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«Ab 60 fängt das Leben erst an»

Von H.-Dieter Kunze 04.04.2005, 16:23

Dixförda/MZ. - Es gibt Menschen, die passen einfach in kein Schema. Eine davon war am Sonntag im Kunsthaus Europa in Dixförda zu Gast - die Berliner Malerin Ursula Peters. Sie stellte dort einen Teil ihrer Werke aus.

70 Jahre alt ist sie. "Ich fühle und denke aber wie eine 50-Jährige. Nur in den Spiegel schauen mag ich nicht. Dann sehe ich, dass ich doch schon so alt bin", meinte sie lachend. Ursula Peters ist gebürtige Hamburgerin, am Dialekt unschwer zu erkennen. Sie ist eine Frau, die das Leben leicht nimmt. Sie spricht ohne Hemmungen über alles: "Vor allem wir Frauen werden doch heute locker 100 Jahre alt. Spaß am Sex kann man auch noch mit 90 haben. Mit 60 fängt das Leben erst richtig an." Wichtig für sie ist es, auch im Alter kreativ zu bleiben.

Sie bevorzugt Malereien auf dunklem Papier. "Weiß ist viel zu aufdringlich, ein schwarzer Untergrund dagegen tiefgründiger", beschreibt sie ihren Stil. Für Ursula Peters ist scheinbar nichts zu ausgefallen. So druckte sie philosophische Sätze auf Teebeutelpapier. Ein Exemplar des löchrigen Materials im Großformat hatte sie dabei.

"Bin ich eigentlich eine Malerin", stellte sie als Frage in den Raum. Und beantwortete sie gleich selbst: "Eigentlich nicht. Ich bin mehr eine Multi-Media-Künstlerin."

Die Berliner Hamburgerin engagiert sich auch politisch. Feuerperformance, Anti-Atom-Plakate und Shows, das sind ihre Welten. Sie gehörte der Initiative "Volksbegehren Bankenskandal" in Berlin an. Zu den ausgestellten Werken in Dixförda zählten Poster mit der Ankündigung von Konzerten, beispielsweise von Jimmy Hendrix, Led Zeppelin, The Band oder The Greatful Dead. Dafür zahlen Sammler immerhin bis zu 700 Dollar. "Na und, was soll ich mit dem Geld", meinte die Künstlerin.

14 Jahre lebte Ursula Peters mit ihrem Mann in den USA. New York, der reiche mittlere Westen und San Francisco waren Stationen des künstlerischen Schaffens. "Wir erhielten die ,Greencard', weil wir kurzfristig mal Millionäre waren. Wir haben richtig Geld geschaufelt und es anschließend wieder aus dem Fenster geschaufelt. Bis wir Pleite waren. Das dauerte nur vier Jahre". Heute kann sie darüber lachen. "Na und? Unser Haus stand allen offen. Gäste aus Deutschland, die wir zumeist gar nicht kannten, gaben sich in unserem Haus in den USA die Klinke in die Hand", erinnert sich Ursula Peters.

Über sich selbst sagt sie, dass sie Geld hasst, das Geld aber auch sie. Gold hält die Berlinerin übrigens für das überflüssigste Metall, dass ein Mensch nicht wirklich brauche. Bekannt wurde Ursula Peters auch über den Kulturfernsehsender Arte. Sie spielte dort in der fünfteiligen Serie "Golden Girls" als Mitglied einer Wohngemeinschaft mit.

Zu ihrer Tochter ziehen? Das kommt für die Künstlerin nicht in Frage. Und ihr größter Horror wäre, im Altersheim zu landen. "Ich bin mit Gleichaltrigen befreundet, wir bauen uns gegenseitig auf. Am schlimmsten für mich ist, wenn junge Leute in der U-Bahn aufstehen und mir ihren Platz anbieten. Das verkrafte ich einfach nicht."