Fuchsjagd in Lindwerder Fuchsjagd in Lindwerder: Natur kontra Ablaufplan

Lindwerder - Fuchsjagden erfreuen sich unter der hiesigen Reiterschar großer Beliebtheit. Bieten sie den Teilnehmern doch die Chance eines gemeinsamen Ausritts mit sportlichem Anspruch in geselliger Runde. Zu den Veranstaltungen mit der längsten Tradition im Raum Jessen zählt die Fuchsjagd in und um Lindwerder.
Ein letztes Mal sammelte sich die Meute, das Ziel vor Augen. In forschem Galopp stürmten die 15 Reiter voran, ein jeder darauf besonnen, den unter einem aus Strohballen errichteten Bogen befestigten Fuchsschwanz zu ergreifen. Wer ihn als Erster in den Händen hält, hat die Fuchsjagd von Lindwerder gewonnen.
Dieses Glück war diesmal Dirk Neumann aus Gräfendorf beschieden. Nach fünfstündigem Ausritt durfte er sich Samstagnachmittag über Glückwünsche anderer Reiter und des Organisators Ralf Richter freuen sowie über einen hochwertigen Preis.
Die traditionellen Fuchsjagden, wie sie hierzulande durchgeführt werden, sind eigentlich organisierte Ausritte ins Gelände. Geritten wird eine vorgegebene Geländestrecke, die mit Hindernissen versehen ist. Eine Besonderheit ist es, im Pulk querfeldein lange Strecken zu galoppieren und dabei springen zu können. Anders als in England, wo sich dieser Sport großer Beliebtheit erfreut, kommen keine Hunde zum Einsatz und wird dabei kein Wild gejagt.
Glücklich über den Verlauf der Jagd war aber nicht nur deren Sieger, sondern auch Richter. Seit 23 Jahren hält er auch quasi deren Zügel in der Hand, betreibt persönlich einen hohen Aufwand, um den Gästen ein unvergessliches Erlebnis zu bieten. „Ich habe eine Woche Urlaub investiert, um alles so zu gestalten, wie ich es mir vorgestellt habe“, betonte er. Allerdings fiel aufgrund des letzten Sturmes mehr Arbeit an, als Ralf Richter vorgesehen hatte.
Auf der gesamten Strecke, die eine Länge von etwa 25 Kilometern aufwies, versperrten zehn umgestürzte Bäume den Weg. „Gut 30 Hindernisse hatte ich eingeplant, die Natur hat ihrerseits noch ein paar dazu getan“, merkte Richter scherzhaft an.
Was für Ross und Reiter zu bewältigen wäre, stellt den Kremser vor Probleme. Vier Gespanne begleiteten die Reiter. Deren Fahrgäste sahen sich den Ausritt vom Start bis ins Ziel aus unmittelbarer Nähe an. Für die Wagen musste Richter die Wege extra frei räumen, so dass ein ungezwungenes Passieren möglich war.
„Grundlegend gilt aber, dass alle Teilnehmer und Fahrgäste, in diesem Jahr waren es immerhin mehr als einhundert, gesund das Ziel erreichen“, stellt der Cheforganisator, der als Master des Rennens in rotem Jackett an der Spitze ritt, unmissverständlich klar. Sollte sich auf der Strecke ein unerwartetes Hindernis auftun, so Richter vor Beginn des Ausritts, habe er immer einen Plan B parat.
Wenn auch die Pferdezucht sich nach wie vor großer Beliebtheit erfreut und die Qualität der Tiere nach Aussage von Experten stetig besser wird, so leiden die Fuchsjagden doch unter einem Teilnehmerschwund. „Viele Pferdebesitzer halten ihre Tiere ohne selbst auf ihnen zu reiten“, bedauert Richter. Darüber hinaus fehle dem Reitsport, wie anderen Sportarten auch, zusehends der Nachwuchs. Gern erinnert sich Richter deshalb an die ersten Jahre der Fuchsjagd.
„Zur Premiere 1992 hatten wir strahlenden Sonnenschein, allerdings auch Minus zwei Grad Celsius. Dennoch waren weit mehr Reiter am Start als heute“, blickte er zurück. Von Beginn an dabei ist Susanne Jäntsch aus Herzberg. Ihr zur Seite ritt auch dieses Mal Tochter Marie. Beide nehmen, soweit es ihre Zeit erlaubt, an drei bis vier Fuchsjagden im Jahr teil. „Nach Lindwerder kommen wir aber besonders gern. Die Strecke ist gut ausgesucht, die Hindernisse sind liebevoll gestaltet“, urteilt sie.
Am Abend desselben Tages versammelten sich Reiter und die Kremsergäste in Lindwerder zur Auswertung des Ritts. Dabei kamen traditionell kleine und große Verfehlungen zur Sprache, die einzelne Reiter nach Ansicht der zwei Jagdrichter begangen haben. Ganz ernst meinten es Eckard Scheer und Erhard Pieper dabei aber nicht, was sie trotzdem nicht davon abhielt, die Vergehen erst nach einem kleinen finanziellen Obolus zu vergeben.
(mz)
