Erlebniseinkauf in Jessen Erlebniseinkauf in Jessen: Gekochtes Ei im Buchladen

Jessen - „Schon im zehnten und elften Jahrhundert befand sich an der Stelle, wo heute das Schloss steht, eine sicherlich einfache Burganlage, die zum Schutz vor Hochwasser auf einem Hügel aus Sand errichtet wurde. Es war ein Holzturm mit Palisaden umgeben, eine so genannte Hochmotte...“
Etwa eine halbe Stunde bevor die Jessener Innenstadt am Freitagabend vom Trubel der Erlebniseinkauf-Besucher in Beschlag genommen wurde, starteten vier Sekundarschüler am Jessener Schloss ihre gut frequentierte Stadtführung.
Max Sahr, Ian Knoch, Maurice Krause und Markus Shwanski gehören zur Arbeitsgemeinschaft Stadtführer der Jessener Sekundarschule, die übrigens auch das Schulmuseum betreut. Ehrenamtlich geleitet wird die AG von Ursula Nachtigall, die an der Bildungsstätte vormals als Lehrerin für Geschichte und Geografie arbeitete. Einmal pro Woche treffen sich die derzeit zehn AG-Mitglieder der siebten bis zehnten Klasse für 45 Minuten.
In den zurückliegenden Jahren haben sie systematisch stadtgeschichtliche Themenkomplexe aufgearbeitet, die natürlich immer wieder ergänzt werden. „Wir schöpfen dafür aus der Stadtchronik und anderen vorhandenen Quellen“, sagt Ursula Nachtigall und zählt Bücher von Paul Träger, Dennis Weiner, die Jessener Heimatkalender sowie Veröffentlichungen in der Presse auf. „Wir betreiben keine eigenen Recherchen in Archiven“, grenzt die AG-Leiterin den Umfang des Leistbaren ein.
Eingegrenzter Umfang
Auch beschränke man sich bei den Führungen auf die Jessener Innenstadt. „Damit die Strecke für Fußgänger zu bewältigen bleibt“, so die frühere Lehrerin. Was leider zur Folge habe, dass beispielsweise Fuhrmanns Eisenwerke in der Bahnhofstraße aus der Tour rausfallen.
Eine Stadtführung werde normalerweise von sechs oder sieben Jugendlichen der AG bestritten. Dass es zum Erlebniseinkauf nur vier waren - die an den Stationen der Tour nun gleich zwei oder drei der ausgearbeiteten Texte vortragen mussten, begründete Ursula Nachtigall mit den anstehenden Herbstferien.
Die Route führte vom Schloss, wo auch eine allgemeine Einführung in die Stadtentwicklung gegeben wurde, zur Nikolai-Kirche und an die Rote Schule. Hier war zudem etwas über den in Jessen geborenen Historiker Karl Lamprecht zu erfahren. Weiter ging es zum Kriegerdenkmal auf dem Markt und zum Fotoatelier Wimmer. Wegen der Weinreben an der Fassade, sagten die Stadtführer hier etwas über den Weinbau in Jessen. Letzte Station der Tour bildete die Fußgängerbrücke über die Schwarze Elster. Das Thema dort lautete: die Flussübergänge einst und heute.
Durch die Elsterstadt geleitet haben die Sekundarschüler der AG u.a. bereits Vertreter der Volksbank Elsterland, zwei Abordnungen der Bundeswehr aus Holzdorf, aber auch eine Besuchergruppe aus Magdeburg. Die jungen Stadtführer kann man buchen, zum Beispiel zu Klassen- oder Familientreffen. Interessenten sollten sich an die Stadtinfo im alten Rathaus halten.
Apropos Stadtinfo. Sie beteiligte sich erstmals unter städtischer Regie - bis Ende August wurde sie vom Regionalverein betrieben, an einem Erlebniseinkauf der Innenstadthändler. Andrea Arndt als nun für den Infopunkt Verantwortliche schenkte Bowle aus und wurde dabei von Martin Weiner unterstützt. Die alkoholfreie Bowle hieß „Erlebniseinkauf Spezial“, die prozentigen Drinks nannten sich „Jessener Herbstfeuer“ und „Jessener Schlossgeheimnis“.
Die beiden Stadtvertreter, die auch Jessen-Werbeprodukte feil hielten, schätzten ein, dass das Stadtmarketing recht aktiv sei. So habe man den Tag der Bundeswehr in Holzdorf mitgestaltet und den Tag der Sachsen in Torgau. Ebenso werde man beim Jessener Weihnachtsmarkt 2018 mit von der Partie sein.
Gleich 13 Leute hatte der Jessener „Wir“-Verein für den Erlebniseinkauf aufgeboten. Vorm und im alten Rathaus steuerten sie einen Imbiss, eine Bastelstrecke, das Kinderschminken und die Hüpfburg zum Gelingen der Veranstaltung bei.
Nur wenige Schritte weiter konnten die altersmäßig bunt gemischten Erlebniseinkäufer, die zu Dutzenden in ganzen Trauben durch die rausgeputzte Lange Straße flanierten und das besondere abendliche Ambiente genossen, ein Programm der Evangelischen Grundschule Holzdorf miterleben. Schüler der ersten - für sie war es eine Premiere, bis vierten Klasse machten mit Spielszenen und Gesängen deutlich, dass alle Menschen anders sind, aber dennoch gut miteinander auskommen können.
Unter der Leitung von Carola Liebe stellten die Akteure Eric, der ein paar Probleme mit dem Dividieren hat, und Matti gegenüber, dem Mathe leicht fällt, der aber nur mäßig Gedichte rezitieren kann und, anders als Eric, immer noch keine Schwimmstufe hat.
Im Laden und davor
Vor der Buchhandlung Fischer präsentierten sich die Dritt- und Viertklässler der Max-Lingner-Grundschule sowie die dortige Arbeitsgemeinschaft Chor und Tanz. Benita Junge führte mit den 25 bis 30 Kindern ein herbstliches Programm auf.
In der Buchhandlung gingen sechs Jugendliche der achten bis zehnten Klassen der Jessener Nordschule zu Werke. Sie gehören der Schultheater-AG „Ansichtssache“ an und erfreuten ihr Publikum mit zwei Loriot-Sketchen. Angeleitet von Deutsch- und Französisch-Lehrerin Edda Krüger, sie führt die AG, zu der insgesamt 15 Mädchen und Jungen der fünften bis zehnten Klasse gehören, seit deren Gründung, boten sie „Das Ei“ und „Feierabend“ dar.
Nur vier Mal hatten die Spieler Alexander, Pascal, Lilu und Isabel sowie die beiden Moderatorinnen Lara und Alana - sie treffen sich einmal pro Woche eine Stunde, dafür über können. Dennoch überzeugten sie mit den bekannten Ehezwistigkeiten um ein „zufällig“ vier Minuten gekochtes Ei und den Feierabend des Familienvaters, den dieser nach dem Dafürhalten seiner Frau nicht untätig verbringen sollte. Was sie auf die Palme brachte und ihn letztlich aus der Haut fahren ließ. (mz)



