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Wettbewerb der Schäfer Wettbewerb der Schäfer: Hüter-Alltag auf dem Prüfstand

Von Tina Edler 05.08.2019, 09:08
Peter Stolberg hat das Vereinshüten in Walbeck organisiert und veranstaltet. Als einer von vier Schäfern nahm er selbst an der Prüfung teil.
Peter Stolberg hat das Vereinshüten in Walbeck organisiert und veranstaltet. Als einer von vier Schäfern nahm er selbst an der Prüfung teil. Winterfeld

Walbeck - Peter Stolberg steht vor dem Gehege. Abwechselnd lässt der 36-jährige Walbecker seine Zunge schnalzen und ruft ein langgezogenes „Komm“ in Richtung der 198 Schafe. Die Tiere, die bis jetzt mit dem Kopf gesenkt genüsslich am saftigen Gras kauten, schauen auf. Dann setzen sie sich langsam in Bewegung.

In Dreier- und Viererreihen folgen sie dem Walbecker. Ebenso wie drei Wertungsrichter, die jeden Schritt und jede Handlung beobachten und notieren. Denn Stolberg ist einer von vier Schäfern, die beim Vereinshüten in Walbeck antreten.

Alltagssimulation unter Wettbewerbsbedingungen

Dabei wird der Tag eines Schäfers und dessen Herde simuliert: Vom Austreiben aus dem Stall, dem Überqueren einer fiktiven Brücke hin zu einer Weide und dem Verhalten im Straßenverkehr, wenn ein Auto auf die Herde trifft. Die Wertungsrichter haben aber nicht nur Peter Stolberg im Blick, sondern auch seine zwei Altdeutschen Hütehunde Maya und Nele.

Und schon ist es passiert. Maya ist falsch um das Hindernis „Brücke“ gelaufen und damit ins imaginäre Wasser gefallen. Peter Stolberg schüttelt den Kopf. Die Wertungsrichter machen ihre Notizen. Das gibt Abzug bei den Punkten.

„Sowas übt man andauernd. Aber man weiß nie, wie ein Tier an dem Tag drauf ist und reagiert. Sowohl bei den Hunden als auch bei den Schafen“, sagt Hartmut Wöhlbier. Der 71-Jährige aus dem Bördekreis steht am Rand und beobachtet das Vereinshüten, während er entspannt auf einem langen Schäferstab aufgestützt lehnt.

Üben nicht nur für den Wettbewerb

Er selbst habe als Schäfer bei 107 solcher Wettbewerbe mitgemacht, sei es auf Vereins-, Landes- oder Bundesebene, berichtet er. „Wir waren ein paar Mal DDR-Meister“, sagt Wöhlbier stolz und zeigt dabei auf seinen Kumpel Rudi Hübke neben sich, der ebenfalls als Schäfer im Ruhestand der Veranstaltung in Walbeck beiwohnt.

Natürlich auch entspannt auf seinem Schäferstab gelehnt - wie so ziemlich alle Mitstreiter dieser Zunft. „Hier macht man mit, um zu gewinnen. Deswegen muss vorher immer wieder trainiert werden“, berichtet Hübke aus seinen eigenen Erfahrung. Aber nicht nur für den Wettbewerb sei so ein Training wichtig.

Das richtige Hüten sei auch ein großer Bestandteil im täglichen Schäferdasein, erklärt Grazyna Lortz aus Hornhausen (Landkreis Börde). Denn so seelenruhig die Schafe auch für Außenstehende immer auf ihren Weiden grasen würden: „Man muss solche Tiere beherrschen, damit sie nicht irgendwelchen Schaden anrichten“, sagt sie.

Schäfer bilden eine „große Clique“

Denn die Herden mit Hunderten von Tieren stehen meist auf großen Flächen und müssen regelmäßig bewegt werden, dürfen dabei aber nicht auf bewirtschaftete Bereiche geraten, sagt Lortz. Über 40 Jahre war sie als Zuchtberaterin des Landesschafzuchtverbands für die Schäfer in Sachsen-Anhalt zuständig.

Kennt daher auch die Feinheiten des Hütejobs. Und auch jetzt im Ruhestand halte sie noch immer den Kontakt zu den Schäfern und sei auf so vielen Veranstaltungen wie möglich dabei. So hält es auch Waldemar Schwager, Schäfer-Rentner aus Erdeborn: „Wir sind eben wie eine große Clique und treffen uns regelmäßig“, sagt er.

Denn viele der Anwesenden seien nicht nur Konkurrenten bei den regelmäßigen Wettbewerben. „Viele von uns haben früher sogar zusammen gelernt und gearbeitet“, sagt Schwager. Vor allem die Erinnerung an einen Weggefährten steht beim Vereinshüten in Walbeck an erster Stelle: Wolfgang Hedel.

Wettbewerb in Gedenken an ehemaligen Preisrichter

Der Agraringenieur aus Walbeck war mit seiner Schäferei Hedel GbR selbstständig und viele Jahre selbst Preisrichter bei den Wettbewerben. Ende 2017 verstarb Wolfgang Hedel. Peter Stolberg, der als Schäfer im Walbecker Unternehmen tätig ist, hat in Gedenken an seinen Stiefvater den Leistungswettbewerb im Hettstedter Ortsteil nun organisiert und ausgerichtet.

„Das war für mich selbstverständlich, dass ich das hier mache“, sagt er. Die Schafe und den Platz hat er dafür von der Schäferei Hedel zur Verfügung gestellt bekommen. Dass so viele ehemalige Weggefährten nach Walbeck gekommen sind, freut ihn. Weniger aber sein eigenes Abschneiden beim Vereinshüten, wie er hinterher sagt.

„Ich bin nicht so zufrieden. Es waren einige Fehler drin. Aber die Tiere haben eben ihre Tagesform und die ändert sich immer wieder“, sagt der 36-Jährige. Mit 82 von 115 möglichen Punkten kam er auf Platz 3. Vor ihm landeten Holger Pilz auf Platz 1 mit 108 Punkten und Klaus Deckel auf dem zweiten Rang mit 91 Punkten. Vierter wurde Mario Wehlitz mit 80 Punkten. (mz)

Die Wertungsrichter prüfen die Strecke vor Beginn des Vereinshütens.
Die Wertungsrichter prüfen die Strecke vor Beginn des Vereinshütens.
Winterfeld
Hartmut Wöhlbier und Rudi Hübke (v.li.) beobachten den Wettbewerb.
Hartmut Wöhlbier und Rudi Hübke (v.li.) beobachten den Wettbewerb.
Winterfeld