Annaburg Annaburg: Detlef Seidel alter neuer Schützenkönig

Annaburg - Kaum ein Durchkommen vor der Bühne im „Goldenen Ring“. Jeder möchte dem gerade proklamierten Schützenkönig 2015 die Hand schütteln. Manche ihn auch kräftig drücken. Detlef Seidel beweist damit sportliche Qualifikation und Kontinuität. Wenngleich bei dem einen Königsschuss auf die entsprechende Scheibe stets ein bisschen Glück im Spiel ist. Erneut konnten Vorjahressieger und aktueller Schützenkönig ihre Insignien tauschen. Sowohl die Schützenketten der Könige als auch die von erstem und zweitem Ritter werden jeweils vom „Verlierer“ an den aktuellen Inhaber überreicht. Vor einem Jahr hatte Maret Hentschel Seidel ihm die Königswürde abgenommen. Nun holt er sie sich wieder.
Die Proklamation des aktuellen Schützenkönigs ist der Abschluss des offiziellen Teils beim Schützenball des Annaburger Bürgerschützenvereins 1890. Bis dahin hatte Vereinsvorsitzender Dietmar Hinz die Sache spannend gestaltet. Denn die Proklamation des Königs war zwar der Höhepunkt des Abends - vor dem gemütlichen Teil freilich - aber nur ein Teil. Denn es gab noch einen triftigen Anlass zum Feiern. Es wurde nicht nur das 24. Schützenfest zelebriert, sondern auch die Gründung des Vereins vor 125 Jahren. „Aug’ und Hand fürs Vaterland war nicht der einzige Leitgedanke“, meinte Dietmar Hinz in seiner Festrede. „Schon damals war der Schützenverein fester Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens der Kommunen.“ Hinz erwähnte die Leiden, die zwei Weltkriege seither über die Menschen brachten, und erinnerte an die Anfangszeiten nach 1945. Damals standen sich im Ergebnis des Krieges zwei deutsche Staaten als Gegner gegenüber. Während im Westen die Schützentradition schon 1956 wieder weitergeführt werden konnte, waren in der DDR Schützenbruderschaften „als militaristische Vereinigungen verboten“. Nach der friedlichen Revolution in der DDR konnten auch hier erneut Schützenvereine gegründet werden. Und er selbst, so Hinz, sei erstaunt gewesen, „als mir meine Frau Gabi mitteilte, dass in Annaburg wieder ein Schützenverein gegründet werden solle“. Wolfgang Donath, Detlef Schulze und Erich Schmidt erwähnte er als Initiatoren der Neugründung 1991. Erster Vorsitzender damals war Rudolf Bleistein (bis 2000).
Hoffnung vor Augen geführt
Für Peter Lichtenauer, den Vorsitzenden (dort genannt „Brudermeister“) der „St. Hubertus Schützenbruderschaft“ Kaunitz war dies ein Anlass, mit einer größeren Delegation wieder in die Annaburger Heide zu kommen. Zwei seiner Vereinskollegen, so erwähnte er unter Beifall, haben die 400 Kilometer aus Nordrhein-Westfalen sogar per Rad bewältigt - binnen zweier Tage. Die Fahrt durch die ehemalige Grenzstelle Marienborn habe ihnen erneut die Hoffnung vor Augen geführt, „dass nie wieder eine Grenze existieren möge“.
„125 Jahre, das ist eine stolze Zeit“, meinte dann Vereinsehrenmitglied Rainer Ullrich. Als ehemaliger Annaburger Fußballpräsident zog er Parallelen: „Als Fußballer kommen wir da nicht ganz ran. Wir haben 2012 unsere 100 Jahre gefeiert“, meinte er. Ullrich überreichte Dietmar Hinz eine Zuwendung von 300 Euro. „Das war eine Steilvorlage, da komme ich nicht ran, ich komme schließlich von der Stadt“, scherzte dann Bürgermeister Klaus-Rüdiger Neubauer (parteilos) über die Spendensumme. Dennoch hatte auch er einen Umschlag für den Verein mitgebracht. (mz)