Halle-Hettstedter Eisenbahn Halle-Hettstedter Eisenbahn: Schienen-Streit eskaliert: Brücke und Gleise zerlegt

Gerbstedt - Der seit Jahren schwelende Streit um die Strecke der historischen Halle-Hettstedter Eisenbahn ist jetzt erneut eskaliert. Im Bereich des Gerbstedter Bahnhofs seien eine zwölf Meter lange Stahlbrücke und eine Weiche in Einzelteile zerlegt und abtransportiert worden, so der Vorsitzende des Vereins „Freunde der Halle-Hettstedter Eisenbahn“, Olaf Raabe.
Auftraggeber der Aktion sei das sächsische Unternehmen gewesen, das die Gleise abbauen und verwerten will. „Das ist aktenkundig“, so Raabe. Die Firma äußerte sich auf MZ-Anfrage nicht dazu. Bereits in den vergangenen Jahren hat es an verschiedenen Stellen Versuche gegeben, Gleise abzubauen.
Eisenbahn-Freunde wollen Bahnstrecke zu touristischen Zwecken nutzen
Die Eisenbahn-Freunde wollen die noch vorhandenen Streckenabschnitte zu touristischen Zwecken wiederbeleben. Die Auseinandersetzungen mit der Firma werden vor allem vor Gericht geführt.
Manchmal geht es aber auch handfest zu, wie bei dem jüngsten Vorfall. Wie Raabe berichtet, hatte ein Gerbstedter drei Leute beobachtet, die die Brücke und die Weiche bereits zerschnitten und die Teile in einen Container geworfen hatten.
„Wir hatten die Brücke instandgesetzt und wollten sie in diesem Jahr wieder in die Strecke einsetzen.“ Der Augenzeuge verständigte die Polizei und die Untere Denkmalschutzbehörde beim Landkreis, die die drei Männer noch vor Ort stellen konnten.
Halle-Hettstedter Eisenbahn ist ein Kulturdenkmal
„Bei der Halle-Hettstedter Eisenbahn handelt es sich um ein Kulturdenkmal“, erklärt Landkreis-Sprecher Uwe Gajowski. Der Landkreis habe deshalb angeordnet, den Abriss der Gleisanlagen einzustellen. Die Teile seien eingezogen worden.
Da ein Verstoß gegen das Denkmalschutzgesetz vorliege, werde der Kreis Strafanzeige erstatten und ein Ordnungswidrigkeitsverfahren einleiten. Zudem werde die Wiederherstellung der Anlagen gefordert, so Gajowski.
Ob die Brücke, die größtenteils im Originalzustand gewesen sei, rekonstruiert werden könne, kann Raabe nicht sagen. „Ich habe die Einzelteile noch nicht gesehen.“ Das Landesamt für Denkmalpflege werde die Teile in der kommenden Woche begutachten.
Streit um alte Bahnstrecke schwelt schon länger
Hintergrund der Auseinandersetzungen ist eine verzwickte Situation. Das Unternehmen hat die Bahnstrecke 2010 von der Bahn AG erworben, um die Gleise zu verwerten. Allerdings hatte bereits 2008 die Deutsche Regionaleisenbahn GmbH, die mit den Eisenbahn-Freunden kooperiert, vom Land eine Betriebsgenehmigung für die Strecke bis 2058 erhalten.
Außerdem ist die Strecke zum Kulturdenkmal erklärt worden. Dagegen hat die Firma geklagt. Das Verwaltungsgericht Halle bestätigte 2016 den Denkmalstatus. Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig, weil die Firma beim Oberverwaltungsgericht die Zulassung der Berufung beantragt hat.
Andererseits versucht das Unternehmen auf zivilrechtlichem Weg, dem Verein das Betreten der Bahn-Grundstücke zu verbieten. Kurioses Ergebnis: Während das Oberlandesgericht Naumburg die Klage abgewiesen hat, hat das Oberlandesgericht Dresden in derselben Sache der Firma Recht gegeben.
Halle-Hettstedter Eisenbahn: Eingriffe an Schienen nicht zulässig
Das Verkehrsministerium Sachsen-Anhalt steht auf jeden Fall hinter den Eisenbahn-Freunden. „Die Strecke darf nur zu Eisenbahnbetriebs-Zwecken genutzt werden“, so ein Sprecher. Deshalb seien Eingriffe an den Schienen nicht zulässig. Als Eisenbahn-Aufsichtsbehörde habe das Ministerium eine Verfügung erlassen, die den Schienenabbau verbiete. Dies wäre ein „Verstoß gegen die Eisenbahn-Sicherheit“.
Die 1896 eingeweihte Eisenbahn verkehrte mit Personen- und Güterzügen zwischen Halle-Klaustor und Hettstedt. Die Strecke verlief über Salzmünde, Rottelsdorf, Burgsdorf, Polleben und Gerbstedt. Ab 1899 gab es noch eine Zweigstrecke Gerbstedt-Friedeburg. Ab 1968 wurde der Betrieb schrittweise eingestellt. 2002 fuhr der letzte Zug zwischen Gerbstedt und Hettstedt. (mz)