Buchpräsentation Buchpräsentation: Annaburger Heimatverein stellt Buch vor

Annaburg/MZ - So war das eigentlich nicht gedacht. Als sich Werner Hahn und Herbert Geissler daran machten, ihre Erinnerungen über die Landwirtschaft aufzuschreiben, waren sie für ihre Familien bestimmt. Doch nun liegen sie gedruckt vor, auf immerhin 131 Seiten. Erschienen sind sie in der Schriftenreihe „Annaburger Hefte“ des Vereins für Heimatgeschichte und Denkmalpflege. Heft drei trägt den Titel „Zur Geschichte der Landwirtschaft in und um Annaburg von 1945 bis 2010“.
Ein langer Weg
Im Verein sei seit dem Jahre 2010 bekannt, dass sich die beiden Männer intensiv diesem Thema widmen. „Das stieß bei uns auf großes Interesse“, sagte Vereinsvorsitzender Wolfgang Donath während der öffentlichen Präsentation der Neuerscheinung im Amtshaus. Er und seine Mitstreiter freuen sich darüber, dass es gelungen ist, diese Erinnerungen nun einem größeren Interessentenkreis zugänglich zu machen. Der Weg von der Idee der Buchherausgabe bis zu deren Verwirklichung war ein langer, räumte Donath ein. Das Beschaffen der Finanzen habe viel Zeit in Anspruch genommen. Doch dank der Unterstützung der Stadt Annaburg („Durch sie ist das erst möglich geworden.“) und mit der Hilfe mehrerer anderer Förderer konnte das anspruchsvolle Projekt umgesetzt werden.
Herbert Geissler, der seit langem in Annaburg lebt, wurde 1928 in Rascha im Sudetenland geboren. Er ist staatlich geprüfter Landwirt, hat viele Jahre als Agronom und Ökonom in der LPG Pflanzenproduktion Groß Naundorf gearbeitet.
Werner Hahn, ebenfalls in Annaburg zu Hause, stammt aus Altwohlau in Schlesien. Dort wurde er 1940 geboren. Der Diplom-Landwirt war Vorsitzender der LPG „Freundschaft“ Annaburg sowie der LPG Pflanzenproduktion „IX. Parteitag“ Groß Naundorf, Leiter der Agrar-Industrie-Vereinigung Jessen und Vorstandsvorsitzender der Eigentümergemeinschaft „Heideck“ Groß Naundorf.
Dass sie sich dazu entschlossen, ihre Erinnerungen aufzuschreiben, ihr Leben Revue passieren zu lassen und etliche Dokumente auswerteten, begründeten Werner Hahn und Herbert Geissler so: „Zur Landwirtschaft der Jahre nach 1945 bis heute gibt es nur wenige Notizen, obwohl diese Zeit aufregend und spannend war und den in der Landwirtschaft Tätigen viel abverlangte. Um nichts in Vergessenheit geraten zu lassen, haben wir uns entschlossen, unsere Erinnerungen, Erzähltes, Gehörtes und Gelesenes zu Papier zu bringen, um diesen Teil der Annaburger Geschichte Interessierten und künftigen Generationen verständlich zu machen.“ Und vor dem Vergessen zu bewahren. Etwa die Ereignisse der Bodenreform, für die bereits wenige Monate nach dem Zweiten Weltkrieg die Weichen gestellt wurden. In der Lesung erinnerte man daran mit folgender Passage: „Enteignet wurden alle Betriebe über 100 Hektar Landwirtschaftliche Nutzfläche (LN) und alle Nazi- und Kriegsverbrecher. Im Kreis Jessen waren das elf Betriebe mit insgesamt 2 374 Hektar LN. In Annaburg wurde das Gut Gertrudshof, Eigentümer Mühlenbesitzer und Landwirt Paul Pohlitz, mit ca. 105 Hektar enteignet. Die örtliche Bodenkommission verteilte das Land an Umsiedler, Landarbeiter und landarme Bauern. Außerdem wurde im Ziegendickicht Wald gerodet und urbar gemacht und im Zuge der Bodenreform mit verteilt.“
Mit „intensivem Druck“
Dass die Sicht auf die Jahrzehnte und ihre Bewertung unterschiedlich ausfallen, verdeutlichte Annaburgs Bürgermeister Erich Schmidt (SPD). Das verwendete Wort Werbung im Zusammenhang mit den LPG-Gründungen spiegele nicht die damalige Situation wider. „Das war schon intensiver Druck“, äußerte er und berichtete aus eigenem Erleben.
Die Buch-Kapitel widmen sich der Landwirtschaft bis 1952, der LPG „Freundschaft“ Annaburg 1952 bis 1968, der Melioration, der Kooperation der Genossenschaften, der Agrar-Industrie-Vereinigung (einzige im Bezirk Cottbus), dem Umbruchprozess nach der Wende und den Folgen. „Unsere Aufzeichnungen“, so erklären die beiden Autoren, erheben nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Sie bleiben bruchstückhaft, aber wir berichten nach bestem Wissen und Gewissen.“ Werner Hahn merkte noch an: „Wir haben es geschrieben aus unserer Sicht.“ Und er stellte für seine Generation auch fest, dass jene, die in der DDR Landwirtschaft aufbauten, sie häufig auch abwickeln mussten.
Dass Hahn und Geissler ihre Erinnerungen öffentlich machen, findet Lob, wie neben anderen Purziens Ortsbürgermeisterin Jutta Göttert, Heimatkalender-Redakteur Lothar Günther und der Vorstandsvorsitzende vom Landgut „Elbeland“ Axien, Gerhard Böhme, in der Aussprache zum Buch erklärten. „Es ist gut, dass jemand so etwas aufschreibt“, so Jutta Göttert.
Das „Annaburger Heft“ mit dem Titel „Zur Geschichte der Landwirtschaft in und um Annaburg von 1945 bis 2010“ wird zum Preis von 22,50 Euro zu den üblichen Öffnungszeiten in der Stadtbibliothek Annaburg im Amtshaus am Markt verkauft.