Kreis Wittenberg Kreis Wittenberg: Schweinitz als Seenland
SCHWEINITZ/MZ. - Obwohl die gezeigten Aufnahmen auch ein Stück Geschichte sind und sicherlich darin ihren Platz finden.
Was da von Reinhard Schüler auf die weiße Wiedergabefläche gebracht wird, ist ein Blick nicht weit zurück. Nur etwas mehr als ein Jahr ist es her, auch wenn die Erinnerung an die Schwarze-Elster-Flut um die Jahreswende 2010 / 2011 schnell schwindet: die Bilder aus den schweren Stunden, von schlaflosen Nächte, vom Sandsäcke füllen, schleppen und von der großen Solidarität der Bürger untereinander und von außerhalb.
Reinhard Schüler griff damals zur Kamera und dokumentierte das Geschehen in und um Schweinitz. Nicht etwa aus Sensationslust. Der Bauingenieur ist, wie er gesteht, vom HGI-Virus angesteckt. Das ist keine Krankheit, sondern bezeichnet das heimatgeschichtliche Interesse des Steinsdorfers. Die Schweinitzer selber hatten damals anderes zu tun, als mit der Kamera herumzulaufen. Norbert Müller beispielsweise, der ansonsten für seine Chronikfilme bekannt ist, füllte wie so viele Sandsack um Sandsack. Ganz nebenbei, so war aus dem Publikum zu hören, sei es mal interessant, die Situation aus dem Blickwinkel eines außenstehenden Beobachters zu sehen.
Die Vorsitzende des Schweinitzer Heimatvereins "Swinze", Doris Puhlmann, versprach ihren Schweinitzern eindrucksvolle Bilder. Und die waren es dann auch. Allein der Film, ursprünglich zusammengeschnitten für die Rentnerweihnachtsfeier 2010 in Dixförda, hatte schon seine eigene Geschichte. Damals ahnte niemand, dass die Herbstflut 2010 im Januar 2011 eine Fortsetzung haben würde und das Ende des Streifens nur ein vorläufiges war.
Komprimiert und kommentiert zeigten sich die Ereignisse vom Herbst 2010 und den ersten Monaten 2011. Ein Blick durch den Sucher der Kamera, der so manchen unmittelbar Betroffenen in seiner Erinnerung still werden ließ. Zu gewaltig war das Ausmaß, so riesig die Wasserfläche, die, wie jemand leise flüsterte, eigentlich wie eine Seenlandschaft aussehe.
Der Film beginnt mit einem Blick auf die Schwarze Elster im März 2012. Ein kleiner Fluss, der träge in seinem Bett dahin fließt. Er führt ein wenig Hochwasser. Aber alles noch im grünen Bereich. Doch er kann auch anders. Jahreszahlen fallen und machen klar, immer mal wieder hat sich das Flüsschen in Schweinitz ausgetobt. Mit teilweise verheerenden Folgen und einst gar Todesopfern. Im Herbst 2010 wird es wieder kritisch und die Sequenzen zeigen Hubschrauber, wie sie Sandsäcke aufnehmen und transportieren. Die Bäume sind noch grün, die Sonne scheint. Eine trügerische friedliche Idylle.
Hubschrauber rattern
Die Elster ist kein Fluss mehr, sie ist ein See mit Strömung geworden. In weitem Bogen drücken die Pumpen das Wasser aus den Kellern und Grundstücken zurück hinter den Damm. Und immer wieder das unermüdliche Rattern der Rotoren. Doch in der Totale der Naturgewalt sehen die Riesenpackungen Sand an den Helikoptern aus wie Spielzeug. Wie klein ist doch der Mensch und wie verletzlich unsere Zivilisation. Gedanken, die bei der nächsten Einstellung schnell verfliegen. Die neue Brücke in Schweinitz steht felsenfest und trotzt den Wassermassen.
Von dort beobachten Einheimische und Katastrophentouristen das Geschehen. Eine alte Frau läuft mühsam auf dem Damm entlang, einen Rollator vor sich her schiebend. Die Kirche scheint aus dieser Perspektive fast im Wasser zu stehen. Und immer wieder im Bild, die Kameraden der Feuerwehren, des Technischen Hilfswerkes und der Bundeswehr. Hand in Hand setzen sie teils mit schwerem Gerät der Flut Grenzen.
Derweil ist es im Saal völlig still. Es scheint, jeder hängt seinen Gedanken nach, empfindet die Ängste von damals neu. Nur wenn Schweinitzer ins Bild kommen, löst sich die Spannung kurzzeitig und es wird verhalten gelacht. Wie bei der Menschenkette, die Sandsäcke von einem Transporter ablädt.
Mit dem Blick auf den riesigen See, der sich am Schweinitz gegenüber liegenden Elsterufer gebildet hatte, sollte der Film enden. Doch der erneute Schwenk auf die Elster am 16. Januar des vergangenen Jahres zeigt die neue Hochwassersituation. Dazu Boote, die zu den gefährdeten Stellen transportiert werden und die Wasserlandschaften rund um Schweinitz. Das über die Ufer getretene Fließ bei Kleinkorga und die unter Wasser stehende Landstraße zwischen Schweinitz und Dixförda. Nur der einsame Reiher scheint sich über die Vergrößerung seines Jagdrevieres zu freuen.
Andere Perspektive
Die Filmbesucher, die nach dem Ende des Streifens einen Moment der Sammlung brauchen, sind beeindruckt vom Ausmaß der Katastrophe, obwohl sie sie doch hautnah erlebt haben. Aber von außen und nach einiger Zeit, sehe man alles ganz anders, war zu hören. Und selbstverständlich seien sich die Schweinitzer, wie Doris Puhlmann bemerkte, bewusst, "dass das Hochwasser die Meuselkoer und Löbener nebenan noch viel schlimmer getroffen hat".