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Das Projekt ihres Lebens Ruine in Friedeburg: Restaurierung wird für junges Paar zum Projekt ihres Lebens

Von Anja Förtsch 25.04.2017, 14:39
Die stolzen Burgbesitzer: Jakob Jangel und Madlen Pflieger haben die Ruine gekauft. Sie wollen das Gebäude wieder herrichten.
Die stolzen Burgbesitzer: Jakob Jangel und Madlen Pflieger haben die Ruine gekauft. Sie wollen das Gebäude wieder herrichten. Lukaschek

Friedeburg - Riesengroß und beinahe bedrohlich erhebt sich die Burgruine über Friedeburg. Ein großer Teil der Mauern ist beschädigt, so gut wie alle Fenster sind zerstört, vom Dach sind nur noch verkohlte Reste zu erkennen. Längst hat sich die Natur ihren Lebensraum zurückerobert: Da, wo früher unzählige Räume waren, wachsen heute Sträucher und kleine Bäume. Zugegeben, etwas verloren wirken Jakob Jangel und seine Freundin Madlen Pflieger in der Kulisse. Und trotzdem könnten sie sich keinen schöneren Ort vorstellen.

Großeltern der Bauherren ging in alter Burg einst zur Schule

Jangel und Pflieger haben die Burgruine aus dem Jahr 1711 gekauft - und zum Projekt ihres Lebens gemacht. Der 26- und die 23-Jährige wollen das verfallene Gebäude, in dem einst ein Baron wohnte, später eine Schule und vor Jahren die LPG des Ortes untergebracht waren, restaurieren und zu ihrem eigenen Traumhaus machen.

Die Ruine in Friedeburg war früher eine prächtige Burg mit vielen Nebengebäuden und einem großen Park. Bei ihrer Erbauung im 18. Jahrhundert war die Anlage zunächst ein Rittergut. Später befand sich auf dem Gelände ein europaweit anerkanntes Zuchtgestüt, bevor eine Schule und schließlich zu DDR-Zeiten die örtliche landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG) untergebracht waren.

Am markantesten ist noch heute das Herrenhaus, auch wenn es inzwischen deutlich verfallen ist. Um dieses Herrenhaus herum standen ursprünglich in U-Form weitere Gebäude.

Seit dem Ende der LPG mit der Wiedervereinigung lagen die Gebäude und das Gelände brach. Im Jahr 2008 beschäftigte sich eine Architekturstudentin im Rahmen ihrer Diplomarbeit mit der Anlage. In einem Modell rekonstruierte sie das Gut in seiner ursprünglichen Form und entwarf ein Reithotel mit Pferdepension inklusive Reitplatz und großer Reithalle. Die Pläne wurden allerdings nie realisiert. 

Dass das Paar, das in Halle lebt, ausgerechnet diese Ruine ausgewählt hat, ist kein Zufall. „Meine Großeltern sind früher hier zur Schule gegangen“, sagt Jangel. Und der Kreis schließt sich: Sein Großvater hilft den beiden heute selbst im hohen Alter von 72 Jahren noch bei der Restaurierung der Ruine. „Was das Bauen angeht habe ich von ihm wohl einige Gene abbekommen“, sagt Jangel mit einem Grinsen.

Denn der 26-Jährige ist selbst Zimmermann. Beste Voraussetzungen also, schließlich macht sich das Paar komplett allein an die Sanierung, bekommt lediglich von ein paar Freunden und der Familie Hilfe. Immerhin haben sie dabei weitestgehend freie Hand: „Die Stadt hat uns kaum Auflagen für die Restaurierung gemacht. Dort ist man wohl froh, dass hier etwas passiert.“

Und passieren muss noch einiges, wenn man sich die Ruine so ansieht. „Als wir unseren Familien und Freunden von dem Projekt erzählt haben, war die Reaktion praktisch immer die Gleiche: Ihr seid doch verrückt!’“, sagt Pflieger lachend. „Klar ist noch viel zu tun. Aber wenn man hier in einer Baupause sitzt und Kaffee trinkt, dann ist es einfach nur schön“, erzählt die 23-Jährige und blickt über die riesige Rasenfläche von eineinhalb Hektar hinab auf die Saale, über der gerade die Sonne untergeht.

Bauherren rechnen mit Beendigung ihrer Arbeiten an der Burgruine in gut 30 Jahren

Bis die Bauherren einziehen können wird es noch einige Zeit dauern. Schließlich sind beide berufstätig, können nur nach Feierabend oder am Wochenende an ihrem Lebensprojekt arbeiten. “Bis alles fertig ist, wird es wohl gut 30 Jahre dauern“, sagt Jangel und betrachtet die enorme Baustelle. „Aber wir haben ja Zeit.“

Genug Zeit, um noch so einige Überraschungen zu entdecken - gute wie schlechte. „Wir mussten schon feststellen, dass es keine Strom- und Wasseranschlüsse gibt“, erzählt Jangel. „Außerdem wurde das Gebäude komplett geplündert. Rohre, Treppengeländer, selbst Lichtschalter und Steckdosen, alles wurde mitgenommen.“ Aber wer weiß, was sich noch unter all dem Mauerwerk, den Dachziegeln und dem Schutt verbirgt. „Wir hoffen ja immer noch darauf, dass wir hier mal noch einen Schatz finden“, sagt Jangel zwinkernd. Auf den zweiten Blick wirken er und seine Freundin doch gar nicht so verloren auf ihrer Riesenbaustelle. Sondern genau am richtigen Ort. (mz)