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Hochwasser Annaburg Hochwasser Annaburg: Elb-Siel verliert die Klappe

Von Klaus Adam 10.06.2013, 15:42
Uli Münster (li) und Knut Franke vermessen die Deichhöhenlinie.
Uli Münster (li) und Knut Franke vermessen die Deichhöhenlinie. Adam Lizenz

Prettin/neubleesern/MZ - Das am Freitag geborstene Siel im Elbedeich nahe Neubleesern war bis zum Sonntagmittag weitgehend verschlossen worden. Nachdem große CH 53-Helikopter der Bundeswehr seit dem Vortag Unmengen von Big Bags wasser- und landseitig abgesetzt hatten, ließ die sächsische Talsperrenverwaltung die Öffnung mit rund 900 Tonnen Kies und großen Gesteinsbrocken sichern. „Ich bin noch nicht ganz zufrieden, deshalb werden wir hier weitermachen,“ so der für den Flussbereich verantwortliche Betriebsleiter der LTV, Axel Bobbe. Wenn auch der Elbepegel langsam sinke, so sei das Sielbauwerk doch unterspült. Die Riesenmengen an Befestigungsmaterial sollen den Deichfuß für den Fall sichern, dass das Siel aufgrund der Unterspülung abgehen könnte. Deshalb wurde auch mit der Sicherung des Schlafdeiches, des so genannten Bockdammes, weitergemacht.
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Seit Sonnabendvormittag verstärken 260 Soldaten eines deutsch-französischen Jägerbataillons aus Donaueschingen die Feuerwehrleute von Prettin, Annaburg und den anderen Ortsteilen der Stadt sowie aus Großtreben und Dautzschen gemeinsam mit einer großen Zahl freiwilliger Helfer. Nachdem die Klappe des Siels im Elbedeich nahe Neubleesern (Gemeinde Beilrode, Nordsachsen) herausgerissen wurde, strömte Elbewasser ins Hinterland. Der Ortsteil Neubleesern selbst scheint einigermaßen sicher. Er liegt erhöht und hat einen eigenen Deich. Doch das Grundstück eines Dachdeckers am Ortsrand liegt genau in der Strömungsrichtung des aus dem Siel austretenden Elbestromes. Die Straße auf seiner Höhe wurde bereits am Mittag überspült.
Die Torgauer Seite hatte die Verteidigung dieser Stelle am Freitagabend aufgegeben unter der Begründung, es gebe noch zahlreiche andere prekäre Punkte, wo ein Handeln nötiger wäre. Doch insbesondere bei den Einwohnern im sachsen-anhaltischen Prettin wurden dadurch erneut Ängste entfacht, es könnte sich wieder eine Situation wie 2002 ergeben. Auch Einwohner von Großtreben und Dautzschen wandten sich aufgeragt an die Prettiner Feuerwehr um Hilfe, berichtete ihr Wehrleiter Mike Lange. „Deshalb haben wir das übernommen.“
Damals, am 18. August, war bekanntlich der Elbedeich nur wenige hundert Meter entfernt von dem Siel gebrochen. Die Folgen der so genannten Jahrhundertflut sind hinlänglich bekannt.
Das Gerätehaus, wo der Prettiner Ortswehrleiter und stellvertretende Stadtwehrleiter Mike Lange seinen Einsatzstab hat, wurde bereits am späten Freitagabend, als sich die Kunde von dem Sielbruch in Prettin verbreitete, von zahlreichen Einwohnern aufgesucht. Ortsbürgermeisterin Helga Welz, die einräumte, selbst nicht ohne Angst zu sein, hatte große Mühe, die Leute zu beruhigen. Dies berichtete sie der MZ am Sonnabend.
Gegenüber damals strömt das Elbewasser allerdings nicht direkt auf Dautzschen und Prettin zu, sondern in ein Areal, das noch durch einen Querdamm, einen so genannten Bockdamm, abgeriegelt wird. Den zu ertüchtigen haben sich die Einsatzkräfte unter Federführung der Prettiner Wehr auf die Fahnen geschrieben. Er zieht sich vom eigentlichen Elbedamm bis zur Straße Dautzschen-Rosenfeld und auf der anderen Straßenseite bis in die Annaburger Heide.
Wie bereits am Donnerstag am noch nicht sanierten Deichabschnitt bei Neubleesern - in dem sich auch das Siel befindet - geht es den Einsatzkräften mit der Hilfe der Bundeswehreinheit darum, am Bockdamm mittels Sandsäcken ein Gegengewicht zum möglicherweise anströmenden Wasser aufzubauen. Denn Prettins Ortswehrleiter Mike Lange zeigte sich zu diesem Zeitpunkt noch äußerst skeptisch, dass es gelingen werde, den Durchlass rechtzeitig abzudichten. Bis zum frühen Samstagabend war der Verschluss nicht gelungen.
Dass Sachsens Umweltminister Frank Kupfer (CDU) zum Sonnabendmittag in einem TV-Interview wider besseren Wissens - er war selber vor Ort - verkündet habe, das Siel sei bald geschlossen, rief bei den beteiligten Einsatzkräften - noch gelinde gesagt - großes Unverständnis hervor, als sich dies herumsprach. Überregionale TV-Nachrichten hatten noch am Sonnabend Vormittag von einem Dammbruch nördlich Torgaus gesprochen. Diese Meldung wurde erst im Laufe des Tages korrigiert.
Vor dem Hubschraubereinsatz hatten Einsatzkräfte im Auftrag der sächsischen Talsperrenverwaltung - quasi dem Pendent zum sachsen-anhaltischen Landesbetrieb für Hochwasserschutz - die Flanken des Siels mit Sandsäcken sichern lassen. Es bestand die Befürchtung, dass sich das Wasser zwischen Mauerwerk und Dammanschluss seinen Weg sucht und so das Bauwerk herausspülen könnte.
Weitere Informationen im Netz unter www.mz-web.de/hochwasser