Aufruf in Jessen Aufruf in Jessen: Nachbarn helfen einander

Jessen - „Die Bundeskanzlerin ruft zu Solidarität und Mitmenschlichkeit im Rahmen der Coronakrise auf“, schreibt die Jessenerin Petra Stelter in einer Mail an die Redaktion. Sie hat sich daher Gedanken gemacht, wie sie in dieser Situation helfen kann.
„Es gibt zwar zu Hause genügend zu tun, aber insgesamt hat man ja doch mehr Zeit infolge der Beschränkungen“, begründet sie auf Nachfrage.
Sie hatte die Idee, sich als Vermittlerin anzubieten, zwischen Menschen, die auf Unterstützung angewiesen sind und solchen, die bereit sind, ehrenamtlich zu helfen. Die Betonung liegt auf „ehrenamtlich“, denn es soll natürlich niemand ein Geschäft daraus machen. Das hätte schließlich mit Nachbarschaftshilfe dann nicht viel zu tun.
Ehrenamtlich und freiwillig
Einige Anregungen insbesondere zum Prozedere hat die Jessenerin der Webseite der baden-württembergischen Stadt Reutlingen entnommen, wo ihre Tochter wohnt.
Dort ist eine Einkaufshilfe über die Stabsstelle Bürgerengagement sogar kommunal organisiert. Von daher sind auch die Leitlinien beeinflusst, die Petra Stelter für ihre Vermittlung aufstellte.
„Die Hilfe geschieht ehrenamtlich und freiwillig, jeder haftet für sich selbst“, erklärt sie der MZ am Telefon. Die Daten, die sie von den Hilfesuchenden und den Helfern erhält, würden gelöscht, sobald sie für genau diesen Zweck nicht mehr benötigt werden, verspricht sie.
Das heißt zum Beispiel, sobald Helfer und Hilfesuchender in Kontakt stehen und der stabil bleibt, würde Petra Stelter die Daten löschen. „Auch um mich zu entlasten.“ Genauso sollen die beiden Partner unter sich ausmachen, ob der Einkauf bei Lieferung bezahlt wird oder das Geld im Vorfeld übergeben wird. Nach dem Vorbild andernorts könnte eine Fahrkostenentschädigung von höchstens zwei Euro pro Tour vereinbart werden. Muss aber nicht, so die Jessenerin.
Die Jessener Stadtratsfraktion „Wir für hier“ ist bereits aktiv. Michael Thieme und Tino Baumgart arbeiten mit dem örtlichen Rewe-Markt zusammen und bieten bereits eine Einkaufshilfe an.
Bedürfnis zu helfen
Und so funktioniert es: Wer fit ist und via Internet im Onlineshop bestellen kann, tut dies und meldet sich bei Michael Thieme und Tino Baumgart, um mit ihnen abzusprechen, dass sie die Einkäufe nach Hause bringen. Alternativ kann auch schon die Bestellung über die beiden telefonisch abgewickelt werden.
Die geben sie dann an Friedrich Jähnels Onlineshop weiter, der die Bestellungen abarbeitet und sie wiederum an die Helfer weitergibt.
Kosten für die Lieferung entstehen selbstverständlich nicht - es ist ein ehrenamtliches Angebot. „Wenn Leute in Not sind und ich ihnen helfen kann, dann helfe ich. Das ist mir ein persönliches Bedürfnis“, erklärt Thieme der MZ auf telefonische Nachfrage.
Dieses Angebot, so Thieme weiter, richtet sich an diejenigen, die sich in Quarantäne befinden, kranke Menschen und damit auch insbesondere an die, die der Risikogruppe angehören. Wenn diese Leute keine Angehörigen oder Freunde haben, die sie unterstützen können, sind Thieme, Baumgart und auch andere für sie da.
Auch Handballverein unterstützt
Denn: „15 Mädels und Jungs des Jessener Handballvereins haben sich bereiterklärt, mitzuhelfen“, sagt Thieme, der auch Trainer der A-Jugend im Jessener SV 53 ist.
Auch der SV Annaburg engagiert sich derzeit ehrenamtlich, und zwar für den Schutz der Kunden und Angestellten im Edeka Markt Höhne in Annaburg. Markt-Chef Roland Höhne, der Sponsor beim SV Annaburg ist, hat sich kürzlich dazu entschieden, dass lediglich 50 Menschen gleichzeitig einkaufen gehen können.
So soll die Gefahr der Ansteckung mit dem Coronavirus minimiert werden. Überprüft wird dies, indem jeder Kunde einen Einkaufswagen nehmen muss - 50 stehen zur Verfügung.
Dass dies auch reibungslos funktioniert, dafür sorgt nun der Vorstand des SV Annaburg. „Die sind wie ein Ordnungsdienst“, erklärt Horst Krüger, der Ehrenpräsident des Vereins.
Einkaufskörbe desinfizieren und für Sicherheit sorgen, sei ihre Aufgabe. Vor allem in Stoßzeiten, so Krüger, sollen so die Mitarbeiter entlastet werden. Und zwar, „so lange wie Roland Höhne unsere Hilfe braucht.“
Dieses Engagement des neu gewählten Vorstandes zeige auch, wie wichtig der Verein für Annaburg ist. Darüber hinaus wünscht sich Horst Krüger generell mehr Zusammenhalt in ganz Annaburg.
››Interessierte melden sich bei Petra Stelter montags oder donnerstags in der Zeit von 9 bis 11 Uhr unter Telefon 03537/21 51 77 oder per Mail [email protected].
››Wer die Hilfe von Michael Thieme und Tino Baumgart benötigt, meldet sich unter 0172/1 51 58 48 (Thieme) oder 0173/6 81 46 34 (Baumgart).
(mz)