Wer hat Angst vorm "bösen" Wolf? Wolf in Sachsen-Anhalt: Andrang beim Forum der MZ

Halle (Saale) - Selten wurde ein Thema so kontrovers und heftig debattiert wie dieses: die Rückkehr des Wolfs. Rund 70 Leser sind am Montagabend der Einladung der MZ zum Wolfs-Forum im Dumont-Medienhaus in Halle gefolgt.
Im Publikum: Pferdebesitzer, Jäger und Schäfer mit ihren Erfahrungen und Ängsten, aber auch Menschen, die sich einfach zu dem faszinierenden Thema informieren wollen.
Im Podium: Antje Weber, Biologin und Sachsen-Anhalts „Wolfsbotschafterin“ beim Nabu-Landesverband, Umweltstaatssekretär Klaus Rehda und der Vorsitzende des Bauernverbandes Saaletal und Schafausschuss-Chef Thomas Prüfer.
Der Wolf ist zurück in der Region Halle: Die Experten diskutierten beim MZ-Forum
Ausgangspunkt der gut eineinhalbstündigen Diskussionsrunde: Der Wolf ist im südlichen Sachsen-Anhalt auf dem Vormarsch und wurde kürzlich gar kurz vor den Toren Halles gesichtet - und dort Opfer des Straßenverkehrs.
„An keinem Tier scheiden sich mehr die Geister als am Wolf“ - mit diesen Worten leitet MZ-Regiodesk-Chef und Moderator des Forums Gert Glowinski die bis zum Schluss spannende Debatte ein. Auf der einen Seite die Wolfs-Sympathisanten, die die seit 2010 zu beobachtende Wiederbesiedelung begrüßen, auf der anderen Seite vor allem Weidetierhalter, die Angst haben vor den Schäden, die Isegrim anrichten kann - und zum Leid einiger Schäfer auch schon getan hat.
Thomas Prüfer: 20 Wolfsrisse mit 66 toten Weidetieren
Laut Prüfer seien in Sachsen-Anhalt von Januar bis Oktober dieses Jahres 20 Wolfsrisse mit 66 Todesfällen an Weidetieren registriert, Tendenz steigend. „Die Dunkelziffer ist sicher noch höher“, vermutet Prüfer, der der Meinung ist: „Für uns als Schäfer ist Weidehaltung bei Wolfsbesiedelung nicht möglich, der Wolf kann Weidewirtschaft zum Erliegen bringen“.
Die auf Antrag gezahlte Entschädigung würde zwar den finanziellen Schaden ersetzen, nicht jedoch den ideellen Wert, den das Tier für den Schäfer habe.
Antje Weber: Der Wolf ist ein Wildtier wie jedes andere
Dem entgegnet Antje Weber, die bei Gardelegen selbst Schafe hält und in deren Nähe sich ein Wolfsrudel angesiedelt hat: „Wir erleben den Wolf als einen ruhigen, sachlichen Vertreter. Er ist ein Wildtier wie jedes andere - und vor allem scheu“.
Klaus Rehda: Verpflichtung zum Schutz des Wolfes
Zudem sei der Wolf laut Fauna-Flora-Habitatrichtlinie der Europäischen Gemeinschaft (FFH) streng geschützt. „Wir haben die Verpflichtung zum Schutz des Wolfes“, sagt auch Klaus Rehda und nennt Zahlen: 70 Tiere - 13 Rudel und zwei Paare - gibt es in Sachsen-Anhalt, mit einer Zuwachsrate von zehn bis 15 Prozent.
Die Politik müsse die Rahmenbedingungen für die Ansiedlung schaffen, das sei ein Gebot des Naturschutzes und der Erhaltung der Artenvielfalt. Schließlich, ergänzt Antje Weber, habe der Mensch mit seinem „Landschaftsverbrauch“ den Wolf vertrieben. Nun kehre er dank guter Nahrungsgrundlage an Wild zurück.
Forums-Besucher äußern Ängste: Bald schon erste Menschenopfer?
Den Vorwurf aus dem Publikum, der Wolf würde gezielt angesiedelt, weist die Biologin zurück: „Der Wolf kommt von allein, er ist ein heimisches Tier und hat hier seinen Platz“. Unter den Zuhörern können dies nicht alle teilen: Dem Wolf würde mehr Schutz eingeräumt als dem Menschen, meinen einige. Der Wolf werde immer dreister, so Wilfried Ritter, und Jürgen Mäder fürchtet gar, dass es bald erste Menschenopfer gebe.
Die Sorgen vor allem der Tierhalter nimmt Staatssekretär Rehda ernst: Die „Leitlinie Wolf“, ein Regelwerk, soll gründlich überarbeitet werden. Dennoch: Tierhalter kämen nicht umhin, aktiv durch Schutz ihrer Herden mitzuwirken. (mz)