Jugendcamp des Landesanglerverbandes Hinweise beachtet: Minister Sven Schulze fängt in Prettin seinen ersten Fisch
Landesanglerverband veranstaltet sein Jugendcamp am Prettiner Kiessee. Was Politiker Sven Schulze aus dem Wasser gezogen hat und welche Ausbildung online gemacht werden kann.

Prettin/MZ. - Sven Schulze sitzt am Ufer des Prettiner Kiessees und beobachtet die Pose. Der Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten holt sich dabei professionelle Tipps von Tom Wenzeck aus Görzig ab, der seit Jahren an Gewässern sitzt und selbst auf das kleinste Zucken achtet. Die Nacht der Nächte, erzählt der 16-Jährige, hat er nach einem Unwetter erlebt.
„Ich habe insgesamt 48 Karpfen aus dem Wasser geholt. Alle haben um die 15 Kilogramm gewogen, zwei Exemplare waren sogar über 20 Kilo schwer“, so Wenzeck, der es „pure Adrenalinausschüttung“ nennt, wenn ein Fisch beißt. Angeln, so der Teenager, liege in der Familie. Opa oder Vater haben ihn schon als kleinen Jungen mit an den See genommen, es ist ein Hobby, wo der Spaß nie zu kurz kommt.
Der 16-Jährige erzählt auch, dass es ein Mythos sei, dass am Ufer absolute Ruhe herrschen muss. Fische reagieren auf Erschütterungen. Es ist daher viel ratsamer, in Wassernähe nicht herumzurennen. Was kostet eine Ausrüstung? „Im Lauf der Zeit habe ich etwa 6.500 Euro investiert“, so Wenzeck, der seine Oma als Unterstützerin sehr lobt.
„Jetzt“ ruft der Präsident des Landesanglervereins, Uwe Bülau, aus dem Hintergrund dem Minister zu. Die Rotfeder zappelt sich sozusagen vom Haken und ist wieder im See verschwunden. „Das war zu langsam“, gibt Bülau den entscheidenden Tipp. Beim zweiten Mal klappt es besser. Schulze zieht eine kleine Plötze an Land und freut sich über den ersten selbstgefangenen Fisch im Leben.
Hobby als Bildungsreise
Carolin Bunzel vom Sportfischerverein Braunsbedra gehört mit zu den Zuschauern. Die 17-Jährige liebt es, sich im Freien aufzuhalten und erklärt, dass Angeln wie eine Bildungsreise funktioniere. Man lernt die Zusammenhänge in der Natur besser zu verstehen, erfährt viel über fließende sowie stehende Gewässer, meistert Prüfungen und besucht ferne Länder. „In Island habe ich einen 1,21 Meter großen Dorsch aus dem Wasser gezogen“, berichtet Carolin Bunzel von ihrem größten Fang.

Das Filetieren beherrscht sie auch. Am Anfang sei es nicht ganz einfach, doch mit der Zeit gehöre es dazu. „Ich wurde da Stück für Stück herangeführt“, erzählt die 17-Jährige. Kurz vor der offiziellen Eröffnung durch Präsident Bülau und Geschäftsführerin Anja van der Molen wird der Strandabschnitt zusehends voller. Der Regen, der am Vorabend die etwa 250 Camp-Teilnehmer aus ihren Zelten vertrieben hat (siehe Infobox), lässt langsam nach.
Auf dem Gelände am Kiessee sind mehrere Pavillons aufgebaut. Fachleute informieren über Trends, Ausrüstungen oder fordern das Wissen der Jugendlichen ab. Gerhard Jarosz, Vorsitzender des Kreisanglervereins Sangerhausen, unterrichtet die Teilnehmer 30 Minuten in Messerkunde und übergibt ihnen zum Abschluss den dafür passenden Führerschein. „Es ist doch wichtig, dass die Jugend weiß, wie man mit einem Messer umzugehen hat“, so Jarosz, denn ein gefangener Fisch muss fachgerecht getötet werden.
47.000 sind organisiert
Anja van der Molen erklärt dem CDU-Minister beim Rundgang, dass es in Sachsen-Anhalt schätzungsweise 60.000 Angler gibt und 47.000 im Landesverband organisiert sind. Da Angeln nicht als Sport, sondern als Hobby eingestuft ist, bekommt der LAV keine Fördermittel. „Wir finanzieren uns zu 99 Prozent über unsere Mitgliedsbeiträge“, klinkt sich Bülau ein. Der Altersdurchschnitt im Verband sei nicht gerade niedrig. Deshalb freue es ihn, dass sich viele Kinder und Jugendliche im Land für das schöne Hobby begeistern.
Angeln, erzählen Wenzeck und Bunzel, besitze immer noch den Anstrich: Am Ufer sitzt ein Nerd und will seine Ruhe haben. Solche Tage gebe es auch, doch grundsätzlich sind Petrijünger gesellige Typen, die mit Gleichgesinnten gern ihre Zeit verbringen. Sicher, um 3.30 Uhr zum See fahren, sei kein Fall für Morgenmuffel. Der Großteil der Spaziergänger ist freundlich, doch manchmal „hört man schon einen Spruch“.

Auf etwas sind alle in der Runde stolz. Der Fischereischein kann in Zeiten von Homeoffice auch online abgelegt werden. Dafür gibt es auf der Homepage des LAV ein eigenes Fenster. Insgesamt gehe der Lehrgang über 30 Stunden, informiert die Geschäftsführerin. Die theoretische Ausbildung nimmt 22 Stunden in Anspruch, der Rest ist Praxis.
„Das erfolgt nach vorheriger Anmeldung in einem Verein“, so Anja van der Molen. Der Online-Kurs biete für den Interessierten auch wirtschaftliche Vorteile. Denn er muss nicht mit dem Auto zu einem Veranstaltungsort fahren. „Und es kann flexibel gelernt werden. Das werden zum Beispiel Montagearbeiter oder Lkw-Fahrer sehr schätzen.“
Wann beißen die Fische am besten? „Bei hohem Luftdruck“, sagt Wenzeck und kassiert dafür kein einziges Widerwort.