Eisenbahn-Geschichte in Gerbstedt Eisenbahn-Geschichte in Gerbstedt: Ferkel-Taxe und Beton-Loks

gerbstedt/MZ - Größere Pausen gönnt sich Günther Beinert offenbar nie. Gerade erst hat der Gerbstedter, der aus Beton historische Loks und ganze Züge nachbildet, wieder eine solche Dampf-Lokomotive im Maßstab 1:10 fertiggestellt. Und schon werkelt er in seiner Werkstatt an der nächsten. Durch die geöffnete Tür fällt das Tageslicht auf einen massiven Rohling aus Beton. Langsam nimmt er die Gestalt einer Dampflok an. „Vier Säcke Zement sind drin“, sagt der 80-Jährige, der noch bis vor etwa acht Jahren ein anders Hobby hatte: Er baute Burgen-Modelle, 100 hat er vollendet, elf davon stehen in der Straße, in der seine Werkstatt liegt.
Eine Dampflok wie die BR-52 hat sein Gewicht. Zement plus Wasser machen etwa 500 Kilo aus. So bedarf es Anstrengung und Hilfe, das fertige Objekt zu seinem späteren Standort zu bringen.
Interessenten aus nah und fern kommen ins Freilichtmuseum, um sich die ungewöhnliche Ausstellung anzuschauen. Günther Beinert freut sich über die Besucher.
Was später aus seinen Modellen wird, weiß der 80-Jährige noch nicht. Vielleicht könnten sie Teil eines Museums werden, das der Verein Freunde der Halle-Hettstedter Eisenbahn im ehemaligen Bahnhof errichten will.
Jedes Detail stimmt
Warum ihn die neue Leidenschaft gepackt hat, weiß er selbst nicht so genau. Zumal der ehemalige Fliesenleger nach eigenem Bekunden keine Ahnung von Technik insgesamt und von der Eisenbahn im Besonderen hat. „Karl May war auch nicht bei den Indianern“, verweist Beinert auf historische Parallelen. Trotz fehlender bahntechnischer Kenntnisse legt er großen Wert darauf, dass jedes Detail in seinen Modellen stimmt. Dabei helfen ihm Bilder und technische Zeichnungen. Außerdem steht ihm Helmut Schrader als Fachberater zur Seite. Er ist nicht nur Mitglied im Verein „Halle-Hettstedter Eisenbahn“, sondern arbeitet auch als Fahrdienstleiter in einem Stellewerk der Bahn. „Ab und zu sponsert mir Herr Schrader manchen Sack Zement“, lobt Beinert den Mann, der oft bei ihm in der Werkstatt vorbeischaut.
Das Gelände vor der Werkstatt - der Bahnhof liegt in unmittelbarer Nähe - ist dank Beinert zu einem besonderen Freilicht-Museum geworden. Hier stehen seine 80 Modelle, die immer wieder interessierte Besucher auch von weit her locken. Die Saline-Bahn ist Weihnachten 2013 von Vandalen zerstört und von Beinert inzwischen restauriert wurden. Die „Ferkel-Taxe“ - ein Triebwagen, der hauptsächlich auf dem Lande verkehrte und so zu seinem Namen kam. Durch die Fenster sind Reisende aus Beton zu sehen. Eine vollbusige Frau. Ein Mann verrichtet in der Zug-Toilette sein kleines Geschäft - der Strahl ist ebenfalls aus Beton. Beiner geht gern ins Detail.
Alle 81 Modelle stehen draußen, das letzte ist die Lok 528154-8, die soeben fertig geworden war. Das nächste historische Modell, eine Dampflok 94-24, nimmt in der Werkstatt Gestalt an. Mit viel Akribie und Geduld bastelt Günther Beinert daran - jeden Tag, mit wenigen Pausen. „Ein bisschen klapsig muss man schon sin“, sagt der Gerbstedter auf die Frage, wie er das durchhalte. „Manchmal stehe ich selbst davor und denke: ,Mensch, wie hast du das bloß geschafft?’“,“ gibt der 80-Jährige zu.

