MZ-Krimiserie MZ-Krimiserie: Doppelmörder von Mansfeld sorgte schon als Jugendlicher für Furore

Mansfeld - Es ist ein unscheinbares kleines Haus am Ende der Waldsiedlung an der B 242 in Mansfeld. An diesem etwas abgelegenen Ort geschah am 29. Juni 2008 ein Verbrechen, das bundesweit für Schlagzeilen sorgte. Der Täter Gabor S., der als „Doppelmörder von Mansfeld“ in die Kriminalgeschichte einging, war allerdings kein unbeschriebenes Blatt.
Als Jugendlicher hält er die Polizei auf Trab
Er hatte schon als Jugendlicher die Polizei auf Trab gehalten - und das im wahrsten Sinne des Wortes. Damals, Mitte der 1980er Jahre, war Heinz Klockow gerade neuer Kripochef im Kreis Hettstedt geworden. Nie im Leben hätte er gedacht, dass aus Gabor S. rund 20 Jahre später ein Schwerverbrecher werden sollte, der drei Menschenleben auf dem Gewissen hat.
Heinz Klockow war von 1973 bis 2005 bei der Polizei. Seine Laufbahn als Kriminalist begann er in Halle, später wechselte er nach Eisleben und dann nach Hettstedt. Dort hat er bis 2005 das Polizeirevier geleitet. In all den Jahren hat Klockow spektakuläre Kriminalfälle erlebt und auch bei schweren Unglücken mit seinem Team ermittelt. Für die MZ berichtet er exklusiv über diese Fälle, die zu DDR-Zeiten geheim gehalten wurden. (mz)
Allerdings: „Es war schon ein seltsamer Bursche“, erinnert sich der heute 69 Jahre alte Pensionär an einen der „außergewöhnlichsten Fälle“, die er zu bearbeiten hatte.
Es fing mit einem Autodiebstahl an. Gabor S. wurde verdächtigt, einen Skoda entwendet zu haben, um eine Spritztour zu machen. Das Fahrzeug war bei Abberode im Straßengraben gefunden worden. Der Fahrer war offensichtlich zu schnell in einer S-Kurve unterwegs. Dadurch geriet das Auto außer Kontrolle und landete auf dem Dach im Graben. Es war Schrott.
Was Klockow da noch nicht wusste: Gabor S. hatte sich aus Angst aus dem Staube gemacht. Und zwar Richtung Berlin. Wie er dorthin kam, ist bis heute nicht restlos geklärt. Vermutlich ist er getrampt und wohl teilweise auch schwarz mit dem Zug gefahren. Jedenfalls tauchte er wenige Tage später in der „Hauptstadt der DDR“, wie Ostberlin zu jener Zeit hieß, auf. Doch er war nicht allein. Gabor S., der auf einem Bauernhof im Mansfelder Land groß geworden ist, ritt auf einem Pferd.
Verfolgungsjagd mit gestohlenem Pferd durch Berlin
Den Vierbeiner hatte er zuvor aus einem Zirkus gestohlen, der gerade bei Berlin ein Gastspiel absolvierte. „Was für eine verrückte Nummer“, muss Klockow heute noch mit dem Kopf schütteln, wenn er an den dreisten Diebstahl denkt. Doch es sollte noch schärfer kommen. Wie einst die Franzosen im Herbst 1806 nach Siegen über die Preußen bei Jena und Auerstedt zog Gabor S. hoch zu Ross in Berlin ein. Durchs Brandburger Tor konnte er wie einst Kaiser Napoleon nicht reiten. Das war zu seiner Zeit die bestbewachte Grenze der Welt.
Allerdings führte er seinen Zirkusgaul quer über den Alexanderplatz mitten in Berlin. Da, wo sich die Besucher und Verliebten unter der Weltzeituhr verabredeten. Das blieb natürlich nicht ohne Folgen. Die Sicherheitsbehörden wurden auf das ungewöhnliche Gespann aufmerksam. Doch der junge Mann aus dem Mansfelder Land machte es der Polizei nicht leicht. Er lieferte sich eine wilde Verfolgungsjagd.
Am Ende hatte er mit seiner einen Pferdestärke gegen die 50 PS starken Zweitakt-Ottomotoren des Wartburg 353 der Volkspolizei keine Chance. „Bei seiner Verfolgung durch Berlin sind drei Streifenwagen demoliert worden“, weiß Klockow noch genau. Er war als zuständiger Kripochef sofort informiert worden, nachdem man Gabor S. in Berlin festgesetzt hatte.
Schrecklichen Tat am Abend des EM-Finales 2008
Bei diesem Husarenritt sollte es nicht bleiben. Später stand eine Scheune auf dem elterlichen Gehöft in Flammen. Auch da wurde Gabor S. verdächtigt. „Der hatte noch mehr auf dem Kerbholz“, glaubt seine ehemalige Lehrerin.
Sie war jedoch genauso erschrocken wie auch Klockow, als der von der schrecklichen Tat am Abend des EM-Finales von 2008 erfuhr. Gabor S. hatte in dem kleinen Haus am Waldrand eine 76 Jahre alte Rentnerin, die dort wohnte, und ihren 65-jährigen Hausarzt, der an dem Abend Notdienst hatte, erdrosselt. Ihn hatte er dorthin gelockt, um an dessen Geländewagen zu kommen.
Gabor S., der damals 37 Jahre alt war, brauchte dringend ein Auto, um sich abzusetzen. Der Anlass: Er sollte unter anderem wegen des Erwerbs von Kinderpornografie ins Gefängnis. Der „Doppelmörder von Mansfeld“ wurde schließlich von Fahndern in der Schweiz gefasst. Er wurde 2010 zu lebenslanger Haft und anschließender Sicherheitsverwahrung verurteilt. Drei Jahre später wurde er auch für den gewaltsamen Tod einer 47-jährigen Schweizerin zur Rechenschaft gezogen. Ihren Leichnam hatten die Ermittler in einem Waldstücke zwischen Rammelburg und Saurasen an der Bundesstraße 242 entdeckt. (mz)
Beim nächsten Mal geht es um dreiste Posträuber in Harzdörfern.
