Aktionstag "Hände hoch fürs Handwerk" Aktionstag "Hände hoch fürs Handwerk": Kronen vom Bürgermeister

Hettstedt - Das hohe, anhaltende Fiepen eines Zahnarztbohrers - jeder kennt das fiese Geräusch, viele fürchten es. Dazu der spezielle Geruch von Zahnarztpraxen, wie ein Mix aus Mundspülung und Desinfektionsmittel. Für jeden, dem schon beim Gedanken an diese Szene das Blut in den Adern gefriert, ist die Werkstatt der Firma Lorenz Dental in Hettstedt wohl nicht gerade der Ort der Träume. Zum Aktionstag „Hände hoch fürs Handwerk“ sind am Mittwoch dennoch Gäste in der Werkstatt erschienen - auch prominente Vertreter wie Hettstedts Bürgermeister Danny Kavalier (CDU).
Und der macht sich gleich frisch ans Werk - oder besser gesagt ans Handwerk. Unter den Augen von Chef Martin Madeja und den Schülern Laura Hörning und Walizada Ahmaz Naveed soll er in der Werkstatt, die mit all den Brennern und Werkzeugen an eine Mischung aus Physik- und Chemieunterrichtsraum erinnert, eine Krone auf ein Gebiss modellieren. Kavalier erhitzt etwas Wachs, gibt die Masse auf das Kiefermodell und drückt eine Zahnkrone darauf. „Das war zu wenig Wachs“, so das fachmännische Urteil von Zahntechniker Madeja. Recht hat er: Der Zahn fällt wieder heraus.
Madeja kümmert sich in dem Hettstedter Betrieb unter anderem um die Auszubildenden. Fünf sind es derzeit - und der Ausbilder hofft, dass es nicht weniger werden. „Wir kämpfen seit Jahren aktiv um Bewerber, etwa indem wir in die Schulen gehen“, so Madeja. „Vor zehn Jahren war es noch gang und gäbe, dass nur Abiturienten eine Ausbildung bekommen haben. Mittlerweile laden wir praktisch jeden zum Vorstellungsgespräch ein.“ Der Zahntechniker meint den Grund für die spärliche Resonanz zu kennen: „Das Interesse am Handwerk ist nicht mehr gegeben. Die jungen Leute wollen sich nicht mehr die Hände schmutzig machen.“ Die 16-jährige Laura ist das Gegenbeispiel dafür: „Ich kann mir gut vorstellen, später als Zahntechnikerin zu arbeiten.“ Den Aktionstag findet sie toll, weil er „eine gute Möglichkeit gibt, mal reinzuschauen“.
Genau das ist Sinn und Zweck der Aktion: Schüler sollen fürs Handwerk begeistert werden - in Zeiten von Fachkräftemangel unerlässlich. So sieht es auch Kavalier: „Das Handwerk schafft zum einen Arbeitsplätze und zum anderen ist es unendlich wichtig für die Wertschöpfung einer Region. Ohne Handwerk würden wir alle ganz drängend etwas vermissen.“
Erst bei Kavaliers viertem Versuch sitzt der Modellzahn wie er soll, Madeja ist zufrieden. Aber der Bürgermeister und Jurist wollte ja auch nie Zahntechniker werden - sondern für eine kurze Zeit mal Fleischer, wie er verrät. (mz)