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Mal Spargel in die Wurst gepresst

Von Andreas Richter 05.05.2006, 15:27

Seyda/MZ. - Vom Erfolg überrascht

Vielleicht haben wir es den Franzosen zu verdanken, dass es in Seyda womöglich einen künftigen Ritter gibt. Einen geadelten Fleischermeister, der eigentlich sehr bescheiden tagaus, tagein seine Arbeit verrichtet. Henry Schimpfkäse, Chef der hauseigenen Fleischerei der Seydaland Vereinigte Agrarbetriebe GmbH & Co. KG. Für alle vollkommen unerwartet hat er es mit seinen Wurstkreationen zu internationalen Ehren geschafft. In besagtem Mortagne-au-Perche beteiligte sich Henry Schimpfkäse an einem Blutwurstwettbewerb und errang als Neuling auf Anhieb in zwei von drei Kategorien eine Goldmedaille.

Zum Spargelfest am Montag (die MZ berichtete) wurde Henry Schimpfkäse dafür auch vor hiesigen Publikum noch einmal geehrt. Der Seydaland-Geschäftsführung war dabei die Freude und der Stolz geradezu ins Gesicht gemeißelt. Sabine Rabe betonte mehrmals, dass man es zunächst gar nicht glauben wollte. "Unser Herr Schimpfkäse und so ein Erfolg, unglaublich. Deswegen ist der heutige Tag angemessen, ihn hier noch einmal zu würdigen und für seinen Einsatz Anerkennung und Lob auszusprechen."

Der so vielfach Gelobte zog es jedoch schnell vor, sich wieder hinter seinen Verkaufsstand zu platzieren. Nein, so sehr im Vordergrund zu stehen, ist nicht unbedingt Henry Schimpfkäses Sache. Wobei, "die Sache mit unserer Blutwurst wirklich gut gelaufen ist und ich zugebe, dass ich da schon stolz darauf bin". Mit einem solchen Erfolg hatte der Fleischermeister jedoch überhaupt nicht gerechnet. "Ich konnte gar nicht einschätzen, was rauskommen könnte, und um eine Medaille zu erringen, waren wir ohnehin nicht angetreten."

Durch einen Beitrag in einer Fachzeitschrift war er auf den Wettbewerb aufmerksam geworden und wollte mitmachen, um einmal einen Vergleich zu haben, wo man stehe. "Wir wollten schlichtweg austesten, ob sich unsere Blutwurst im Vergleich zu anderen sehen lassen kann, wollten über den berühmten Tellerrand hinausblicken." Jetzt weiß Henry Schimpfkäse, dass er den Vergleich nicht zu scheuen braucht. Seydas Blutwurst besteht international. "Wir sind ganz unbefangen an den Wettbewerb herangetreten. Ich habe einige Proben im Vorfeld gemacht. Die Geschäftsführung durfte verkosten, war überzeugt und meinte, dass ich es probieren sollte."

Große Konkurrenz

Wie bereits erwähnt, die Goldmedaillen waren eine absolute Überraschung. "Zum einen schon der erste Platz in der Kategorie I, in der die traditionelle Blutwurst bewertet wird. Denn da waren Meister ihres Faches dabei, die zu den wirklich Besten zählen und die einen Ruf haben. Dass unsere Spargelblutwurst dann auch noch ein Hit wird, hätte ich nicht gedacht." Dass ein Seydaer Fleischer auf die Idee kommt, als besondere Note Spargel in die Wurst zu pressen, verwundert nicht unbedingt. Der Gedanke liegt nahe. Aber damit zugleich in Frankreich die Gourmets der Branche zu überzeugen, das hatte Henry Schimpfkäse zunächst verdutzt dreinschauen lassen.

"Vor allem, da wir zu über 600 Fleischermeistern gehörten, die ihre Produkte einreichten. Die Konkurrenz war somit groß. So hatte einer in der Kategorie innovative Wurst Blutwurstkonfekt angeboten. Also die normale Wurst in einen Mantel aus Bitterschokolade, darauf muss man erst mal kommen." Diese Idee reichte letztlich aber nur für den dritten Platz. Schimpfkäses Spargelblutwurst aus Seyda blieb ungeschlagen.

Ist der Fleischermeister jetzt womöglich infiziert vom Wettbewerbsvirus? Es scheint fast so. Denn am Montag stellte Henry Schimpfkäse gleich mal klar, dass es nächstes Jahr weiter geht. "Wir machen wieder mit. Denn es hat auch Spaß gemacht, und sich etwas Neues einfallen zu lassen, hat seine Reize." Dass es dann schwerer wird, ist ihm durchaus bewusst. "Dann bin ich nicht mehr der Neuling, sondern muss zusehen, den in diesem Jahr erworbenen guten Ruf zu verteidigen, die errungenen Medaillen zu bestätigen. Aber davor ist mir nicht bange. Und zur nächsten Preisverleihung würde ich gerne wieder fahren, auch wenn die Reise in diesem Jahr etwas hektisch über die Bühne ging."

Mit dem Auto musste der Seydaer nämlich nach Frankreich fahren. Die Mitteilung über den Gewinn und die Einladung zur Siegerehrung kamen so kurzfristig, dass es keine Flüge mehr gab.