Konsequenter Schnitt Konsequenter Schnitt: Warum Heike Mitre ihren Pflegedienst komplett umgewandelt hat

Mügeln - Heike Mitre hat den Braten bereits vor Jahren gerochen und ihren einstigen Pflegedienst in einen Betreuungs- und familienentlastenden Dienst umgewandelt. „Es ist eine interessante Zeit. Ich muss mich jeden Tag durch neue Gesetze kämpfen“, sagt die 60-Jährige, die anderseits ein großer Fan der im März in Kraft getretenen neuen Pflege- und Betreuungsverordnung des Landes Sachsen-Anhalt ist.
„Langsam auf den Weg hat diese Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe von der CDU gebracht. Pflege ist teuer und der Kunde König“, ergänzt sie und erzählt weiter, dass mit der neuen Reglung das bisherige niedrigschwellige Betreuungsangebot auch für Dienstleistungen im Haushalt erweitert worden ist. Ganz unter dem Motto: Ambulant vor stationär.
Klare Vorgaben
Deshalb hat die Chefin ihren „Betrieb“ im Mügeln aufgestockt. Neben elf Mitarbeitern gehört noch ein zehnköpfiger Helferkreis zum Personal. Diese Leute müssen laut Heike Mitre zuverlässig und pünktlich sein, eine perfekte Einstellung zur Arbeit haben und gut mit älteren Menschen umgehen können. Der Sinn und Zweck der neuen Verordnung sei es zwar, Geld zu sparen, doch anderseits soll den Mitarbeitern die Arbeit erleichtert werden.
„Früher hatten die Schwestern doch nie Zeit und sind von Patient zu Patient gehetzt“, so die 60-Jährige. Dies sei mit der neuen Verordnung Geschichte. Die über mehrere Jahre hinweg geschulten Mitarbeiter führen jetzt auch Beratungsgespräche, damit die Wohnung zum Beispiel alters- oder behindertengerecht umgebaut werden kann.
„Pro Quartal und Maßnahme können dafür bis zu 4.000 Euro bei den Pflegekassen beantragt werden“, erklärt Mitre und führt mit dem Wegfall von Stufen oder Türschwellen zwei Beispiele an. Dies bedeutet im Idealfall, dass pflegebedürftige oder behinderte Menschen dauerhaft in ihren eigenen vier Wänden leben können.
Die Pflegekräfte schließen die wichtige Lücke nach dem Besuch der Schwester. Sie führen persönliche Gespräche, packen im Haushalt mit an und geben verschiedene Hilfestellungen. Der Weg zurück in die Selbstständigkeit ist ein Ziel.
Kaffee kochen oder den Thrombose-Strumpf selber anziehen sei auch bei eingeschränkten körperlichen Voraussetzungen kein „Hexenwerk“. Pflegegrade wird es trotz der neuen Verordnung weiter geben. Laut Mitre haben alle ihre Mitarbeiter, die bereit gewesen sind, diesen neuen Weg mitzugehen, ihre Arbeit behalten.
Wohngemeinschaft in Holzdorf soll das Angebot erweitern
Mit der Eröffnung einer Wohngemeinschaft für Senioren in der Holzdorfer Hans-Grade-Straße erweitert Mitre ihr Angebot. „Es ist kein Heim, sondern eine WG“, betont sie und erzählt, dass die Betreuung der Bewohner 24 Stunden am Tag durch geschultes Personal abgesichert ist.
Wichtig sei, dass die Menschen ihre Eigenständigkeit nicht verlieren und zum Beispiel fleißig in der Küche werkeln dürfen. Wer Kartoffelbrei sein Leben lang selbst gemacht hat, isst keinen „Fertig-Pamps“ aus der Tüte.
Trotz der täglichen Arbeit mit Personen jenseits des Lebensfrühlings hat die 60-Jährige keine Angst vor dem Älterwerden. „Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß“, sagt sie und meint scherzhaft, dass es Erkrankungen gibt, die nicht nur Nachteile bieten. Den Schritt in Richtung Betreuungs- und familienentlastenden Dienst hat sie nie bereut. Aufgrund der neuen Verordnung haben reine Pflegedienste ihrer Meinung keine Zukunft. (mz)