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Energieversorgung mit 50Hertz Energieversorgung mit 50Hertz: "CompactLine" nimmt Formen an

Von Ute Otto 07.06.2018, 12:25
Die Portalmasten der Pilottrasse „CompactLine“ von 50Hertz bei Schweinitz müssen extremen Kräften standhalten.
Die Portalmasten der Pilottrasse „CompactLine“ von 50Hertz bei Schweinitz müssen extremen Kräften standhalten. Ute Otto

Schweinitz - Die fünf Masten der zwei Kilometer langen Pilottrasse „CompactLine“ des Stromnetzbetreibers 50Hertz bei Schweinitz stehen. Knapp ein halbes Jahr nach Baubeginn hat nun das Einziehen der Seile begonnen. Aus diesem Anlass hat das Unternehmen Presse und Kommunalpolitiker eingeladen, sich vor Ort über den Stand des Vorhabens zu informieren.

Mit der Pilotleitung soll die Praxistauglichkeit eines neuen Konzepts getestet werden, das auf niedrigere Masten und schmalere Trassen für 380-Kilovolt-Leitungen zielt. Statt der herkömmlichen Stahlgittermasten mit 50 bis 60 Metern Höhe hat die „CompactLine“ Stahltürme, 35 bis 38 Meter hoch. Über Leitern in der Röhre gelangen die Monteure zu den seitlichen Auslegern (Traversen).

Aus der Nähe betrachtet, wirkt ein solcher Turm wuchtig. Besonders wenn es sich um einen Abspannmast handelt, der immer dort steht, wo eine Leitung beginnt, abbiegt oder endet. Bei Schweinitz wurden an Anfang und Ende je zwei solcher Türme als Portal gesetzt. Das Fundament ist 4,50 Meter tief und misst acht mal 13 Meter.

„Ein Turm muss bis zu 200 Tonnen Zugkraft aushalten“, erklärt Baustellenleiter Peter Bahnemann. Er reicht jeweils ein Stück Trag- und Leiterseil an die Besucher, auf dass sie den Unterschied sehen.

Das Tragseil ist mit 26 Millimetern etwas stärker und deutlich schwerer als das Leiterseil. „Auf den Meter sind das 3,6 Kilogramm zu 1,4 Kilogramm beim Leiterseil“, so Bahnemann. Das Trägerseil werde mit etwa zwölf Tonnen Zugkraft verspannt. Daran werden die Leiterseile wie Gardinen in 20 Metern Abstand aufgehängt.

So hängen die stromführenden Seile weniger durch als bei herkömmlichen Stromleitungen und schwingen auch weniger. Trotz der niedrigeren Masten bleibe der vorgeschriebene Mindestabstand des Leiterseils zum Boden von zwölf Metern gewahrt, so der Bauleiter.

Etwa zum Jahresende soll die Pilottrasse von der 380-kV-Leitung Ragow-Förderstedt Strom aufnehmen und zum Umspannwerk Jessen-Nord transportieren. Dann beginnt für die Projektentwickler die Beobachtungsphase: Passen alle Komponenten zusammen; wie reagiert die Leitung auf Witterungseinflüsse; wie sind die Eigenschaften hinsichtlich elektrischer und Magnetischer Felder?

Auch wenn, wie der Leiter des Forschungsprojektes Bastian Bohm sagt, alles schon unter Laborbedingungen getestet worden sei: „Das heißt nicht, dass alles in Stein gemeißelt ist.“ Mit der Serienreife sei nicht vor 2021 zu rechnen.

Wieder im Boot sind auch die Forscher von „City Analytics“ aus Berlin. 2015 haben sie anhand von Computersimulationen die Akzeptanz dieser neuen Trassenform bei Bürgern, Umweltverbänden und Flächennutzern hinterfragt, und das an der Küste, in bergiger Landschaft und eben hier auf dem flachen Land. „Aber eine Computerdarstellung ist eben noch nicht die Realität“, sagt Mitarbeiterin Marie Bartels. In Schweinitz hat man nun den direkten Vergleich mit der herkömmlichen Stromleitung.

Deshalb werden die Einwohner aus Jessen und Umgebung am 22. Juni zu einem neuerlichen Workshop ins Jessener Schützenhaus eingeladen. Beginn ist 9.30 Uhr. Mit einem Fahrdienst geht es zum Ort des Geschehens. Nach dem Mittagessen sollen dann die Eindrücke und Erkenntnisse diskutiert werden. Ende der Veranstaltung ist gegen 15 Uhr. „Wir haben die, die schon 2015 teilgenommen haben, angesprochen“, so Marie Bartels. Anmeldungen seien noch möglich.

Edith Trojandt vom Heimatverein Klossa hat den Termin bereits im Kalender. „Bei uns gehen einige Stromleitungen vorbei, wir stecken mittendrin“, sagt sie. Bei der Besichtigung nutzte die Klossaerin die günstige Gelegenheit, bei 50Hertz um Unterstützung für den Heimatverein zu werben. (mz)

Edith Trojandt aus Klossa vergleicht die Stärke des Zugseils und des Leiterseils.
Edith Trojandt aus Klossa vergleicht die Stärke des Zugseils und des Leiterseils.
Otto