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Im Ruhestand als Dozent tätig

Von Detlef Mayer 05.06.2006, 17:00

Jessen/MZ. - Sieben Jahre hat er an entscheidender Stelle das Geschick des hiesigen Traditionsbetriebes mitbestimmt und so maßgeblich an dessen Nachwende-Erfolgsgeschichte mitgeschrieben. Er selber würde diese Aussage so wahrscheinlich nicht gelten lassen, denn er vertritt den Standpunkt: "Grundlage des Erfolgs sind immer die Mitarbeiter, nie der Leiter, beziehungsweise ein Mensch allein." Und das sei durchaus nicht als Floskel gemeint, betont der fast 64-Jährige.

Zurückblickend kann er feststellen, dass sich in "seinen" sieben Jahren das Produktionsspektrum der Stanztechnik Jessen, die zur Unternehmensgruppe Roos und Kübler gehört, zu 50 Prozent gewandelt hat - vom Lohnstanzen mit relativ einfachen Arbeitsgängen immer stärker hin zum Know-how-Stanzen (Stanzpaketieren). "Was wir jetzt hier machen, können nicht viele in Deutschland." In drei Schienen, die jeweils etwa ein Drittel der Produktion ausmachen, beliefert das Jessener Unternehmen die Elektromotoren-Industrie (Motoren für Robotertechnik), die Automobil- und die Transformatoren-Industrie.

Als Joachim Virgens nach Jessen kam, beschäftigte der Betrieb 70 Leute, heute sind es 150. "Das beweist doch auch, dass der beschrittene Weg richtig ist!" Im Jahr 2000 habe es wie in der ganzen Wirtschaft ein Tief gegeben, ansonsten jedoch sei es kontinuierlich voran gegangen. Man habe eine neue Halle gebaut, moderne Maschinen angeschafft und insgesamt das Aussehen des Betriebes auf ein höheres Niveau gebracht. "Das alles geht natürlich nur in einem gesunden Betriebsklima." Er habe in Jessen Mitarbeiter vorgefunden, die ihn mit offenen Armen aufgenommen haben und selbst immer mitzogen, engagiert und sehr verantwortungsvoll. Mindestens zehn Millionen Euro seien in den zurückliegenden sieben Jahren in die Firma investiert worden, schätzt der Dresdener Diplom-Ingenieur für Konstruktion von Werkzeugen und Werkzeugmaschinen.

Er ist verheiratet und Vater einer inzwischen 35-jährigen Tochter. In Jessen war er stets von Montag 7 Uhr bis Freitag 14.03 Uhr (von ihm, wegen der besseren Einprägsamkeit, einfach so festgelegt) anzutreffen. Übers Wochenende ging es immer nach Hause nach Dresden. Dort hatte er zuvor als technischer Leiter bei VEM gearbeitet. (Nach seinem Abendstudium war er zuerst Leiter Werkzeugbau im Sachsenwerk, nach der Wende wurde er technischer Geschäftsführer im Sachsenwerk sowie eines Motorenwerkes für Weiße Ware.) Als der Betrieb kurz vor der Insolvenz stand und die von ihm verfolgte Management-by-out-Variante von der Treuhand verworfen war, lagen ihm drei Angebote vor. Joachim Virgens entschied sich für Jessen, auch weil er den dortigen Gesellschafter Dr. Rainer Nann aus dem Werkzeug-Geschäft bereits kannte.

Nach seinem Abschied aus dem Berufsleben möchte der Dresdener nun etwas zur Ruhe kommen, die Wohnung renovieren, den Garten in Schuss bringen und seine Tochter besuchen. Doch das übliche Rentnerdasein wird es wohl nicht, denn es gibt auch weitergehende Zukunftspläne: Gemeinsam mit sechs anderen Leuten möchte er seine Erfahrungen aus dem Wirtschaftsleben an Studenten weiterreichen, ihnen die vom Lehrbuch mitunter erheblich abweichende Praxis näher bringen. Ab Februar / März 2007 sind daher in begrenztem Umfang Vorlesungen an Hochschulen vorgesehen.