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Führerscheinausbildung Fahrschulen im Jessener Land: Sind die Preise für den Führerschein bereits gestiegen?

Für die Fahrschulen der Region hat sich die Nach-Corona-Situation weitgehend normalisiert. Steigende Kosten und der Mangel an Fahrlehrernachwuchs sind aktuelle Probleme.

Von Klaus Adam Aktualisiert: 08.02.2024, 08:49
Angelina Barthel aus LInda macht sich bereit für die nächste Fahrstunde bei Peter Richter in der Fahrschule LHS in Jessen.
Angelina Barthel aus LInda macht sich bereit für die nächste Fahrstunde bei Peter Richter in der Fahrschule LHS in Jessen. Foto: Klaus Adam

Jessen/MZ. - Gerade kommt Peter Richter von einer Prüfungsfahrt mit dem Lkw zurück. Sein Schützling hat bestanden, sagt er nur kurz. Den Lkw ordentlich parken und schon wartet vor dem Jessener Schützenhaus, wo die LHS-Fahrschule in einem Anbau ihren Sitz hat, die nächste Fachschülerin für die praktische Ausbildung.

Normalerweise hätte der Fahrlehrer sie in Linda, wo sie zu Hause ist, abgeholt, doch weil die Lkw-Prüfungsfahrt zuvor etwas länger dauerte, ist sie nach Jessen gekommen, berichtet Angelina Barthel.

Bedarf an Lkw-Führerscheinen gestiegen

Der Bedarf an Lkw-Führerscheinen und der folgenden Berufskraftfahrerausbildung ist in der letzten Zeit erheblich angestiegen, berichtet Peter Richter aus seiner Berufserfahrung. Kommunen brauchen für ihre Feuerwehren Einsatzkräfte, die Lkw fahren können. Auch das Jobcenter unterstützt teilweise die Ausbildung, damit Bewerber sich erfolgreich um einen entsprechenden Beruf bemühen können.

„In Deutschland fehlen rund 80.000 Lkw-Fahrer“, erklärt Peter Richter. „30.000 gehen jedes Jahr in Rente und 15.000 werden nur neu ausgebildet.“ Daher sind auch die Anpassungsmodule gefragt, die ältere Fahrer absolvieren können, um ihre Lkw-Befähigung aktivieren zu können. „Das machen wir auch“, sagt der Jessener Fahrlehrer auf die Angebote seiner Firma bezogen.

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Aufgrund der wachsenden Vakanzen würden inzwischen sogar 75-jährige ehemalige Berufskraftfahrer die Auffrischungslehrgänge wieder absolvieren, um noch eine Zeit lang in ihren alten Beruf zurückkehren zu können.

Die Preise für die Ausbildung hat er inzwischen angepasst – nach oben, wie sich leicht denken lässt. „Aber noch nicht so erheblich. Wir müssen sehen, wie das nun weitergehen soll.“ Andere Fahrschulen sind diesbezüglich bereits deutlich forscher vorgegangen, erklärt Peter Richter.

Preise von Fahrschulen angehoben, kein Nachwuchs da

„Die Wittenberger haben die Kosten schon erheblich angehoben. An uns wird das nicht vorbeigehen, uns wird nichts anderes bleiben“, bestätigt dies auch Richters Kollege Matthias Ludley, Betreiber einer Fahrschule seines Namens in Jessen, die MZ-Frage nach der aktuellen Situation.

Die MZ erwischte ihn telefonisch, da er gerade auf „Arbeitstour“ war. Da jetzt in der Winterzeit kaum Moped- und Motorradausbildungen anstehen, ist die Lage auch für ihn als Fahrlehrer recht entspannt, sagt er. Die Dekra als Prüforganisation hat den Stau, der aus der Coronazeit resultierte, abgearbeitet.

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Nichts anderes kann folglich auch Peter Richter bestätigen. Der ergänzt, dass auch die Führerscheinstellen nach der Pause wieder recht schnell dabei sind, die entsprechenden Dokumente auszustellen. „Die haben dazu auch extra Leute eingestellt“, meint der LHS-Fahrlehrer.

Eine Tendenz, die Matthias Ludley beobachtet, ist allerdings, dass „viele meiner Kollegen in den Ruhestand gegangen sind und kein Fahrlehrernachwuchs da ist“. Es gibt kaum junge Leute, die die ein Jahr währende Ausbildung zum Fahrlehrer auf sich nehmen möchten. Zumal sie, wie Matthias Ludley erläutert, sich nach der Ausbildung nicht sofort selbstständig machen dürfen.

Sondern, sie müssen erst zwei Jahre in einer Fahrschule theoretischen und praktischen Unterricht geben, bevor die den Schritt in die Selbstständigkeit wagen dürfen. „Ich würde gerne noch einen Fahrlehrer anstellen, der in sechs, sieben Jahren meine Firma mal übernehmen könnte. Aber du findest keinen.“ Im Moment arbeitet Ludley mit einem weiteren Fahrlehrer.

Auftragslage von Fahrschulen gut

„Die Auftragslage für unsere Fahrschulen ist gut. Im Moment ist die Situation entspannt.“ So umreißt Reiner Nuthmann, seit 2022 Vorsitzender des Fahrlehrerverbandes Sachsen-Anhalt, die Situation in den Fahrschulen. Allerdings, fügt er an: Es hat die Motorradsaison noch nicht begonnen. Im Frühjahr komme noch einmal ein großer Schwung von Anwärtern auf einen solchen Führerschein.

Auf die entsprechende Nachfrage der MZ macht er kein Hehl, daraus, dass auch die Fahrschulen steigende Kosten an die Fahrschüler weitergeben müssen. Kosten, die keineswegs allein den Kraftstoff betreffen. Zwar sagt Reiner Nuthmann, er könne sich nicht vorstellen, dass die Kraftstoffkosten perspektivisch sinken. Doch es steigen eben auch die Personalkosten genauso, wie der Aufwand für die Fahrzeuge. „Die Personalkosten sind einer der großen Posten, der zu berücksichtigen ist.“

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Für Fahrschulen sind die Fahrzeuge Dienstfahrzeuge. Doch sie bekommen dafür keine Förderung, die Betreiber zahlen den gleichen Preis wie jeder Käufer. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Fahrzeugpreise insgesamt exorbitant ansteigen. Nach seiner Beobachtung, so der Landesvorsitzende des Verbandes, würden inzwischen einige seiner Kollgen auf Plug-in-Hybridautos setzen oder gar auf vollelektrische Fahrzeuge.

Sie müssen aber dann die erheblichen Mehrkosten mit tragen, die ein solches Fahrzeug im Vergleich zu einem herkömmlichen kostet. „Wir sehen erst in der jüngsten Zeit, dass die Preise für einige elektrische Fahrzeuge leicht sinken“, meint Reiner Nuthmann.

Elektrofahrzeuge als Fahrschulautos auf Land weniger geeignet

Elektrofahrzeuge, das erklärt der LHS-Fahrlehrer Peter Richter, eignen sich im hiesigen ländlichen Bereich wenig. „Allein, wenn man bedenkt, dass wir unsere Fahrschüler von zu Hause abholen. Und erst dann die Ausbildungsfahrten starten.“ Da seien die Fahrschulen in größeren Städten besser dran, wo die Schüler zur Fahrschule kommen und nicht umgekehrt.

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Es gibt keine fertigen Fahrschulautos, antwortet Reiner Nuthmann auf eine weitere Frage der MZ. Fahrschulfahrzeuge müssen für ihren Einsatzzweck umgebaut, das heißt, mit einem zweiten Pedaleriesatz für den Fahrlehrer ausgestattet werden. Er muss ja geistesgegenwärtig auf die Bremse treten können, wenn sein Schützling hinterm Steuer eine Situation mal nicht richtig einschätzt. Dafür ist er ja Schüler.

Der Pedalsatz, der vor zehn Jahren im Durchschnitt noch für 1.000 Euro zu haben war, kostet inzwischen das Doppelte. „Dazu kommt, dass die Autos immer komplizierter und mit ihren Assistenzsystemen technisch kompakter werden. Es ist nicht mehr viel Platz für den Umbau“, sagt der Verbandschef. Ergo dauere der Umbau heutzutage auch länger als noch vor ein paar Jahren.

Fahrschule auch Bildungsstätte

Zum Thema Kosten sagt Reiner Nuthmann zur MZ: „Es heißt oft, wir verkaufen ja eine Dienstleistung. Ja, wir verkaufen auch einen Teil Dienstleistung. Aber wir verkaufen auch einen Teil Bildung. Wie billig soll denn Bildung sein?“ Es sei politisch gewollt, dass die Fahrschulen mit dieser Situation zurechtkommen und die Kosten eben an die Schüler weitergeben.

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Abgebaut ist aus seiner Erfahrung der Nach-Pandemie-Prüfungsstau bei den Dekra-Büros. „Wir bekommen derzeit problemlos Termine für unsere Fahrschüler“, so Nuthmann. „Das ist das erste Mal seit der Pandemie.“ Allerdings könnte sich das Bild wieder wandeln, wenn die Moped- und Motorrad-Fahrschulsaison im Frühjahr startet.

Auch der Punkt Migration spiele eine Rolle, der nicht vorher zu kalkulieren ist. Und Reiner Nuthmann sagt auch, dass es regionale Unterschiede gibt. Im Bereich Halle und Dessau-Roßlau sei die Situation insgesamt etwas besser als im Bereich um die Landeshauptstadt, wo auch der Sitz des Fahrlehrerverbandes ist.