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Pfarrhaus in Klöden Pfarrhaus in Klöden: Für jeden ein Platz am großen Tisch

Von Gabi Zahn 03.04.2015, 08:39
Die Herrenriege mit Bernhard Klepel, Klaus Behrens und Pfarrer Hans-Jörg Heinze (v.r.n.l.) bewahrt den Überblick.
Die Herrenriege mit Bernhard Klepel, Klaus Behrens und Pfarrer Hans-Jörg Heinze (v.r.n.l.) bewahrt den Überblick. Gabi Zahn Lizenz

KLöden - Man stelle sich eine normal große Küche vor. Ist es möglich, dass darin bis zu 18 Frauen und Männer innerhalb von zwei Stunden ein sechsgängiges Menü zubereiten? Kann es sein, dass sie dabei nicht zürnen, weil gerade keine Schüssel oder Herdplatte frei und der Salztopf verschwunden ist? Wäre es glaubhaft, dass sie stattdessen fachsimpeln, scherzend alles Notwendige klären und bei aller Fröhlichkeit aufmerken, wenn es einem nicht so gut geht?

Einmal im Monat

Beim geschilderten Szenario – die Fragen würden übrigens alle Teilnehmer eindeutig mit „Ja“ beantworten – handelt es sich nicht um eine Fernsehkochshow mit psychologisch ambitioniertem Chefkoch. Das abendliche Ereignis findet in der Regel einmal im Monat in Klödens Pfarrhaus unter Leitung von Hans-Jörg und Almuth Heinze statt. Es darf verraten werden, dass der Klödener Pfarrer die kochtechnische Leitung gern seiner Frau überlässt. Jedoch hat er mehrfach sein Talent als Fladen-Bäcker und Patissier unter Beweis gestellt.

„Kochen mit der Bibel“ – dieses Angebot gibt es seit nunmehr fünf Jahren. „Das erste Mal trafen wir uns am 23. März 2010. Anfangs waren wir vier bis sechs Leute“, erinnert Almuth Heinze. Dann steigerte sich die Teilnehmerzahl auf zehn, mittlerweile sind es 16 bis 18 Leute. Damit ist die Grenze erreicht. Weil „Kochen mit der Bibel“ kein fester Kochkreis ist und sich jeder stets neu anmelden muss, gibt es neben „Stammköchen“ stets Bewegung in der Gruppe.

Abschalten vom Alltag

Dass alles locker von der Hand geht, mag an der besinnlichen Willkommensrunde liegen: Jeder kommt aus seinem Alltag heraus im Pfarrhaus an – aus Prettin, Gorsdorf, Jessen, Schweinitz, Kemberg und Wittenberg. Einige sind noch von Hektik getrieben und andere froh, einige Stunden nicht allein zu sein. Unterschiedliche Stimmungen und Charaktere treffen aufeinander. Jeder nimmt die Einladung an, einfach nur da zu sein, einen Platz am großen Tisch einzunehmen. Auch Frauen und Männer katholischen Glaubens und solche, die keiner Kirche angehören, sind darunter.

Ein Bibelzitat, ein Gebet, ein Lied, Fotos, aktuelle Ereignisse oder die Gedanken eines Einzelnen können Anlass sein, über Gott und die Welt zu reden oder zu schweigen. Was allen wichtig ist: Danken für den Augenblick, für das Miteinander, für Wasser, Mehl, Reis, Salz und Zucker, Gemüse, Gewürze und – wie jüngst – für die Lammkeule in der Pfanne. Hans-Jörg Heinze: „Gemeinsame Mahlzeiten sind seit jeher eine Möglichkeit, aufeinander zuzugehen, sich kennenzulernen. Jesus hat es vorgemacht. Viele Tafelszenen sind in der Bibel beschrieben, zum Beispiel die Hochzeit zu Kanaan.“ Miteinander zu speisen bedeutet im übertragenen Sinn, sich in und an der Gegenwart des Anderen zu nähren: mit Essen, mit Gedanken, Ideen, Visionen. Almuth Heinze überrascht jedes Mal mit Rezepten, deren Zutaten teils schon zu biblischen Zeiten bekannt waren: Oliven(-Öl), Früchte, Linsen, Kichererbsen, Nüsse, Wein, Kräuter, orientalische Gewürze. Weil Hans-Jörg Heinze imkert, kommt der Honig direkt aus dem Pfarrgarten.

Meist kümmern sich je zwei Personen um ein Gericht. Beim letzten Mal wurden in Vorfreude aufs Osterfest folgende Speisen zubereitet: Blattsalat mit Orangen, Österliche Frühlingspolenta, Spinatreis, Maispüree, Räuber-Lamm, Bohnensuppe, Käse-Knisches, Berner Osterfladen, Ingwer-Schmackao und Österliche Quarktorte. Alles ist gut gelungen. Das festliche Mahl dauerte bis spät abends. (dpa und mz)

Das Ostermenü steht auf der gedeckten Tafel.
Das Ostermenü steht auf der gedeckten Tafel.
Gabi Zahn Lizenz