Rückblick auf das Hochwasser 2013 Rückblick auf das Hochwasser 2013: Schweinitzer Seenlandschaft

Schweinitz/MZ - Inzwischen deutet an dieser Stelle nichts mehr darauf hin, wie dramatisch das Geschehen vor einem Jahr bei Schweinitz, gegenüber dem früheren Pflegeheim, war. Schon zwei Monate nach dem Dammbruch war die Stelle mit Spundwänden verschlossen. Und im Herbst vergangenen Jahres wuchs bereits das neue Grün als natürliche Befestigung auf dem sanierten Elsterdamm.
Am 6. Juni 2013, genau vor einem Jahr also, gibt der Elsterdeich bei Schweinitz dem Druck des ansteigenden Flusses nach. Mit 3,04 Metern hat der Wasserstand am Pegel Löben einen deutlich höheren Wert, als bei den Hochwässern im Herbst 2010 und im Frühjahr 2011 erreicht. Das Makabre an diesem Bruch ist, dass die eben nach 2010/11 begonnene Sanierung der Schutzanlagen genau bis zu dieser Stelle vorgedrungen ist, die nun nachgibt.
Barbara Gurschke, die Projektleiterin vom Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft, und Deichläufer müssen sich, wie die MZ später erfährt, mit schnellen Sprüngen in sichere Gefilde retten. Sie kontrollieren just in dem Moment diese Stelle, die ohne jede Vorankündigung nachgibt. Am Ende hat das Wasser eine Bresche von rund 43 Metern in den Damm gespült - von anfangs etwa 15 Metern, die abrutschten.
Wasser läuft in die Fläche
Das in die Landwirtschaftsfläche fließende Wasser bedroht nicht nur die entlang der Straße nach Annaburg liegenden Grundstücke, sondern - abermals nach 2010 - auch Klossa. Deshalb beginnen Einsatzkräfte der Feuerwehren und Helfer sofort, an der Schweinitzer Elsterbrücke beginnend, die Torgauer Straße entlang und weiter an der Zufahrt nach Klossa einen Notdeich zu schütten, um das Wasser auf dem Acker zu halten. Ein genau am Abzweig nach Klossa in dieser Fläche liegendes Wohnhaus kann allerdings nicht ausgespart werden und wird überflutet.
Die Schweinitzerin Doris Puhlmann, die die MZ am Folgetag, Freitag, 7.Juni, besucht, deutet auf vier Fotografien, die in ihrem Haus an der Wand hängen. Sie zeigen ganz ähnliche Situationen aus früheren Jahren. Und zwar von 1958, von 1993/94, 2009 und 2010/11. Die jetzige war also die fünfte Hochwassersituation vor ihrer Tür. Nicht immer freilich wie jetzt mit Dammbrüchen verbunden. Zumeist hatte das Wasser unter dem Damm durchgedrückt. Hätte sie das Foto von 1958 schon gekannt, bevor sie ihr Haus an dieser Stelle baute, sie hätte wohl darauf verzichtet, bekennt Doris Puhlmann seinerzeit dem MZ-Reporter unter dem Eindruck der neuerlichen Wassermassen vor ihrer Tür. Der Notdamm beweist, dass er notwendig ist. Rund 30 Zentimeter hoch steht das Wasser auch hier. Doch er hält. Hier vor den Häusern ist das Wasser am Donnerstagabend jedoch schneller als die Helfer mit dem Notdamm. Sie bauen ihn an diesem Abschnitt schon ins über die Straße schießende Nass.
Lesen Sie auf Seite 2 an welchen weiteren Orten um den Bestand der Deiche gekämpft wurde.
Einige übernachten woanders
Die meisten Anwohner an der Straße sind geblieben, auch wenn in den ersten Stunden noch nicht klar ist, wie sich die Lage entwickeln würde. Einige, wie Familie Puhlmann, verbringen zumindest die erste Nacht bei Verwandten. Das trägt dazu bei, nach der Aufregung der vergangenen Stunden zumindest etwas zur Ruhe zu kommen. Und so können sie dann am nächsten Morgen wieder beruhigt einziehen. Zwar sind von dem über die Straße gelaufenen und durch einen Durchlass unter der Landesstraße drückenden Wasser die Gärten überspült. Und das Grundwasser steigt im Keller. Die Türen haben Puhlmanns jedoch beizeiten ausgebaut und nach oben geschafft. Und der Zugang zum Haus ist trocken geblieben. Ab Montag, 10. Juni, beginnt das Elsterwasser langsam wieder, den Notdamm freizugeben, es zieht sich zurück.
Groß sind die Anstrengungen der Einsatzkräfte allerdings nicht nur bei Schweinitz. Zu dieser Zeit kämpfen die Helfer aufopferungsvoll auch bei Gorsdorf-Hemsendorf um den Bestand der Deiche. Zwar müssen auf Ortsseite viele Stellen geflickt werden, doch bis dato halten die Schutzanlagen. Auf der Hemsendorf gegenüberliegenden Flussseite allerdings hält der Elsterdamm nicht stand. Das Wasser aus dieser Bresche fließt auf landwirtschaftliche Flächen, bedroht zunächst keine Orte. Wohl aber vernichtet es zig Hektar Ertrag der Bauern in diesem Areal. Denn, „der Unterschied zu 2002 ist, dass wir damals die Ernte drin hatten. Jetzt stehen wir unmittelbar davor“, so schildert Hartmut Steiner, Kreisvorsitzender des Bauernverbandes seinerzeit die Situation anlässlich eines Vor-Ort-Termins mit den Chefs dreier betroffener Betriebe. Raps und Möhren sind zum Beispiel auf den Schlägen der Seydaland Agrarbetriebe vernichtet worden, die aus dem Hemsendorfer Dammbruch überflutet wurden.
Bei Neubleesern bricht das Siel
Doch das Hochwasser der Elbe beschert der Region nach Elster noch eine andere „Front“, die mit großem Aufwand verteidigt wurde. Nachdem bereits am Freitag, 7. Juni, zwölf Feuerwehrleute aus Prettin der Bundeswehr bei Neubleesern im Kreis Nordsachsen als Fachberater für den richtigen Sandsackverbau zur Seite standen, bricht genau in diesem Abschnitt - nicht der Elbedeich, aber das darin befindliche Siel zum Horstgraben. Zwar lässt die sächsische Landestalsperrenverwaltung an jenem Wochenende 900 Tonnen Kies und Gestein an dieser Stelle verkippen. Doch natürlich sucht sich das unter hohem Druck stehende Wasser weiterhin seinen Weg, wenn auch nicht mehr derart strömend wie vorher. Etliche Feuerwehren aus der Stadt Annaburg verstärken deshalb einen Schlafdeich, den so genannten Bockdamm, der vom Elbedeich quer zur Straße in Richtung Rosenfeld führt. Das soll verhindern, dass das Elbewasser wie 2002 wieder Prettin und die Umlandorte bedroht. Der Prettiner Wehrleiter Mike Lange hat die Vorort-leitung der Maßnahmen übernommen. Die sächsische Seite hatte diese Verteidigung aufgegeben.

