe und verhandelte über eine Ratenzahlung der anderen Hälfte mit der Envia-M. Das Jobcenter lehnte ab. Dessen Pressesprecher Sven Arlt antwortete auf die MZ-Nachfrage: „Herr Roloff ist nicht Vertragspartner des Energieversorgers. Insofern sind es nicht seine Schulden.“ Im Jobcenter wisse man aber um die gesundheitlichen Probleme des Premsendorfers. „Wir werden mit ihm einen neuen Termin vereinbaren, um das alles zu klären.“ Der soll laut Roloff wohl heute sein. Er vertritt, wie sich vermuten lässt, eine andere Auffassung: „Ich habe die Kosten mit verursacht. Da muss ich sie doch mit abtragen.“

Die Kostenlast drückte, die Mittel fehlten, so kam es dazu, dass nach den ersten gezahlten Raten der Stromrechnung das Geld für die August-Rate fehlte. Der Energieversorger fackelte nicht lange. Nach zwei vergeblichen Versuchen der Kontaktaufnahme, die Roloff jedoch anzweifelt, weil man zu den genannten Zeiten zu Hause gewesen sei, stellte Envia-M die Stromversorgung ein. Und die etwas über 900 Euro Gesamtsumme wurde sofort fällig gestellt. Seither sitzen beide im Dunkeln, Kühl- und Tiefkühlschrank funktionieren nicht. Speisen verderben, nur kalt duschen. Envia-M-Pressesprecherin Claudia Anke mochte, nachdem sie sich informiert hatte, keinen Willen erkennen, „die Forderung auch nur in kleinen Raten abzutragen. Wir sehen keine Zahlungsabsicht“.

Das Paar ist zunächst bei Verwandten in Jessen untergekommen, so Roloff. (mz)