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Gemeinsame Initiative der Apotheker

Von H.-Dieter Kunze 29.09.2006, 15:32

Jessen/MZ. - Die Einzugsbereiche für den Notdienst der Apotheken außerhalb der regulären Öffnungszeiten wurden neu gegliedert. Patienten aus dem Raum Annaburg und Prettin müssen nun in sehr dringenden Fällen nach Torgau fahren, die aus Elster, Jessen und Umgebung in Apotheken nach Wittenberg, Bad Schmiedeberg oder Pretzsch. Außerdem sind auch Apotheken in Brandenburg, so in Jüterbog, Schönewalde, Herzberg oder Falkenberg Anlaufpunkte.

Bernd Lindner, Inhaber der Löwen-Apotheke in Prettin, möchte jeglicher Panikmache und Entrüstung von vornherein den Wind aus den Segeln nehmen. Er erläutert dazu die Hintergründe und versichert ausdrücklich: "Für Patienten, die dringend Medikamente benötigen, wird es in den seltensten Fällen eine spürbare Verschlechterung bei der Versorgung geben."

Die Neustrukturierung im Bereitschaftsdienst geht auf eine gemeinsame Initiative der Inhaber aller fünf im Altkreis Jessen ansässigen Apotheken zurück: Die Löwen-Apotheke in Prettin, Blumen- und Spitzweg-Apotheken in Jessen, Anker-Apotheke in Elster und die Schloss-Apotheke in Annaburg. Der Schritt sei gründlich geprüft und schließlich genehmigt worden, bestätigte Annette Lendeckel, stellvertretende Geschäftsführerin der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt in Magdeburg. Der Kammer als Standesvertretung gehören alle Apotheken des Bundeslandes an.

Als gesetzliche Grundlagen, an die jede Apotheke gebunden ist, nannte sie die Apothekenbetriebsordnung und das Ladenschlussgesetz.

Deshalb werde sich bis zum 31. Dezember 2006 nichts grundlegend ändern, die Bereitschaftspläne seien eingereicht, geprüft und bestätigt worden, erklärte Annette Lendeckel. Bisher teilten sich die Apotheker die Notdienste.

Das bleibt auch so, allerdings sind nun die Zeitintervalle größer geworden. Nach früherem Modus war im Wechsel jeweils eine Apotheke aller fünf Wochen verpflichtet, sieben Tage lang die Versorgung abzusichern. "Eine solche Versorgungsdichte gab es nirgendwo in Sachsen-Anhalt. Aus Erfahrung weiß ich, dass beispielsweise in Ballungsgebieten jeder Apotheker nur aller zehn bis 20 Tage eine 24-Stunden-Bereitschaft gewährleisten muss. Jetzt, nach der neuen Regelung, sind wir durchschnittlich aller 15 Tage dran. Das ist schon eine Entlastung für uns alle, auch finanziell, denn das Bereitschaftspersonal muss ja auch bezahlt werden", so Bernd Lindner. Er sagt aus Erfahrung, dass die Annahme der Notdienstbereitschaft rapide abgenommen habe, nicht zuletzt auch durch die Entrichtung der Praxisgebühr bei den Ärzten. "Aber, wer eben beispielsweise Samstagnacht dringend ein Medikament braucht, muss jetzt leider etwas weiter fahren", bedauert der Prettiner Apotheker. Allerdings seien die Entfernungen immer noch zumutbar. Das habe auch die Apothekerkammer nach gründlicher Prüfung bestätigt.

Marion Nelle, Inhaberin der Blumen- und Spitzweg-Apotheken trägt mit eigener Initiative zur Entschärfung des Problems bei. Sie erweiterte die Öffnungszeiten von Montag bis Freitag auf 7.30 bis 19 Uhr, samstags ist von 8 bis 12 Uhr geöffnet. An allen Sonn- und Feiertagen ist ihre Blumen-Apotheke in der Zeit von 9 bis 11 Uhr dienstbereit. "Ich denke, dass alle mit dieser Regelung leben können, schließlich ist damit täglich und das gesamte Jahr über immer eine Apotheke erreichbar", unterstreicht die Frau vom Fach. Mit ihren anderen drei Apotheker-Kollegen hat sie diese Maßnahme übrigens abgestimmt. Für die Patienten aus der gesamten Region bedeutet das ein großes Plus und keinesfalls eine Verschlechterung. Dirk Helbing, Inhaber der Schloss-Apotheke in Annaburg, begrüßt ebenfalls die Neuregelung der Bereitschaftsdienste: "Eine Woche Dienst am Stück bedeutete früher so etwas wie eine Woche Hausarrest. Wer nun beispielsweise in der Nacht von Sonntag zu Montag unbedingt ein Nasenspray benötigt, muss eben in den Nachbarkreis fahren, wenn in der Region Jessen keine Bereitschaft besteht", erläutert er. Oftmals sei er nachts aus dem Halbschlaf hochgeschreckt, wenn es klingelte und er wie alle anderen Kollegen im Umland den Notdienst von 18 bis 8 Uhr des nächsten Tages gewährleisten musste. Es habe sogar Beschimpfungen gegeben, wenn ein Medikament nicht sofort verfügbar war, erinnert er sich. Auch Britta Hoffmann, Inhaberin der Anker-Apotheke in Elster, freut sich über die neue Regelung: "Wir Apotheker waren uns von Anfang an einig, dass sich etwas ändern musste. Jetzt werden wir doch etwas entlastet. Zumal die personelle Besetzung auch nicht höher geworden ist. Das ist eben alles auch eine Kostenfrage." Sie ist der Meinung, dass die Neustrukturierung der Dienste für die Kunden lediglich eine Gewohnheitssache sei. "Ich denke mal, dass es für die Patienten dadurch keinesfalls schlechter geworden ist", sagt sie.