Planverfahren Planverfahren: Damoklesschwert schwebt über Stanztechnik
Jessen/MZ - Eigentlich hätte die Stanztechnik Jessen GmbH in diesem Jahr ordentlich was zu feiern. Seit 20 Jahren gehört sie inzwischen zur Roos & Kübler-Unternehmensgruppe, die ihren Hauptsitz in Ebersbach in Baden-Württemberg hat. Doch nun ziehen erst einmal dunkle Wolken auf. „Wir befinden uns in einem Planverfahren“, erfährt die MZ auf Nachfrage von Andreas Güntsch. Er ist seit knapp dreieinhalb Jahren Technischer Geschäftsführer des Jessener Unternehmens. In diesem Verfahren werde die Chance geprüft, eine drohende Insolvenz abzuwenden, erläutert er.
Auf dem Prüfstand
Zwar sei keineswegs die Stanztechnik Jessen in Schieflage geraten, bekundet Güntsch. Da sie aber Teil der gesamten Unternehmensgruppe ist, stehe nun auch sie auf dem Prüfstand. Entstanden sei die prekäre Situation, „weil eine Anschlussfinanzierung der Roos & Kübler-Gruppe durch eine Bank nicht so zum Tragen gekommen ist, wie man sich das vorgestellt hatte“. Nach wie vor setzt das Unternehmen seine Hoffnung darauf, durch das Planverfahren in Eigenverwaltung wieder aus der Schieflage herauszukommen. „Natürlich sind jetzt auch erst einmal die Jessener Konten leer“, so Güntsch, „das müssen wir nun zielgerichtet wieder aufbauen.“ Gegenwärtig laufe „der Check, was ist an Verbindlichkeiten da, was muss bedient werden?“, so der Jessener Geschäftsführer. Seit Mitte der Woche etwa ist die Situation bekannt und beim Insolvenzgericht angemeldet. Die Mitarbeiter seien informiert, auch die kommunalen Behörden, einschließlich des Jessener Bürgermeisters. Aus Jessener Sicht, so betont Güntsch, setzt man auf eine rasche Analyse der Situation, um schnellstmöglich die Potenzen für die Zukunft herauszuarbeiten.
Die Stanztechnik Jessen GmbH gehört bislang zu den Vorzeigeunternehmen der Region. Insgesamt sind hier über 200 Mitarbeiter beschäftigt. Erst Anfang 2010 wurde die neue Halle der Lasertechnik im Jessener Gewerbegebiet in Betrieb genommen. Unter dem Namen Lasertechnik hat man dazu extra eine neue GmbH ins Leben gerufen. Die Lasertechnik erlaube eine Erweiterung der Produktionspalette, das Bearbeiten wesentlich dünnerer Bleche und, dass das Unternehmen nun schon in der Phase der Produktentwicklung in die Produktionskette einsteigen könne. Zahlreiche neue Kunden seien dadurch bereits gewonnen worden, hatte Andreas Güntsch im vergangenen Jahr anlässlich eines Besuches des Jessener Gewerbevereins in der neuen Produktionsstätte mit Stolz erwähnt (die MZ berichtete).
Nicht das erste Verfahren
Solche Planverfahren, auf das nun auch die Ebersbacher Roos & Kübler-Gruppe setzt, sind für die Jessener Region nicht neu. Um die Jahrtausendwende herum absolvierte die Elsterland-Molkerei ein solches Verfahren erfolgreich. Sie war das erste Unternehmen in der Region, das diesen Begriff bekannt machte und dadurch eine drohende Insolvenz abwandte. Im Jahr 2000 konnte das Amtsgericht Wittenberg als zuständiges Insolvenzgericht das Verfahren einstellen. Heute gehört die Elsterland-Molkerei zu den führenden Unternehmen der Region. Wie auch die Stanztechnik GmbH setzt sie auf Investitionen, um sich für die Herausforderungen der Zukunft zu wappnen.