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Bundeswehr in Holzdorf Bundeswehr in Holzdorf: Seit 15 Jahren Frauen in der Truppe

Von Sven Gückel 01.01.2016, 15:45
Stefanie Daeges Arbeitsplatz ist die Luftwaffenkampfführungsanlage in Schönewalde, die zum Holzdorfer Einsatzführungsbereich 3 gehört. Hier erstellt sie neben anderem Luftlagebilder.
Stefanie Daeges Arbeitsplatz ist die Luftwaffenkampfführungsanlage in Schönewalde, die zum Holzdorfer Einsatzführungsbereich 3 gehört. Hier erstellt sie neben anderem Luftlagebilder. Sven Gückel Lizenz

Holzdorf - Dass Frauen regulär Dienst an der Waffe ausüben, war in der Bundeswehr bis zur letzten Jahrtausendwende keine Selbstverständlichkeit. Erst ein Gerichtsbeschluss öffnete dem weiblichen Geschlecht das Kasernentor. Was am 1. Januar 2001 von Skeptikern noch belächelt wurde, ist heute längst Normalität.

Anfangs die Einzige

Es gab Zeiten, da verspürte Stefanie Kluge ein gewisses Alleinstellungsmerkmal. Als die Wittenbergerin 2007 heimatnah an den Fliegerhorst Holzdorf versetzt wurde, war sie im Technikbereich der Lufttransportgruppe 64 Holzdorf die einzige Frau in Uniform.

Seit dem Jahre 2001 stehen alle militärischen Laufbahnen in den Streitkräften auch Frauen offen. Entschlossen sich zu der Zeit etwa 6 700 Frauen für den Dienst bei der Bundeswehr, so sind es aktuell etwa 19 .300. Diese teilen sich auf in 4 798 Offiziere, 7 133 Unteroffiziere mit Portepee, 3 482 Unteroffiziere ohne Portepee und 3 946 Soldatinnen mit Mannschaftsdienstgrad. Der Anteil der Berufs- und Zeitsoldatinnen beträgt gegenwärtig etwa zehn Prozent. Langfristig soll der Frauenanteil im Truppendienst 15 Prozent erreichen; im Sanitätsdienst werden 50 Prozent angestrebt.

Irritieren ließ sich die heute 35-Jährige davon aber nicht. Immerhin hatte sie zu diesem Zeitpunkt bereits vier Dienstjahre hinter sich, eine zweijährige Ausbildung zum Fluggerätemechaniker erfolgreich absolviert und am Flugplatz Wunstorf in Niedersachsen, Stationierungsort der Transportmaschinen vom Typ Transall, reichlich Erfahrungen gesammelt.

Dass die alleinerziehende Mutter im Fliegerhorst Holzdorf rasch Karriere macht und es innerhalb weniger Monate zur Hallenmeisterin und Teileinheitsführerin brachte, erschien deshalb logisch. Auch den Respekt ihrer männlichen Kollegen hatte sie sich zu dem Zeitpunkt längst erarbeitet.

Mittlerweile, so Stefanie Kluge, stellt Frauen in Uniform niemand mehr in Frage. Soldatinnen gehören mittlerweile wie selbstverständlich zur Bundeswehr. Sie steuern Jets, führen Einheiten und Verbände, laufen mit der Waffe im Anschlag Patrouille in Afghanistan oder warten und reparieren wie Stefanie Kluge Hubschrauber. Dennoch - in einer männerdominierten Welt, wie sie die Bundeswehr noch immer ist, bekommen Frauen leichten Gegenwind zu spüren. „Wie auch andernorts in der Gesellschaft müssen Frauen mitunter mehr leisten, um wahrgenommen zu werden“, betont sie. Ihren Weg konnte diese Hürde aber nicht beeinflussen. 2012 belohnte ihr Dienstherr die Fachkompetenz der jungen Frau und berief sie zur Berufssoldatin.

Neue Aufgaben

Zeitgleich fanden am Bundeswehrstandort Holzdorf erste Umstrukturierungen statt (die MZ berichtete mehrfach). Dem NH90 folgte der Transporthubschrauber CH-53 und damit einhergehend ein Arbeitsplatzwechsel für Stefanie Kluge. Statt direkt am Hubschrauber zu arbeiten, sitzt sie heute im Büro, erstellt Flugstundenjahresprogramme, organisiert das Beheben größerer Störungen an den Maschinen oder stellt Wartungsprogramme für die gegenwärtig 14 am Fliegerhorst stationierten Helikopter zusammen. „Zugegeben, die praktische Arbeit an den Maschinen fehlt mir schon. Unabhängig davon macht mir der Job aber Spaß und ich bereue keinen Augenblick, den ich mich für ein Leben in Uniform entschieden habe.“

Weitaus länger schlummert das „Bundeswehr-Gen“ in Stefanie Daege. Der Bruder der 28-Jährigen, die in Waren (Müritz) aufwuchs und heute in Berlin lebt, ist Heeresflieger. Er entfachte mit seinem Job ein unstillbares Feuer im Herzen seiner jüngeren Schwester. Anders als ihren Bruder zog es sie aber von Beginn an zur Luftwaffe. „Der Einsatzführungsdienst faszinierte mich schon immer“, sagt sie. Frühzeitig nach dem Abitur suchte sie deshalb den direkten Weg zur Bundeswehr, besuchte ein Jahr in Fürstenfeldbrück die Offiziersschule, von wo aus sie ihr nächster Weg nach Schönewalde führte.

Seit 2013 arbeitet Stefanie Daege im Luftwaffenführungsbunker des Einsatzführungsbereiches 3. Nach erfolgreichem Absolvieren von Lehrgängen, an deren Ende das Erreichen der Jagd- sowie der Luftlagelizenz standen, erstellt sie als Crewführer heute Luftlagebilder, mit denen die Controller am Bildschirm arbeiten und Kontakt zu den Flugzeugen halten. „Die Kommunikation mit den Piloten oder die Koordination der Luftlage mit anderen Nato-Partnern sind unglaublich spannend und fordernd. Doch genau das macht den Reiz dieser Arbeit aus“, schwärmt sie. Dass Stefanie Daege ihr soldatisches Handwerk auch außerhalb des Kontrollraumes versteht, beweist sie mit der Übernahme zusätzlicher Aufgaben.

Seit Wochen bereitet sie die für den 12. Januar 2016 angesetzte Kommandoübergabe ihres Kommandeurs Oberst Franz Sauerborn an dessen Nachfolger Oberstleutnant Mario Herzer vor. Darüber hinaus plant sie, ihre Erfahrungen als Jugendoffizier in der Nachwuchsarbeit der Bundeswehr einzubringen.

Eltern tragen Entscheidung mit

„Dass beide Kinder eines Tages den Weg zum Militär finden, damit hatten unsere Eltern sicher nicht gerechnet. Aber sie unterstützen uns und tragen unsere Entscheidungen uneingeschränkt mit“, verdeutlicht Daege. Was auch einen Auslandseinsatz einschließt, dem Stefanie Daege offen gegenübersteht.

Genau diese Hilfe gibt ihr den nötigen Vorschub, um ein weiteres Ziel zu erreichen: Bis 2020 hofft sie, Berufssoldat zu sein. Für den notwendigen Eigenanteil, sehr gute Beurteilungen ihrer Vorgesetzten, sorgt sie bereits selbst.