Der ewige Bürgermeister von Jessen: Der ewige Bürgermeister von Jessen: Verabschiedung von Dietmar Brettschneider

Jessen - Er ist massiv und sehr stabil und wohl etwa vier Zentner schwer. Auf dieses Gewicht bringt es der fürs Aufstellen im Freien geeignete Massivholztisch. Jessens Bürgermeister Dietmar Brettschneider (CDU) bekam ihn am Mittwochabend zum Abschluss des öffentlichen Teils der Stadtratssitzung von der Runde geschenkt. Den Anlass hierfür lieferte sein Ausscheiden aus dem Amt auf eigenen Wunsch zum Jahresende.

Vierundzwanzigeinhalb Jahre sei er der Kapitän auf der Brücke gewesen, würdigte Stadtratsvorsitzender Gunter Danneberg (CDU/FDP-Fraktion) die Leistungen Brettschneiders. Er verglich Jessen dabei mit einem Schiff, das im Laufe der Jahre schöner geworden sei und das auf seiner Fahrt eine ganze Reihe von Beibooten (Ortsteile) aufgenommen habe. Als größte Herausforderung auf der langen Tour benannte er 2002, als es hieß: „Alle Mann an Bord!“, um sich den Folgen des verheerenden Hochwassers entgegen zu stellen. Auch diese schwierige See wurde gemeistert. Und wenn das „Seefahrtsamt“ oder andere übergeordnete Dienststellen mal den Kurs des Stadtschiffes behinderten, dann sei der Kapitän zuweilen „vom Kuschel- zum Seebären geworden“. Wenn es ihm mal zu ruhig war, dann habe er für Bewegung im Schiff gesorgt und auch ab und an Nebelkerzen gezündet. „Der Kapitän geht von Bord“, sagte Gunter Danneberg und dankte ihm für seine Leistungen seit 1990.

Dietmar Brettschneider bekannte, dass er sich den anstehenden Kommandowechsel auf der Brücke etwas anders vorgestellt hatte. Die Wahl sei nicht in die von ihm gewünschte Richtung gelaufen. Nicht sein Sohn Frank stand am Abend des 9. November als Wahlsieger fest, sondern Einzelbewerber Michael Jahn, der ab 1. Januar das Schiff „Stadt Jessen“ auf Kurs halten wird.

Die Arbeit im Stadtrat in den vergangenen Jahren bewertete er kritisch. Statt um die Sache gehe es manchmal um Förmlichkeiten, meinte er. Dafür habe er kein Verständnis, ließ er deutlich werden. „Wenn der Schiffsverband dadurch auf der Stelle steht, halte ich das nicht für gut.“ In der Anfangszeit habe es neun Stadtratssitzungen im Jahr gegeben. Das wäre heutzutage nicht mehr möglich. „So viele Diskussionen, wie manche Fraktionen brauchen, kann man gar nicht führen.“ Die CDU/FDP-Fraktion (beziehungsweise in den vorherigen Legislaturperioden die Koalition aus beiden Parteien) sei mit ihm auch kritisch umgegangen, aber sie sei eine verlässliche Position gewesen, mit der er manches habe durchsetzen können.

In der nächsten Woche erfolgt die offizielle Verabschiedung des Bürgermeisters aus seinem Amt. Auch der Städtebund „Elbe-Elsteraue“, zu dessen Gründern Brettschneider gehört, kommt aus diesem Grund in Jessen zusammen.

Übrigens, einen Nachteil hat Dietmar Brettschneider an dem eingangs erwähnten Geschenk, dem Tisch, ausgemacht, wenn der bei ihm zu Hause im Garten steht. „Wenn ich da draufschlage, hört es ja keiner mehr.“ (mz)