Wie ein einsamer Rufer in der Wüste
Wippra/MZ. - So wie die Trennwand zwischen Bürgermeister Alfred Wüstemann und den 50 Wippraern fühlbar war, schwang auch die Antwort auf diese schicksalträchtige Frage im Raum und die hieß am Donnerstagabend eindeutig: Nein! Nein, Wippra soll nicht Stadtteil von Sangerhausen werden, obwohl es so direkt niemand im Saal formulierte.
Seine Ausführungen sollten logisch hin zu dem Gedanken führen, dass Wippra gar keine andere Wahl bleibt als sich einem großen, starken Partner anzuschließen. Deshalb ging Bürgermeister Wüstemann ganz weit zurück in der Ortspolitik. Um die Fassadenerneuerung in Wippra ging es, die zu hundert Prozent ausgeschöpft wurde. Ausführlich ging der Bürgermeister auf den Plan ein, das Freibad sanieren und ein "Haus des Gastes" zu bauen. Für beide Projekte hätte Wippra eine Gegenfinanzierung von insgesamt 1,9 Millionen Mark aufbringen müssen. Wüstemann: "Da hätten wir uns in eine Situation manövriert, aus der wir uns nicht mehr hätten retten können." Und so ist das Freibad Wippras immer noch im alten Zustand, wird in jedem Jahr ein bisschen repariert und bekommt sechs Mal im Jahr frisches Wipperwasser zugeführt. Allein dies sei für Wippra ein gewaltiger Kraftakt. "Wie lange wir uns diese freiwillige Aufgabe noch leisten können, weiß ich nicht", so Wüstemann.
Nach einer halben Stunde ausführlicher Informationen über gescheiterte Pläne wurde es im Saal unruhig. Man wolle etwas über die Fusion mit Sangerhausen hören, meinten Zwischenrufer. Und Gemeinderäte meinten gar, der Bürgermeister solle seine Ausführungen doch im Saal herumgehen lassen, dann könne es jeder selbst nachlesen. Punkt für Punkt arbeitete sich Wüstemann durch den Gebietsänderungsvertrag, den Wippra mit Sangerhausen abschließen würde, wenn es zur Eingemeindung käme. Immer wieder mahnte Wüstemann: "Alle Zeichen deuten darauf hin, dass die Politik in absehbarer Zukunft Eingemeindungen auf die Tagesordnung stellt. Wir sollten uns jetzt entscheiden, so lange wir noch einen Vertrag aushandeln können." Auch sprach er davon, dass Wippra sich "zwischen zwei Übeln" entscheiden müsse, nämlich zwischen Sangerhausen und einer mögliche Einheitsgemeinde Quenstedt.
Was die meisten im Saal dachten, brachte ein Bürger auf den Punkt: "Wenn ich in zehn Jahren mit einem Auto fahren möchte, kaufe ich das Auto auch erst in zehn Jahren." Denn aus Sicht der Anwesenden ist Eile im Punkt Eingemeindung nicht geboten. Lediglich zwei Gemeinderäte und ein Bürger solidarisierten sich mit Wüstemann. "Man muss sich einen starken Partner suchen. Es geht um die Zukunft eurer Kinder. Ich sehe eine Chance für Wippra im Zusammenschluss mit Sangerhausen", so Helmuth Jecht, der die Einwohnerversammlung besuchte. In allen anderen Standpunkten herrschte die Sorge vor, dass Sangerhausen Wippra vereinnahmen werde. Dass die Schule, der Kindergarten und auch das Bad geschlossen werden. Auch wenn es in dem Vertrag anders fixiert werden soll, äußerte man die Befürchtung, dass auch Sangerhausen finanziell in Bedrängnis sei.
Zum Vorwurf gereichte Wüstemann in dieser Einwohnerversammlung selbst die Tatsache, dass er kein Wippraer ist, sondern aus Rottleberode (Landkreis Sangerhausen) kommt. Allerdings hat er bereits mehr als eine Legislaturperiode in Wippra hinter sich gebracht. Und scheinbar gut, denn die Wippraer wählten ihn ja erneut.
Einer bekam Beifall von den Anwesenden für seine griffige, in diesem Fall der Volksseele nahe stehende Rede. Verwaltungsamtsleiter Edgar Frenzel: "Die Wippraer Grundschule hat einen gewaltigen Vorsprung vor den anderen beiden Standorten in der Verwaltungsgemeinschaft. Wenn es um eine Schließung gehen sollte, Ihre Schule bleibt ganz sicher. Sie haben eine Top-Schule.", so der Verwaltungschef. "Wenn Sie Fragen an die Verwaltung haben sollten, stehe ich Ihnen Tag und Nacht zur Verfügung."