Heimatverein Glücksburger Heide Heimatverein Glücksburger Heide : Anfang mit Heinz Berger

Jessen - 28 Jahre gibt es den Heimatverein Glücksburger Heide inzwischen. Gegründet wurde er am 26. November 1990 in Morxdorf. Wer kann sich an die elektrisierende Aufbruchsstimmung für eine künftig ausschließlich zivil genutzte Heide - nachdem man sie rund sechs Jahrzehnte als militärisches Übungsgelände (Wehrmacht, sowjetische Armee) geschunden hatte - unter dem engagierten Vorsitzenden Heinz Berger noch erinnern?
Genau diese Frage bewegt den heutigen Vorsitzenden des Heidevereins, Erhard Fritzsche: „Ich bin alt, ich gehe auf die 82 zu, und nach mir weiß keiner mehr Bescheid über die Anfänge. Deshalb möchte ich jetzt noch mal an alle Akteure der ersten Stunden erinnern und ihnen damit danken“, betont der Jessener im Gespräch mit der MZ.
16 Bände zählt die Chronik des Heimatvereins, die im Arnsdorfer Heidemuseum aufbewahrt wird, inzwischen. „Ein ganzer Schrank voller Arbeit“, würdigt Erhard Fritzsche alle, die das Material, darunter alle Presseberichte über die Glücksburger Heide und den Verein, zusammengetragen haben. „Da reichen bei weitem keine 1 000 Stunden.“
Noch gewaltiger wird die Dimension des Geleisteten, wenn man mit einbezieht, was in der Heide selbst alles geschehen ist. „Sehr viele Menschen haben sich hier betätigt“, blickt der Vereinschef auf die 28 Jahre zurück und verbindet den Beginn dieser Entwicklung vor allem mit einem Namen - Heinz Berger. Er war Initiator, Vordenker, Dokumentarist, Vereinsgründer und dessen erster Vorsitzender.
Areal zur Erholung
Die Aufgabe nach der Wende und dem Abzug der sowjetischen Streitkräfte lautete, „die Glücksburger Heide dauerhaft für die Zivilbevölkerung zugänglich zu machen. Sie sollte ein Areal der Erholung und der Forstwirtschaft werden, in dem die Belange des Landschafts- und Naturschutzes Berücksichtigung finden. Und der Heimatverein wollte möglichst alle diesbezüglichen Projekte aktiv mitgestalten“, weiß Erhard Fritzsche.
Eine der ersten Aufgaben war, ein Unternehmen für die Entmunitionierung von Teilen der Heide zu gewinnen. Heinz Berger fand es in der Firma Heinrich Luthe aus Luckenwalde. Gemeinsam entwickelte man Vorstellungen für das Vorgehen. Unterstützung dafür kam von Harald Freiwald und Emil Motl (beide aus Seyda) von der damaligen Jessener Kreisverwaltung, berichtet das aktuelle Vereinsoberhaupt.
Als Glücksfall erwies sich, dass Heinz Berger schon in der Phase der Entmunitionierung fotografieren und filmen durfte. Ein von der militärischen Treuhand in Potsdam, wie Erhard Fritzsche die Institution nennt, genehmigter Antrag Heinz Bergers bildete die Grundlage dafür. So entstanden damals Tausende Bilder und Filmsequenzen.
Rund 200 Leute gehören dem Heimatverein Glücksburger Heide an. Die Zahl halte sich relativ stabil, sagt Vorsitzender Erhard Fritzsche und betont, dass die Heidefreunde durch ihren Mitgliedsbeitrag enorm dazu beitragen, dass der Verein sein breites Aufgabenspektrum finanziell absichern kann. Eine mindestens ebenso wichtige Quelle von Geld- und Sachspenden sind Betriebe, Institutionen sowie acht Privatpersonen. Allen Sponsoren und Unterstützern, die dem Heideverein 28 Jahre die Treue gehalten haben, dankt der Vorstand aufs Herzlichste.
Bundesrepublik, EU und das Land stellten für die Glücksburger Heide insgesamt 14,5 Millionen D-Mark zur Verfügung. Damit konnten zwischen 1992 und 1996 zeitweise 400 bis 600 ABM-Kräfte (Arbeitsbeschaffungsmaßnahme) in dem Landstrich tätig werden.
In den ersten beiden Jahren liefen alle Abrechnungen für die Entmunitionierung und die Personalkosten der ABM-Leute über Vereinsschatzmeister Joachim Hübner aus Seyda und Heidefreund Bernhard Bayer aus Rehain.
Danach entstand die Öko-Tour Sanierungsgesellschaft Seyda. Sie übernahm alle Arbeiten und deren Abrechnung von 1993 bis zu ihrer Auflösung 2010. „Ohne die Öko-Tour wäre die Vielzahl an Maßnahmen nicht zu schaffen gewesen“, würdigt der Heidevereinsvorsitzende deren Rolle. Ab 1997 wurden für Belange des Heimatvereins in der Heide (Instandhaltung und Pflege) nur noch zwei Leute benötigt, 1998 übernahm Erhard Fritzsche deren Anleitung. Seit 2011 führt der Verein die Instandsetzungs- und Pflegearbeiten in eigener Regie unter Leitung von Erhard Fritzsche durch.
Das Aufbereiten der Geschichte der Glücksburger Heide ist ebenfalls überwiegend Heinz Bergers Verdienst. Pausenlos war er mit Fotoapparat und Video-Kamera in der Natur unterwegs und schuf so einen schier unerschöpflichen Fundus an Bildmaterial. 1997/98 erkrankte Heinz Berger schwer.
Im Juni 1998 musste daher Erhard Fritzsche, damals stellvertretender Vorsitzender, das operative Geschäft übernehmen, solange der Chef vom Ganzen im Krankenhaus war. Danach kümmerte sich Heinz Berger um die Verwaltung, die Chronik und seine Filme. Erhard Fritzsche betreute den technischen Bereich.
Heinz Berger hat während seiner Krankheitszeit drei Filme geschaffen: „Die Glücksburger Heide unter den Stiefeln des Militärs“ Teil eins (1935 bis 1945), Teil zwei (1945 bis 1975) und Teil drei (1975 bis 1985). Unvollendet blieb der vierte Teil (1975 bis 1990), wenn auch das Rohmaterial vorlag.
Heinz Berger starb nach langer schwerer Krankheit am 28. Mai 2009 im Alter von 73 Jahren. „Nicht nur sein Filmwerk wird immer an ihn erinnern“, ist Erhard Fritzsche sicher. „Als Musiker komponierte und textete er das Heimatlied über die Glücksburger Heide. Es wurde zur Hymne unseres Vereins.“
Von 1996 bis 1998 arbeitete Undine Peschel aus Gorsdorf als ABM-Kraft drei Jahre lang mit Heinz Berger an der Chronik. 1996 wurde parallel dazu begonnen, Utensilien für das Heidemuseum zu sammeln. Als Folge-ABM kamen dann Marita Hentschel aus Arnsdorf und Jutta Löwenstein aus Düßnitz (1998 bis 2000). In dieser Zeit nahmen der erste Raum des Heidemuseums Arnsdorf und der einstige Bunker bei Leipa Gestalt an.
„Die Beiden haben auch den Ordner ,Eine Wanderung um und in der Glücksburger Heide’ geschrieben sowie in Herzberg wochenlang das Schweinitzer Kreisblatt von 1850 bis 1936 nach Heide-Belangen durchforstet“, erinnert sich Erhard Fritzsche.
ABM und im Ehrenamt
Von 2000 bis 2016 war Sieglinde Mertens aus Jessen für den Heimatverein tätig - bis 2010 über eine ABM-Stelle bei der Öko-Tour Sanierungsgesellschaft, nach deren Auflösung führte sie die Chronik ehrenamtlich. Auf sie gehen die Broschüre „Die Glücksburger Heide, ein Kleinod inmitten der Natur“ und das zugehörige Faltblatt zurück.
Wichtige Anteile an der Chronik billigt Erhard Fritzsche dem Journalisten Hans-Dieter Kunze zu. Er schrieb viele der Zeitungsartikel, die in den Ordnern abgeheftet sind. Hans-Dieter Kunze war seit 1990 Mitglied im Heideverein. Am 3. März 2018 ist er 66-jährig verstorben. Ebenfalls nicht mehr unter den Lebenden weilt Dr. Bodo Hildebrandt. Zu Hause in Seyda und Kleinmachnow, hat er neben anderem die Historie der Marcolinischen Wiesen und der Landwehr in der Glücksburger Heide beleuchtet.
Laut Erhard Fritzsche müssen unbedingt auch erwähnt werden: Wilfried Hentschel aus Arnsdorf (verstorben, Buch „Wald im Schatten einer Armee“ und Chronik der Arnsdorf-Jessen-Schweinitzer Berge), Thomas Meinhof aus Seyda (Heft „Die Seydaer Heide“), Reinhard Schüler aus Steinsdorf (Aufarbeitung der Militärgeschichte der Heide nach Heinz Berger) sowie Dr. Reiner Helling aus Jessen und Dietmar Steinecker aus Gentha (Broschüren „Die Glücksburger Heide im Wandel der Zeiten“ und „Das unbekannte Geheimnis - Über das Atomwaffenlager Linda/Stolzenhain“).
Dasselbe gelte für Dr. Rainer Stolze, Berlin (chronologische historische Übersicht zur Glücksburg, die Gemarkung Linda mit Geschichte des Bahnhofs), die Forschergruppe um den Diplom-Biologen Martin Schulze (Projekt zur Strauchheide auf dem einstigen Truppenübungsplatz), Klaus Kuhrmann aus Jessen (der Holzbildhauer schuf die Tierfiguren am alten Mügelner Forsthaus, drei Tore zur Glücksburger Heide, die Waldbahn-Pferde und mehrere Stelen), Ursula Nachtigall aus Jessen (führt seit 2017 die Chronik) sowie Detlef Polzenhagen aus Leipa (seit fünf Jahren stellvertretender Vereinsvorsitzender, veranstaltet Chroniklesungen und zeigt Heinz Bergers Filme).
Einen großen Wunsch für die Zukunft hat Erhard Fritzsche obendrein parat: „In den Schulen und Tagesstätten sollten die Kinder noch stärker an Natur und Geschichte der Region herangeführt werden. Dafür kann man gern auch unser Heimatmuseum in Arnsdorf nutzen.“ (mz)
