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Trostloses "Luther-Quartier" in Mansfeld Stadt Mansfeld stellt dritten Antrag um Fördermittel für das "Luther-Quartier" zu bekommen.

Von Wolfram Bahn 19.04.2016, 09:47
Leerstehende Häuser und bröckelnde Fassaden verbreiten Tristesse im Lutherquartier in Mansfeld.
Leerstehende Häuser und bröckelnde Fassaden verbreiten Tristesse im Lutherquartier in Mansfeld. Bahn

Mansfeld - Es ist wie ein Schock: Verlässt man in Mansfeld das neue Luther-Museum und geht in Richtung Rathaus, fallen einem sofort leerstehende Wohnhäuser und Geschäfte in der Lutherstraße ins Auge. Auch am Eingang der Straße vom Rabentor verbreiten geschlossene Gasthäuser Tristesse. Auf dem Weg die Stadt hinauf zum Lutherdenkmal wird der Eindruck nicht besser. Im Gegenteil: Der Anblick des historischen Stadtzentrums der Lutherstadt wirkt trostlos. Selbst die Luther-Apotheke ist dicht. Und das wenige Monate vor dem Reformationsjubiläum 2017, das auch die Touristen aus aller Welt nach Mansfeld locken soll.

In Mansfeld hat Martin Luther (1483-1546) seine Kinder- und Jugendzeit verbracht. Über der Stadt thronten auf dem Schloss die Mansfelder Grafen. Mansfeld war damals das Zentrum des Kupferschieferbergbaus. Luthers Familie kam aus Thüringen. Sein Vater stieg zum Hüttenunternehmer auf. Er kaufte ein Anwesen und wurde Ratsherr. In der Bergmannsstadt lebte Martin zusammen mit acht Geschwistern. Seit Frühjahr 1488 besuchte er die Mansfelder Schule. Im Jahre 1496 verließ Luther die Stadt und ging zum Studium. (wba)

„Das treibt auch uns um“, räumt Bürgermeister Gustav Voigt (Freie Wählergemeinschaft) ein. Zweimal hat die Stadt schon versucht, für das „Luther-Quartier“, also das Viertel mit dem Elternhaus und dem Museum des Reformators, Fördermittel aus dem Programm „Nationale Projekte des Städtebaus“ an Land zu ziehen. Beide Male ist das Anliegen bei der Verteilung beim Bund gescheitert.

Dritter Anlauf

Nun unternimmt die Stadtverwaltung einen dritten Anlauf - allerdings mit einer abgespeckten Variante. Diesmal beschränkt sich der Förderantrag auf die drei Häuser Lutherstraße 32 bis 34, also jene Gebäude, die direkt neben dem neuen, viel beachteten Museumsbau stehen. „Ich hoffe, wir haben diesmal mehr Glück“, sagte Voigt, nachdem der Stadtrat auf seiner jüngsten Sitzung den entsprechenden Beschlussantrag gebilligt hatte. Man wolle sich jedenfalls nicht nachsagen lassen, nicht alles versucht zu haben, um das Umfeld des Elternhauses von Martin Luther und des Museums aufzubessern, fügte er an. Und das klang fast so, als würde der Bürgermeister davon ausgehen, dass es wieder nichts wird mit dem Förderantrag. Rund 1,1 Millionen Euro will die Stadt haben. 110 000 Euro würde sie als Eigenanteil drauflegen, obwohl das Stadtsäckel ziemlich leer ist.

Für das Reformationsjubiläum kommt der neuerliche Vorstoß ohnehin fast schon zu spät. Die Sanierung der drei Häuser würde sich bis 2020 hinziehen. Doch Mansfeld erwartet, dass der Sog des Lutherjahres auch über 2017 anhält und Besucher neugierig macht auf den Ort, in dem der Reformator aufgewachsen ist und zur Schule ging.

Baufälligen Häusern droht der Abriss

Immerhin hat die Lutherstiftung das Elternhaus umfangreich saniert und gegenüber einen neuen Museumskomplex errichtet. Er steht an der Stelle des alten Gasthauses „Goldener Ring“, in dem Martin Luther bei seinen Besuchen in seiner Heimatstadt manchen Humpen dunklen Biers geleert haben soll. Doch das baufällige Haus musste abgerissen werden. Ein Schicksal, das auch anderen Gebäuden droht. Immerhin hat der neue Museumsbau schon für einiges Aufsehen gesorgt hat. Das ZDF hat gerade dort für eine neue Dokumentation über Luther gedreht. Schließlich sind in dem Haus viele Exponate zu sehen, die einen aufschlussreichen Einblick in das Alltagsleben der Familie Luther geben. „Die Ausstellung ist beeindruckend“, findet Heinz-Jürgen Luckau.

Stippvisite in Mansfeld

Der Pfarrer im Ruhestand hat am Montag mit etwa 30 Leuten seiner Kirchengemeinde aus Steinhagen in Ostwestfalen eine Stippvisite in Mansfeld gemacht. Der Reiseveranstalter Torsten Lange-Klemmstein aus Eisleben begleitete sie auf „Luthers Spuren durch Mitteldeutschland“. Auch ihnen fallen natürlich auf dem Weg zur Georgskirche die leerstehenden Läden und Kneipen, verhängte Schaufenster und bröckelnde Fassaden auf. Kleinere Städte hätten es schwierig, sich gegen die großen Märkte und Handelsketten zu behaupten, sagte einer aus der Gruppe. Auch bei ihnen würden immer mehr Geschäftsleute aufgeben, weil es sich nicht mehr lohnt, so Pfarrer Luckau, der durchaus Verständnis für die schwierige Lage in der Mansfelder Lutherstadt zeigt. Die Gruppe war ohnehin nur kurze Zeit in der Stadt unterwegs. Sie wohnt im Hotel „Graf von Mansfeld“ in Eisleben, von wo aus sie die Lutherstädte erkunden. Über das Internet seien sie auf das Angebot gestoßen, sagte der 73-jährige Wolfgang Schmidt, der in Torgau aufgewachsen und später in den Westen gegangen ist.

Verfall ist vielerorts zu sehen

Beim ersten Besuch nach dem Ende der DDR habe er den Eindruck gehabt, dass die Zeit stehen geblieben sei. Doch inzwischen sei in Ostdeutschland eine Menge passiert, auch wenn vielerorts noch der Verfall zu sehen sei, sagte er und bezieht das auch auf Mansfeld. Leider konnte die Gruppe auf ihrer Tour keinen Blick in die Stadtkirche St. Georg werfen. Dort, wo der kleine Martin mit der christlichen Lehre vertraut gemacht wurde, ehe er die Papst-Kirche aus ihren Grundfesten hob. Die Kirche ist mittlerweile äußerlich in Schuss gebracht worden. Die Gruppe war aber nicht angemeldet. Erst ab Mai steht die Kirche offen, erfuhr die MZ im Pfarrhaus der Stadt.

Auf ihrer Tour durch Mansfeld machte die Gruppe noch kurze Abstecher zur Schule sowie den früheren Wohnhäusern des weltbekannten Vulkanforschers Franz Wilhelm Junghuhn, der 1809 in Mansfeld geboren wurde, und dem Chronisten Cyriacus Spangenberg, der von 1553 bis 1574 in der Stadt lebte. Das Haus dazwischen ist beseitigt. Dadurch eröffnet sich von da aus ein herrlicher Blick auf das Schloss. (mz)

Touristen aus Ostwestfalen gehen vom Museum aus die Lutherstraße hoch.
Touristen aus Ostwestfalen gehen vom Museum aus die Lutherstraße hoch.
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Wegweiser führen Besucher auch zur Schule, in der Martin Luther  das Lesen und Schreiben gelernt hat.
Wegweiser führen Besucher auch zur Schule, in der Martin Luther  das Lesen und Schreiben gelernt hat.
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