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Geschichte Geschichte: Neuhäuser vor 115 Jahren nach Annaburg eingemeindet

Von EDWIN KRETZSCHMANN 31.03.2010, 17:39

ANNABURG/MZ. - Der letzte Bürgermeister der Neuhäuser war Herr Deisler, er betreute circa 485 Bürger. Bei näherer Betrachtung der Entstehung der Gemeinde zeigt sich, dass man wohl davon ausgehen kann - so auch die Vermutung des Autors, dass mit dem Neugrabenbau und dessen Fertigstellung am 18. Oktober 1577 die an diesem Wasserlauf errichteten Häuser der Fronarbeiter den Grundstock für die Siedlung bildeten. Stellt man eine gewagte Rechnung mit der Neugrabenentstehung als Geburtsurkunde auf, müssten die Neuhäuser inzwischen 433 Jahre alt sein.

Die von ihrer Substanz her ältesten Bauten der Neuhäuser befinden sich tatsächlich am Neugraben. Den Beweis dafür liefert das Grundstück der verstorbenen Familie Nichtitz. Nach einer geringen flächenmäßigen Ausdehnung erfolgte die Erweiterung der Neuhäuser Anfang des 19. Jahrhunderts. Es entstanden die Gebäude am Planweg sowie rechts und links der Holzdorfer Straße und teilweise die Häuser der Niederen und der Hohen Straße.

Eine Betrachtung des Handwerks unter Zuhilfenahme der Annaburger Kirchenbücher führt zu der Feststellung, dass es in den Neuhäusern zur damaligen Zeit mehr Gewerke und Handwerksmeister gegeben hat als heute. So waren dort in den Jahren 1794 bis 1896 tätig: zwei Gastwirte, drei Leinewebermeister, ein Schneidermeister, ein Pfefferkuchler, ein Schönfärbemeister sowie ein Zimmerergeselle, vier Maurergesellen, ein Mühlen-Beschneider, zwei Handarbeiter und 18 nicht näher bezeichnete Personen, die im Standregister der evangelischen Kirche von Annaburg erfasst sind. Kirchlich gehörten die Neuhäuser zu Annaburg, waren aber ansonsten bis 1895 selbständig.

Die Gemeinde hatte schon damals einen eigenen Friedhof, den jetzigen Waldfriedhof. Dem gegenüber lag der Friedhof der Namenlosen. Hier fanden ohne weltlichen oder kirchlichen Beistand reisendes Volk, Bettler und andere Namenlose ihre letzte Ruhe, das war damals so üblich.

Das erste gemeinsame Kinderfest Annaburgs fand in den Neuhäusern im Jahre 1837 unter der Leitung des Begründers und Kantors (Lehrer) Daniel Große auf dem linken Pechberg statt, der heute nicht mehr vorhanden ist. Dieser Pechberg lag auf der linken Seite an der Holzdorfer Straße.

Der ehemalige Zöglingsfriedhof entstand auf dem rechten Pechberg an der Holzdorfer Straße und wurde von 1763 bis zum Jahre 1949 genutzt. Hier wurden 779 Angehörige und Zöglinge des Militärknaben-Erziehungsinstitutes, die hier ihren eigenen Friedhof hatten, zur letzten Ruhe gebettet.

Zur Gründung des Bürgerschützenvereins Annaburg 1890 kam es in der Gaststätte "Schwarzer Adler". Dann diente der frühere Bürgergarten, der 2008 abgerissen wurde, am so genannten Mühlenende als Vereinsdomizil. Jetzt haben die Schützen ihren Sitz hinter dem rechten Pechberg in der Holzdorfer Straße in den Neuhäusern. Die davor liegende Wiese hatte der Verein vormals käuflich erworben, 1945 wurde sie enteignet.

Noch eine letzte Information zu den Neuhäusern: Gegenüber der jetzigen Gaststätten Dietze befand sich die Rohrsche Musikschule, die von Max Rohr 1923 gegründet wurde. 1928 erfuhr sie eine bauliche Erweiterung, so dass internatsmäßig bis zu 30 Musikschüler jährlich ausgebildet werden konnten. Die Schüler trugen zu ihrem Lebensunterhalt und ihrer Ausbildung bei, indem sie bei Tanzveranstaltungen, Konzerten und Familienfeiern aufspielten. Bei den Annaburgern war das sonntägliche Platzkonzert von einer Stunde auf dem Markt sehr beliebt. 1946 übernahm der Sohn Hans die Leitung der Musikschule. Sie bestand bis zum Jahr 1950. Ab diesem Zeitpunkt waren private Musikschulen in der DDR nicht mehr gestattet und mussten aufgelöst werden.