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Ju-Jutsu Ju-Jutsu: Jessener Verein zeigt Jugendlichen wie sie Angriffe abwehren

Von Gabi Zahn 14.09.2017, 06:00
Frauke Reller (5. Kyu) wirft Nils Lehrmann (5. Kyu-Gelbgurt).
Frauke Reller (5. Kyu) wirft Nils Lehrmann (5. Kyu-Gelbgurt). Gabi Zahn

Prettin - Oh Mann, das knallt auf der Matte! Frauke Reller hat Nils Lehrmann im wahrsten Sinne des Wortes aufs Kreuz gelegt, nachdem er sie „gegen ihren Willen“ umklammerte. Dann kommt es – mitten in Prettin auf dem Gelände des Jugendclubs - zum nächsten „Zweikampf“: Ein Jugendlicher wird von hinten attackiert.

Das vermeintliche Opfer reagiert blitzschnell, bückt sich und zieht dem anderen die Beine nach vorn weg, kommt so in die Lage, sich zu befreien. Es folgen weitere „Rangeleien“, an denen sich etwa ein Dutzend Kinder und Jugendliche abwechselnd beteiligt.

Das Publikum applaudiert, auch wenn zwischendurch markerschütternde Schreie auf der gepolsterten Arena ausgestoßen werden. Die gehören dazu, und die Stimmung bleibt friedlich. Die Jungen und Mädchen sind alles andere als „Kampfhähne“. Sie trainieren Ju-Jutsu im Budo- und Selbstverteidigungsverein Jessen, und dieser hatte erstmals in Prettin sein jährliches Trainingslager veranstaltet.

„Herbergseltern“ waren Sabine und Michael Messerle, die seit vielen Jahren den Jugendclub betreuen: „Viele unserer Jugendlichen sind Mitglied im Verein. Deshalb sind wir sehr gern bereit, diese Veranstaltung mitzuorganisieren“, bekundet Sabine Messerle. Ganz bewusst wurde die Veranstaltung in der Umgebung bekannt gemacht, mit dem Ziel, viele Einwohner und andere Interessierte anzulocken. Eigens dafür ist eine Schauvorführung angekündigt, und die kann sich wahrlich nicht über Publikumsmangel beklagen.

Respekt wird gelehrt

Trainer Heiko Gleißert verdeutlicht bereits beim Begrüßungsritual, was die Grundlagen von Ju-Jutsu sind: Respekt voreinander, Ruhe, Besonnenheit: Gemeinsam knien er und die Schüler nieder, meditieren einen Moment lang, und erst, als sich der Lehrer erhebt, dürfen dies auch die anderen tun, und zwar in der Reihenfolge ihrer Graduierungen, beginnend mit den am höchsten Ausgebildeten.

Ju-Jutsu bedeutet – aus dem Japanischen übersetzt – so viel wie „sanfte Kunst“ und vermittelt überwiegend Möglichkeiten zur Selbstverteidigung. Dazu müssen zunächst bestimmte Bewegungs- und Falltechniken beherrscht werden, was Heiko Gleißert eindrucksvoll vorführen lässt.

Die ersten Übungen erinnern an Schulsport: Rolle vorwärts und rückwärts – jeweils nach links oder rechts ausgerichtet. Dann folgen „Stürze“: seitwärts, links, rechts, vorwärts, rückwärts, Sprungrolle über Hindernis. „So lernen wir, uns beim Hinfallen möglichst nicht weh zu tun“, kommentiert er.

Wiederholung ist wichtig

Bei der nächsten Stufe kommen bestimmte Abwehrbewegungen von Händen und Füßen hinzu. Die Akteure geraten nun zum ersten Mal „aneinander“, versuchen sich gegenseitig aus Umklammerungsgriffen zu befreien, auch aus dem sogenannten Schwitzkasten. Das Publikum sieht, wie das funktioniert, es applaudiert, ist begeistert.

Anschließend müssen Heiko Gleißert sowie David Borschke, Steffen Lehmann und Robert Kühn viele Fragen beantworten. Gleißert fasst zusammen: „Wichtig ist das beständige Wiederholen von Bewegungsabläufen. Auf diese Weise werden sie automatisiert, gehen ins Körpergedächtnis über. Man braucht im entscheidenden Moment nicht lange zu überlegen, was zu tun ist, sondern handelt.“

Selbst für Laien wurde nachvollziehbar, dass die verschiedenen Techniken in kombinierter Form gegen mehrere Angriffsarten wirkungsvoll sind. Zu alt sei übrigens niemand zum Erlernen von Ju-Jutsu, lässt Gleißert wissen. Und: Was viele bisher nicht wussten: Für Polizisten gehört Ju-Jutsu zur Grundausbildung.

Im Publikum hat auch Anja Liebig, Annaburgs stellvertretende Bürgermeisterin, die Vorführung aufmerksam verfolgt: „Eine großartige Sportart. Ich würde mir wünschen, dass sich noch viel mehr Menschen darin üben. Dann könnte gewiss manche kritische Situation frühzeitig entschärft werden“, bekräftigt sie.

Auch für Sabine und Michael Messerle findet sie anerkennende Worte: „Unter ihrer Leitung hat sich der Jugendclub in Prettin sehr gut entwickelt. Sie verstehen es, auf die Jugendlichen einzugehen, sie zu fördern, aber auch zu fordern. Beides ist wichtig.“

Mega-Kämpfer aus Stroh

Sabine Messerle dankt zudem auch den vielen Helfern für die tatkräftige Unterstützung. Mit ihrer Hilfe konnte die Veranstaltung öffentlichkeitswirksam – und wie ein kleines Sportfest – durchgeführt gehen. Schmunzelnd berichtet Sabine Messerle, dass die Aue Agrar GmbH Prettin sogar einen besonderen Wunsch erfüllt hat:

„Sie rollte mit schwerer Technik an und brachte einige Strohballen aufs Gelände. Die konnten wir in zwei megagroße Ju-Jutsu-Kämpfer verwandeln.“ Diese Riesen hatten zwar nur Stroh im Kopf und in den Muskeln, taugten jedoch für das Trainingslager und so manches Foto als wunderbare spaßige Kulisse.

(mz)

Mit solchen gewichtigen „Kämpfern“ im Rücken wird das Gruppenfoto im Ju-Jutsu-Trainingslagers zum besonderen Spaß.
Mit solchen gewichtigen „Kämpfern“ im Rücken wird das Gruppenfoto im Ju-Jutsu-Trainingslagers zum besonderen Spaß.
Gabi Zahn