1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Jessen
  6. >
  7. Abwasser Annaburg: Abwasser Annaburg: Kein anrüchiger Job im Klärwerk auch wenn's riecht

Abwasser Annaburg Abwasser Annaburg: Kein anrüchiger Job im Klärwerk auch wenn's riecht

Von Ute Otto 26.02.2020, 12:28
Klärwerker Arne Jakob erklärt den Ausschussmitgliedern, wie der Sandfang funktioniert und warum dieser saniert werden muss.
Klärwerker Arne Jakob erklärt den Ausschussmitgliedern, wie der Sandfang funktioniert und warum dieser saniert werden muss. Ute Otto

Annaburg - „Treten sie ein, wir haben heute schon gelüftet.“ So begrüßte jüngst Arne Jakob, Hauptklärwerker bei der Mitteldeutschen Wasserversorgungs GmbH, die Mitglieder vom Betriebsausschuss des Annaburger Stadtrates.

Weil es im nichtöffentlichen Teil der Sitzung um Vergaben von Leistungen zur Sanierung der Sandfanganlage ging, hatte Stephan Mehlis, Leiter der Städtischen Betriebe, das Annaburger Klärwerk als Tagungsort vorgeschlagen.

„Es ist für die Stadträte sicher auch einmal interessant zu sehen, wie die Abwasserbehandlung funktioniert“, so Mehlis.

Das Klärwerk gehört der Stadt, seit 2015 ist aber die Midewa mit der technischen Betriebsführung beauftragt. „Wir sind zufrieden“, bescheinigte Bürgermeister Klaus-Rüdiger Neubauer (parteilos) dem Dienstleister.

165.000 Kubikmeter Abwasser werden hier jährlich behandelt - Tendenz rückläufig. In den Jahren zuvor seien es bis 179.000 Kubikmeter gewesen.

Was nicht durchs Sieb fällt

Die mechanische Vorreinigung ist die erste Station der Klärwerksbesichtigung. Alles, was in den Haushalten heruntergespült wird, kommt hier an - aus dem Annaburger Kanalnetz und dem, was aus den Sickergruben abgeholt wird. Da hilft kein Lüften, es riecht streng.

Durch Roste mit zwei Millimetern Spaltenbreite werden die groben Stoffe herausgefiltert und per Schnecke in eine Abfalltonne befördert. Die unglaublichsten Dinge hat der Klärwerker da schon gesehen. „Wenn die Bürger das selber aus ihrem Abwasser rausfiltern müssten, würden sie mehr darauf achten, was sie da wegspülen“, ist sich Arne Jakob sicher. 1,5 Tonnen Feststoffe fallen pro Woche an.

„Im vergangenen Jahr war hier der Rechen kaputt, das war eine sehr aufwendige Reparatur“, berichtet Marco Hahn, bei der Midewa verantwortlicher Leiter für Dienstleistungsprojekte.

Die zweite Station der Vorreinigung ist der Sandfang. Das Abwasser durchläuft hier ein langes Becken mit zwei Rinnen. In einer wird Sand, in der anderen das Fett abgefangen. Das Becken, 4,50 Meter tief, soll ab April saniert werden. „Die Fliesen sind marode.

Das Abwasser greift den Beton an“, so Hahn. Das gesamte Bauwerk soll erneuert werden. Nach der mechanischen Reinigung wird dem Abwasser Eisen-III-Chlorid zugesetzt. Es bindet Schwefelwasserstoffe und befördert als Flocker die Phosphatfällung.

„In Großstadt-Anlagen gibt es Verfahren zur Rückgewinnung der Phosphate, sie werden in Säcken als Dünger verkauft oder gehen in die Waschmittelindustrie“, war von Hahn zu erfahren. Hier lohne sich das nicht, die Phosphate werden mit dem Klärschlamm entsorgt.

Im Rund des nachfolgenden Belebungsbeckens wird die Brühe ständig bewegt, „sonst würde sich der Schlamm absetzen und sofort faulen“, so Arne Jakob. „Das versetzt die Mikroorganismen in Stress, sie geraten unter Atemnot und sie produzieren aktiv Sauerstoff“, veranschaulicht der Hauptklärwerker.

Neben der Wartung des Belüfters muss laut Hahn auch der Beckenboden in größeren Abständen gereinigt werden. Die Midewa setzt dafür Industrietaucher ein. Diese Dienstleistung sei zwar teuer, „aber es ist immer noch günstiger, als das Becken komplett ablassen zu müssen“, sagt Marco Hahn.

Ab dem Belebungsbecken rieche das Abwasser schon ganz anders, „mehr nach frischer Blumenerde“. Eine gute Nase ist für einen Klärwerker von Vorteil. „Sobald es nicht riecht, wie es soll, fängt man schon an, im Labor nach der Ursache zu suchen.“

Im Nachklärbecken, ebenfalls rund, dreht sich ein Räumer ganz langsam. Hier werden Partikel von Feststoffen und Phosphaten ausgeräumt und in den Sandfang zurück befördert. Das geklärte Wasser fließt durch das Gefälle in den Graben hinter dem Klärwerk, zuvor checkt Arne Jakob im Analyseraum, ob die Parameter stimmen.

Wohin mit dem Schlamm?

Als Hauptklärwerker überwacht er den Betrieb des Klärwerks und des Annaburger Abwassersystems. Ihm zur Seite steht vor Ort ein Elektriker. Beim Bereitschaftsdienst und im Fall von Havarien bekommt er Unterstützung von Kollegen der Bitterfelder Midewa-Niederlassung.

Ein Problem bringt Marco Hahn nach der Besichtigung noch zur Sprache: die Klärschlammentsorgung. Wegen der strengen Düngemittelverordnung ist die Abgabe an die Landwirtschaft keine Option mehr.

Die Midewa lässt den Klärschlamm in Lippendorf verbrennen. „Es wird für die Verbände immer schwieriger, in den Verbrennungsanlagen Kapazitäten zu bekommen. Die Preise steigen stetig.“ Derzeit lägen sie bei 100 Euro je Kubikmeter.

(mz)