Goldene Hochzeit Goldene Hochzeit: In einem Jahr ein Fahrrad geschafft
Labrun/MZ. - Die Zeiten, da Rudolf Schadewitz seine Anni von Labrun aus mit dem Rad in Bethau besuchte, liegen lange zurück. Er muss aber damals recht oft geradelt sein, denn "er hat in einem Jahr ein ganzes Fahrrad geschafft", erzählt Anni, die am Sonnabend auf den Tag genau vor 50 Jahren Frau Schadewitz wurde.
Kennen gelernt hatten sich beide schon 1946, im Januar. Rudolf war erst vor kurzem aus amerikanischer Gefangenschaft nach Hause gekommen. Als Sechzehnjähriger. Er gehörte zum letzten Aufgebot Hitlers, wurde noch im Dezember 1944, also kurz vor ultimo, eingezogen. Nach nicht mal einem halben Jahr war das für ihn jedoch vorbei. Im April kam er in Gefangenschaft, doch schon im Juli war er wieder zu Hause. Die heimische Bauernwirtschaft wartete auf ihn.
Zum Tanz nach Bethau, da musste er jedoch hin, seit er seine Anni dort getroffen hatte. Ein paar Jahre hatten beide jedoch zu warten, bis sie offiziell ein Paar werden durften. Denn mit 15/16 ein Paar zu sein, das war damals noch nicht so üblich. Da hatten sie halt genügend Zeit zu prüfen, was sie aneinander haben. Als Anni dann 21 war, ging es aber sofort vor den Traualtar. Sie zog aus ihrem Heimatort Bethau gleich mit nach Labrun. Auch auf sie wartete irgendwie die Wirtschaft. Ein Frau fehlte im Haus, seit die Mutter von Rudolf Schadewitz gestorben war.
"Da musste ich richtig mit in die Vollen", sagt sie heute. Bis 1960 betrieben beide die elterliche Wirtschaft der Schadewitzes, dann kam die Genossenschaft und sie brachten ihren Betrieb in die LPG Typ I ein. Nicht unbedingt mit wehenden Fahnen, wie Rudolf Schadewitz gesteht, aber so ganz abgeneigt schien er den neuen Gedanken in der Landwirtschaft nicht gegenüberzustehen. Zumindest war er sofort Vorsitzender der LPG und begann gleichzeitig zu studieren. Vier Jahre lang. 1967 kam dann die LPG Typ III. Auch hier bezog Rudolf Schadewitz einen Leitungsposten im Vorstand.
"Ich war damals im Feldbau tätig", erzählt Anni Schadewitz. "Ab Ende der 60-er Jahre durfte ich Komplexleiter machen. Da hatte ich 16 Männer ,unter mir'', das war schön." Und im Nachhinein schätzt sie aber ein: "Das war meine schönste Arbeit. Die Männer haben mich regelrecht auf Händen getragen. Und wir schmunzeln heute noch und umarmen uns, wenn wir uns hier im Ort treffen", schwelgt sie in der Erinnerung.
Die Gesundheit machte dann aber nicht mehr mit. Dazu kam, dass etwa 1970 gerade ein Bürgermeister für Labrun gesucht wurde. "Da hat man zuerst den LPG-Vorsitzenden gefragt, ob er nicht jemand wüsste, und der meinte gleich: Na klar hab ich eine, und die kann das auch." So saß dann die 40-Jährige auf dem Stuhl des Bürgermeisters der kleinen Gemeinde. Und erst mit dem Eintritt ins Rentenalter räumte sie ihn. "Wir haben beide einiges geschaffen in unserem Leben", ist das Resümee von Anni Schadewitz. Und damit meint sie auch, dass sich Labrun schon zu DDR-Zeiten sehen lassen konnte. Ihr Mann war übrigens auch 50 Jahre seines Lebens Abgeordneter. "Wir haben ein arbeitsreiches Leben gelebt, aber auch ein schönes", rekapituliert Rudolf Schadewitz. "Wir waren nie reich, aber wir hatten immer so viel Geld, dass wir gut leben konnten."
Ein bisschen hofft Anni Schadewitz ja, dass der Tip fruchtet, den sie ihren Kindern und Enkeln gab: zum 50. Hochzeitstag heute eine Anzahlung für eine Reise. "Dann muss er nämlich", sagt sie. Ehemann Rudolf mag nach zahlreichen Auslandsreisen nicht mehr so viel in der Welt herumgondeln. Von Alma Ata über Moskau und Ungarn lernten beide vor der Wende die gesamte Ostwelt kennen. Und die neuen Chancen nach dem Mauerfall führten sie vor zwei Jahren sogar bis nach Kenia und Ägypten. "Insgesamt haben wir in den 70-er, 80-er und 90-er Jahren 25 Länder gesehen. Jetzt sind beiden ihre Hobbys ganz wichtig: Rudolf Schadewitz kümmert sich um die vielen Tiere auf dem großen Grundstück, "und meine Welt sind die Blumen drumherum", schwärmt Ehefrau Anni.