Burgfest in Klöden Burgfest in Klöden: Ritterspiele wie im Mittelalter

Klöden/MZ - Die Fanfare ertönt auf dem Burghof in Klöden, edle Ritter, Burgfräulein, Mägde, Gesinde und Kinder werden aus ihren Träumen gerissen. Gähnend kriechen sie von ihren Matten. Der Vorabend war recht lang, am Lagerfeuer gab es viel zu erzählen. Bier, Wein, Met und andere Getränke schmeckten auch sehr lecker. Aber die Pflicht ruft, an diesem Samstag sind Kämpfe und eine Seeschlacht auf dem Riss angesagt.
Nach dem Waschen wird die Kluft angelegt. Zum Glück sind es recht arme Ritter, eine stählerne Rüstung kann sich keiner leisten. Sie anzulegen, würde Stunden dauern. Die Zeit fürs Frühstück ist reichlich bemessen. Unter beplanten Gerüsten schmeckte es allen. Im Korb loderte ein Feuer, es geht nicht aus an diesen Tagen.
Burggraf hat das Sagen
Das Sagen hat Burggraf Thomas. Auf sein Kommando müssen alle hören. Als Cheforganisator besitzt Thomas Rülicke aus Seehausen reichlich Erfahrung. Zum sechsten Mal finden die Rittertage auf der Burg Klöden statt. 46 Teilnehmer sind es diesmal. Ein echter Teilnehmerstamm hat sich gebildet. Ihm ist kein Weg zu weit, um ein entspanntes, erlebnisreiches Wochenende an der Elbe zu genießen.
Klöden gehört zu den ältesten Burgstellen in Sachsen-Anhalt. Entlang der Elbe gab es zwischen Dessau und Torgau 17 so genannte Burgward-Hauptorte. Sie waren Verwaltungs-, klerikale und wirtschaftliche Verwaltungssitze für Orte ringsum. So ist es in Schriften aus den Jahren 965 und 1004 überliefert. Die Burgen wurden vermutlich auf Veranlassung von Heinrich I. errichtet. Die Klödener Burg wurde fünf Mal vom Elbe-Hochwasser zerstört. Um 1566 erfolgte der Umbau zu einem Renaissance-Schloss. Es folgte ein barocker Anbau des Nordflügels.
Das Objekt hatte in jüngerer Vergangenheit mehrfach den Besitzer gewechselt. Seit 2005 gehört es dem Förderverein Burg Klöden, der sich unter Leitung von Thomas Petzold um den Erhalt bemüht. Ausstellungen erzählen über die wechselvolle Historie, so im Hexenmuseum. Um die Burg Klöden sollen im Mittelalter bis zu 30 der Hexerei bezichtigte Frauen verbrannt worden sein. (hdk)
Die weiteste Anreise aus Luzern in der Schweiz hat Burgfrau Jessica Wunder. In den Armen hält sie ihren Sohn Hagen. Mit einem Jahr ist er der jüngste Teilnehmer. Seine Schwester Hannah dagegen ist schon fünf. Sie war bereits beim ersten Mal dabei. Da war sie gerade acht Wochen. Mittlerweile ist sie zu einem schmucken Burgfräulein herangewachsen und trägt stolz ein Prinzessinnenkleid.
Jessica Wunder ist in Sachsen aufgewachsen und in die Schweiz gezogen. Dort arbeitet sie als Augenoptikerin. „Etwas Vergleichbares wie in Klöden kenne ich dort nicht. Deshalb lasse ich mir keines der Ritterspiele hier entgehen“, erklärt sie. Allerdings ist sie vorbelastet. Auch ihr Vater ist in Klöden dabei, als Medicus. Größere Einsätze hat er aber nicht. Die Teilnehmer verhalten sich beim Ritterturnier sehr rücksichtsvoll.
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Mit Zeremonienmeister
Dem Burggrafen Thomas direkt unterstellt ist Reichsritter Jürgen aus Rostock. Er fungiert zugleich als Zeremonienmeister.
Flugs spricht Thomas ein Machtwort: „Fertig machen zu den Ritterspielen!“ Stephan unterstreicht das lautstark mit Fanfarenklängen. Fünf Mannschaften werden ausgelost, mit farbigen Bändern gekennzeichnet und mit jeweils einer Flagge ausgestattet. Damit geht es hinunter auf die Wiese am Riss. Alle im Fußmarsch - außer Burggraf Thomas. Er wird standesgemäß per Sänfte von vier Frauen und zwei Männern getragen. Richtig bequem ist das aber nicht, die Sitzbank bestand aus nacktem Holz.
Auf dem Turnierplatz hat man verschiedene Stationen aufgebaut. Im Wechsel machen dort die Ritterrotten Station. Bunt gemischt, aus Frauen, Männern und Kindern rekrutiert. Die Disziplinen sind von jedem zu bewältigen und nach Zeit wird schon gar nicht gewetteifert. Eine klassische Disziplin ist das Bogenschießen an zwei Stationen. Mit sicherem Auge und ruhiger Hand trifft man die Scheibe aus Stroh, ansonsten bleibt der Pfeil im dahinter aufgespannten Teppich stecken. Felsen kullern und Stiefel schlenzen gehören ebenfalls dazu. Es sind ganz junge Felsen, die auch von Kindern ins Ziel geworfen werden können.
Großen Spaß gibt es an der so genannten Spinne, ein Holzgerüst mit festen Hoch- und beweglichen Querhölzern, die sechs Felder ergeben. Durch jedes muss ein Mannschaftsmitglied hindurch. In der untersten Etage ist das noch ganz einfach, da kann man flach durchgleiten, über die zweite Etage noch geschickt klettern. Aber dann wird es immer schwieriger. Die Teamkollegen packen zu und reichen den Körper des Betreffenden vorsichtig hindurch. Bloß keine der Stangen runterreißen, was null Punkte ergibt. Die „ganz leichten Fälle“ hebt man sich bis zum Schluss auf, Kinder und superschlanke Frauen sind für das oberste Feld am besten geeignet. Als Lohn gibt es an jeder Station „Edelsteine“. Welche Mannschaft die meisten gesammelt hat, wird Sieger des Turniers und am Abend zünftig geehrt.
Melonen für den Chef
Freude bereitet auch die Seeschlacht. Burggraf Thomas und Reichsritter Jürgen sitzen auf dem Floß und haben Appetit auf Melonen. Das Fußvolk soll sie ihnen mit Booten bringen. Aber der Seeweg dorthin ist beschwerlich und voller Tücken und so manche Besatzung nimmt unfreiwillig ein Bad.


