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Bundeswehr in Afghanistan Bundeswehr in Afghanistan: Vor Dienstantritt ein Sonderprogramm

Von Sven Gückel 28.08.2013, 19:18
Für Fluglotsen wie Andreas E. stellt der Einsatz in Afghanistan eine besondere Herausforderung dar.
Für Fluglotsen wie Andreas E. stellt der Einsatz in Afghanistan eine besondere Herausforderung dar. S. Gückel Lizenz

Holzdorf/MZ - Was tut man nicht alles für ein interessantes Bild. Man stellt sich den Wecker auf nachts um eins, um auf dem Flugfeld des Camp Marmal in Afghanistan zu stehen. Angekündigt wurde Pressefotografen eine russische Antonow, die deutsches Gerät in die Türkei zur weiteren Rückverlegung nach Deutschland bringen soll. Panzer werden in den Rumpf der AN 124 rollen, so die Ansage der betreuenden Offiziere. Auf dem Rollfeld angekommen mussten wir feststellen, dass nicht deutsches Kriegsgerät, sondern das der Ungarn verladen wurde. Deprimiert in der Unterkunft zurück, stellte ich die Uhr jetzt auf kurz vor sechs. Zweiter Versuch. Dieses Mal soll der Ernstfall anstehen. Die Maschine passte, die zu verladende Fracht war deutsch, nur der Panzer streikte. Einziger Trost an der Geschichte: mit knapp 25 Grad Celsius sind die Nächte in Afghanistan angenehm warm. Zumindest frieren mussten wir nicht.

Erfreulicher waren dafür die nachfolgenden Termine. Intensive Gespräche mit Piloten und Technikern von Hubschraubern der Typen NH90, CH-53 und Tiger warteten auf mich. Etliche Soldaten waren mir aus Holzdorf bestens bekannt. Die Freude über das Wiedersehen war deshalb auf beiden Seiten groß. Aufgabe der Maschinen ist das Begleiten von Militärkonvois, vorrangig aber das Absichern einer medizinischen Rettungskette. Gemeinsam im Wechsel mit den Schweden garantieren die Deutschen, dass verletzte oder verwundete Soldaten so schnell wie möglich medizinisch versorgt werden können. Die dafür notwendigen Szenarien trainieren die Bundeswehrsoldaten seit vielen Jahren. Sie gehören weltweit zu den Besten ihres Fachs. Ihren am Boden agierenden Kameraden verspricht das Sicherheit.

Später am Nachmittag hatte ich mich auf dem Tower mit Hauptmann Andreas E. verabredet. Der 32-Jährige versieht außerhalb Afghanistans seinen Dienst auf dem Tower des Flugplatzes Holzdorf. Nein, mit dort sei die Arbeit im Einsatzland keineswegs zu vergleichen, betont er. Allein im vergangenen Monat registrierte man in Mazar-e Sharif 11 500 Starts- und Landungen. Etwa so viele wie der Flughafen Nürnberg aufzuweisen hat. Lotsen, die dieses Pensum bewältigen wollen, müssen ihr Handwerk beherrschen. „Sie sind die Besten der Branche“, sagt E.s Vorgesetzter. Wer hier arbeiten will, muss zudem erst eine Prüfung absolvieren. Das ist so üblich beim Neueinstieg auf einem Tower, erläutert mir Andreas E. Jedoch: Etliche Anwärter bestehen diesen Test nicht und müssen deshalb die Heimreise früher als geplant antreten. Sicherheit geht vor. Die wohl größte Schwierigkeit am Platz ist die Vielfalt der Maschinen. Afghanische Airlines und Militärflugzeuge melden sich bei den Lotsen ebenso an und ab wie zivile Frachtmaschinen, die im Minutentakt einfliegen, um die ISAF-Truppe mit notwendigen Gütern zu versorgen. Um sich auf die für Militärlotsen ungewohnte Belastung einstellen zu können, absolvieren die Soldaten vor ihrem Dienstantritt in Afghanistan ein Sonderprogramm. Auf den Bildschirmen finden sie dann genau die Situationen wieder, wie sie sich in Mazar-e Sharif darstellen. „Eine echte Hilfe“, blickt E. zurück, für den es bereits der dritte Einsatz am Hindukusch ist. Neben ihrer eigentlichen Arbeit bilden die Lotsen aber auch Afghanen aus, die sich künftig dem Projekt ohne Hilfe stellen müssen. Derzeit ist die Gewährleistung der Flugsicherheit von Seiten des Towers noch in deutscher Hand.

Auf grünes Licht vom Tower hoffe ich auch, wenn die Reise nach Kabul weitergeht. Hier wartet ein Holzdorfer Kommandeur auf mich.

Als freier Journalist besucht Sven Gückel für einen längeren Zeitraum Afghanistan, um von dort über die Entwicklung des Landes, seine Menschen, aber auch die hier arbeitenden Soldaten zu berichten.