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Interview: Kreisjägermeister Guido Arndt Wild bitte nicht füttern! - Was im Wald beachtet werden sollte

Guido Arndt kennt sich als Kreisjägermeister im Wald gut aus. Mit der MZ spricht er über Waffengebrauch, Winterfütterung und Schweinepest.

21.01.2023, 15:00
Kreisjägermeister Guido Arndt
Kreisjägermeister Guido Arndt Foto: Annette Schmidt

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Jessen/MZ - Das Jagdjahr hat historisch und vegetationsbedingt seine eigenen Zeiten. Es orientiert sich nicht am klassischen Kalender, sondern beginnt mit dem 1. April und endet am 31. März. In den winterlichen Monaten Februar und März gilt bei vielen Tierarten noch die sogenannte Schonzeit. Kreisjägermeister Guido Arndt nutzt diese Zeit, um mit Annette Schmidt über Waffengebrauch, Winterfütterung und den Umgang mit der näher rückenden Afrikanischen Schweinepest (ASP) zu sprechen. Wieso ist Ihnen dieses Gespräch wichtig?Guido Arndt: Ich möchte Jägern und Bürgern einige Hinweise und Anregungen zu den Themen Jagd und Wald geben. Das erste Thema richtet sich mehr an das Klientel Jäger.Sie meinen den Waffengebrauch?Die Routine ist der Freund der Unfälle. Die können bei uns böse ausgehen. Das alte Jagdjahr endet bald und das neue steht kurz bevor. Es ist die Zeit, um sich als Jäger für das nächste Jagdjahr vorzubereiten. Jäger sollten diese Zeit zum Anlass nehmen, sich selbst und ihre Waffen zu prüfen. Die Jägerschaften des Landkreises Wittenberg und auch in anderen Landkreisen bieten dazu auf Schießständen die beste Gelegenheit. Dort können die Waffen unter professioneller Aufsicht eingeschossen werden. Ich würde mir wünschen, dass die Beteiligung an dem jagdlichen Schießen noch besser wird. Kostet dieses jagdliche Einschießen die Jäger etwas?Nein, für Mitglieder der Jägerschaft kostet es nichts. Sie müssen lediglich ihre eigene Munition mitbringen. Sie werden generell eingeladen. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, alle zu bitten, das Angebot wahrzunehmen und kann sie nur dazu animieren. Was hat es mit dem Thema Winterfütterung auf sich?Das Thema richtet sich mehr an die Allgemeinheit. Einige glauben, aus falschverstandener Tierliebe, den Tieren ginge es im Winter schlecht und sie bräuchten ihre Hilfe. Selbst Jägern ist das Füttern des Wildes nur nach Ausrufen einer Notzeit durch die zuständige Behörde des Landratsamtes erlaubt. Was wird den Wildtieren gefüttert?Jäger dürfen gerade ein Mal zwei bis drei Kilogramm Mais oder Getreide ausstreuen, um Wildtiere von Feldkulturen abzulenken und so Wildschäden vorzubeugen beziehungsweise zu verhindern. Das heimische Wild, zum Beispiel Schwarzwild und Rehwild ist auf unseren Winter gut eingerichtet. Die Tiere legen sich im Sommer genug Fettreserven an. Ihr Winterfell ist ausreichend dick, um vor tiefen Temperaturen zu schützen. Was heißt Winterfell bei Wildtieren?Wild hat eine dicke Fettschicht unter dem Fell und zusätzliche dicke Unterwolle. Die schützen die Tiere. Niemand muss sich Sorgen um das Wild machen. Dazu, dass es in Not gerät, braucht es mehrere Wochen Frost oder so viel Schnee, dass zum Beispiel Schalenwild ihn nicht mehr wegscharren kann, um an die Äsung (Nahrung) heranzukommen. Bei der warmen Witterung des aktuellen Winters sind die Tiere sehr gut versorgt, da ist Füttern überflüssig. Aber wenn jemand den Tieren unbedingt etwas geben möchte, dann nur das, was die Tiere selbst in der Natur finden wie Eicheln oder Kastanien. Auf gar keinen Fall Essensreste oder Küchenabfälle. Die Tiere werden davon krank, können zum Beispiel Durchfall bekommen. Viel wichtiger als Tiere zu füttern, wäre es, sie im Winter nicht unnötig zu beunruhigen.Meinen Sie, man sollte im Winter nicht in den Wald gehen?Nein, auf gar keinen Fall. Jeder kann im Wald spazieren, auch mit seinem Hund, dieser sollte aber angeleint bleiben. Der Hund kann auf Freiflächen toben, im Winter steht dort am Tage weniger Wild. Das hat sich in den schützenden Wald zurückgezogen. Man kann immer in den Wald gehen, wenn man ein paar einfache Regeln beachtet beziehungsweise achtsam ist. Die Waldtiere sind im Winter im Energiesparmodus. Das heiß, sie fahren ihren Stoffwechsel nach unten, so passen sie sich an den Winter an. Was sie nicht vertragen, ist Unruhe. Wenn alle auf den Wegen bleiben, passiert nichts. Das kennen die Tiere und bleiben ruhig, aber wenn ein Hund oder Mensch ins Gehölz kommt, flüchten sie und das treibt den Energieverbrauch nach oben. Ein anderer Grund ist, dass im Februar die Wildschweine als eine der ersten Wildarten ihren Nachwuchs bekommen. Frischlinge werden in Kesseln aus Moos und Gras geboren. Allgemein sollten Menschen Frischlinge oder im weiteren Jahresverlauf auch Rehkitze und Kälber des Rotwildes in Ruhe lassen. Man muss nicht befürchten, dass sie verlassen wurden. Die Muttertiere müssen ab und an etwas Nahrung aufnehmen. Aber sie bleiben immer in einem bestimmten Radius um ihre Jungtiere. Das dritte Thema, das Sie ansprechen wollten, ist die Schweinepest. Wie ist da der aktuelle Stand?Die Schweinepest rückt immer näher an uns heran. Es sind Fälle in Nordsachsen an der unmittelbaren Grenze zu Sachsen-Anhalt oder auch aus Brandenburg bekannt. Man kann sagen, es ist nicht mehr eine Frage, ob, sondern nur noch wann die Schweinepest bei uns festgestellt wird. Die gute Nachricht ist, der Landkreis hat die technischen und personellen Voraussetzungen, wie etwa Wildabwehrzäune aufzubauen. Es gab Schulungen und Übungen auch in der Jägerschaft, wie mit Funden umgegangen werden soll. Es sind Wildbergungsteams und Kadaversuchhunde-Teams vorhanden. Zusätzlich werden weitere ausgebildet.Wenn morgen ein betroffenes Tier gefunden wird, was würde passieren?Wenn morgen die Schweinepest nachgewiesen wird, dann würden alle Stellen professionell reagieren und entsprechende Entscheidungen treffen. Allerdings wäre es für alle das erste Mal, da könnten Fehler beziehungsweise Unsicherheiten auftreten. Trotz aller Übungen kann immer etwas vorkommen, womit niemand gerechnet hat. Vorsorglich wurde vom Landkreis alles getan, was möglich ist. Bevor die Schweinepest nicht ausgebrochen ist, sollte das Schwarzwild aber weiterhin straff bejagt werden, dabei gilt selbstverständlich, das Muttertiere ausdrücklich verschont werden.