Sicherheit beim Baden Sicherheit beim Baden: Mit Seepferdchen nicht automatisch Schwimmer

Jessen - Als ehemaliger Schwimmmeister hadert Dietrich Müller aus Wahlsdorf (Stadt Coswig) mit dem „Seepferdchen“. Das Zertifikat des Schwimmanfängerkurses wiege die Eltern in falscher Sicherheit, meint er. „Damit können sich die Kinder mal gerade 25 Meter über Wasser halten. Es reicht nicht aus für die Sicherheit im Meeresurlaub“.
In Berlin-Spandau habe er Hunderte Kinder das Schwimmen gelehrt. „Mein Schwimmlehrer war übrigens Werner Sobeck, Olympiateilnehmer 1952 im Turmspringen“, erzählt er.
Seinerzeit wurde Wert darauf gelegt, dass die Kinder mindestens den „Freischwimmer“ machten, dafür mussten sie eine Viertelstunde lang schwimmen, aus einem Meter Höhe ins Becken springen und auch die Baderegeln kennen.
Geld darf keine Rolle spielen
Die Eltern, oder besser noch die Kommunen sollten lieber gleich in eine frühzeitige solide Schwimmausbildung investieren, meint der Wahlsdorfer, der auf den MZ-Bericht über die Diskussion zu den Schwimmkursgebühren für das Freibad Zahna reagierte.
Dass jedes Kind schwimmen lernen sollte und es dabei keine finanziellen Hürden für Kinder aus sozial schwachen Familien geben dürfe, ist für ihn unstrittig. Deshalb auch ist in den Grundschulen Sachsen-Anhalts der Schwimmunterricht verbindlich. Er findet zumeist im zweiten oder dritten Schuljahr statt.
Das Problem im ländlichen Raum ist die Verfügbarkeit von Schwimmhallen. Bad Schmiedeberg fährt nach Pretzsch, die Schüler aus Kemberg, Gräfenhainichen und dem Wörlitzer Winkel lernen in Gräfenhainichen schwimmen, die Grundschulen Schweinitz, Annaburg, Prettin und die Heideschule Holzdorf-Ost nutzen über eine Vereinbarung mit der Bundeswehr die Schwimmhalle Holzdorf. Die Schwimmhalle Piesteritz muss den Bedarf des restlichen Landkreises abdecken, für die Schulen heißt das, Zeiten zu bekommen und die Busse zu organisieren.
„Das ist ein riesiger organisatorischer Aufwand“, sagt Silke Reimann, Direktorin der Zahnaer Grundschule. Um das effektiver zu gestalten, wurde für die Zahnaer Schüler der Schwimmunterricht auf das erste Halbjahr konzentriert, „dafür hatten die Kinder immer gleich zwei Stunden“.
Nicht die Schwimmmeister vor Ort geben den Schwimmunterricht, sondern die als Koordinatoren für die jeweiligen Hallen eingesetzten Sportlehrer. Bei denjenigen, die noch in der DDR studiert haben, war die Befähigung für den Schwimmunterricht Bestandteil der Ausbildung. Für die jüngere Sportlehrergeneration gibt es die Zusatzqualifikation.
„Sicheres Schwimmen“ ist laut Andreas Kräter, Koordinator für den Schwimmunterricht in Gräfenhainichen, Pretzsch und Holzdorf, das Mindestziel. Das bedeute, dass ein Kind 200 Meter ohne Unterbrechung schwimmend zurücklegen muss. Kräter gibt dem Mann aus Wahlsdorf recht, dass das „Seepferdchen“ Eltern und Großeltern vorgaukelt, das Kind könne schwimmen und dürfe daher allein in den tiefen Pool oder gar ins Meer.
Seepferdchenkurse würden auch im Ausland an Hotelpools angeboten, „in kürzester Zeit für viel Geld“. Am Ende stimmten bei solchen Anbietern die Kassen, aber bei den Kindern oft nicht die Schwimmzüge. Wie viel Mühle sich ein Schwimmmeister gegeben habe bei der Seepferdchenausbildung, sehen die Schwimmlehrer in der ersten Schwimmstunde. „Da müssen wir manche Seepferdchen der Gruppe ohne Vorkenntnisse zuordnen“, berichtet Kräter.
Eltern werden informiert
„Das Seepferdchen ist kein Zeugnis, dass das Kind zu den Schwimmern gehört. Im schulischen Bereich wird das den Eltern auch schriftlich mitgeteilt“, sagt Steffen Breuer, der im Landesschulamt unter anderem für das Schwimmen zuständig ist. „Kinder, die den Schwimmunterricht mit dem Seepferdchen abschließen, werden weiterhin als Nichtschwimmer eingestuft.“ Für Vorschulkinder habe das Anfängerabzeichen dennoch Berechtigung meint er. Es stärke ihr Zutrauen, dass das Schwimmen erlernbar ist.
Aus der Grundschule Zahna haben die meisten Kinder am Ende des Schwimmunterrichts das Jugendschwimmabzeichen in Bronze in der Hand, berichtet Silke Reimann. Und einige, „das sind dann richtige Wasserratten“, schafften sogar Silber. (mz)