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Hilfsaktion Wo die Stadt Halle Spenden für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine annimmt

Schon am ersten Tag große Resonanz auf Aufruf

Aktualisiert: 22.03.2022, 10:48
Reichlich Mobiliar: Wertstoffhof-Chef Uwe Langer sortiert Stühle im Spendenlager ein.
Reichlich Mobiliar: Wertstoffhof-Chef Uwe Langer sortiert Stühle im Spendenlager ein. Foto: Silvio Kison

Halle (Saale)/MZ - Die Eltern von Gudrun Grieger sind gegen Ende des Zweiten Weltkriegs aus Schlesien geflohen. Als sie 1948 zur Welt kam, war die Familie längst in Mitteldeutschland zu Hause. Doch in den Erzählungen der Eltern sei es so oft um Schlesien gegangen, berichtet die Hallenserin. Viele Möbel ihrer vor drei Jahren verstorbenen Mutter können jetzt Menschen gute Dienste leisten, die wie damals ihre Eltern von jetzt auf gleich ihre Heimat verlassen mussten. Deshalb gehörte sie am Montag zu den Ersten, die im neuen Spendenlager der Stadt in der Delitzscher Straße etwas für Flüchtlinge aus der Ukraine abgegeben haben.

Die Resonanz gleich zum Start hat auch Falko Kietzmann überrascht. Als Abteilungsleiter Stoffstrommanagement bei der Stadtwirtschaft sonst eher vom Schreibtisch aus dafür verantwortlich, dass hallescher Müll an den richtigen Ort kommt, steht er nun vor der kostenlos von der Spedition Finsterwalder zur Verfügung gestellten Halle, von der aus die Möbel über die Stadt verteilt werden sollen. Im Minutentakt fahren Autos vor, manche mit Anhänger. Gerade halten Jens und Uwe Mayer mit ihrem schwarzen Transporter. Die Brüder bringen sechs Stühle und einen Tisch aus dem Haushalt ihrer verstorbenen Großmutter. Beide haben keine Verwendung für das Mobiliar, ihre Häuser sind eingerichtet, wie sie sagen. Aber noch gut nutzbare Einrichtungsgegenstände einfach wegwerfen? Die Möbel könnten Menschen, die im Moment so gut wie nichts haben, doch noch weiterhelfen.

Dirk Knüpfer hat ein Kinderbettchen mitgebracht. Seine Tochter und sein Sohn sind mit ihren elf und 13 Jahren längst herausgewachsen, wie der Hallenser berichtet. Außer aus den Nachrichten weiß er von Bekannten und Freunden, wie dringend jetzt Hilfe gebraucht wird. „Man kriegt viel mit“, sagt er und erzählt von einem Feuerwehrmann aus seinem Bekanntenkreis, der Flüchtlinge vom Bahnhof in ihre erste hallesche Unterkunft gefahren hat. Es gehe ihm und seiner Familie darum, Menschen in Not zu helfen. „Das würden wir auch tun, wenn sie aus einem anderen Land als der Ukraine kämen.“

In der Lagerhalle hat sich derweil schon einiges angesammelt. Stühle und Tische vor allem. Aber Uwe Langer, verantwortlicher Einsatzleiter der halleschen Wertstoffmärkte, zeigt auch einen Besteckkoffer. Goldfarbenes Dekor, Messer, Gabeln und Löffel stecken noch in Plastikfolie. „Das kann gut noch jemand verwenden“, befindet Langer. Daneben stehen Hochstühlchen für kleine Kinder, Lattenroste und Kommoden. Auch erstes Geschirr ist eingetroffen. Zunächst hatte es geheißen, es würden nur nagelneue Küchenutensilien angenommen - der Hygiene wegen. In der Praxis halten es Falko Kietzmann und Uwe Langer anders. „Wenn wir sehen, ein Service ist sauber, warum sollen wir es dann nicht annehmen?“, sagt Kietzmann. Strenger sind die Möbellageristen auf Zeit bei Bettwäsche und eigentlich auch bei Matratzen.

Aber auch an diese Sache gehen sie mit Augenmaß. „Wir haben uns sowieso schon darüber unterhalten, dass man in Ferienwohnungen zum Beispiel als elfter oder zwölfter auf so einer Matratze schläft“, sagt Falko Kietzmann. Unklar ist auch noch, wie von mehreren Hallensern angebotene große Möbelstücke in die Delitzscher Straße gelangen könnten, wie er hinzufügt. „Wir stehen ja noch am Anfang. Vieles wird sich ergeben.“

Keine Ausnahme machen sie bislang bei Elektrogeräten. Die müssten erst geprüft werden, wie es heißt - zu aufwendig. Darum müssen Gudrun Grieger und ihr Mann ihre Stehlampe wieder mitnehmen. Und auch Cassidy Winkler erfährt, dass er seine funktionsfähige, für das neue Bad aber zu große Waschmaschine im städtischen Spendenlager wohl nicht unterkriegen kann. Aber er hat noch einen Badschrank übrig, und den will er bei nächster Gelegenheit vorbeibringen.

Angelika und Siegfried Fruck werden ihre Lampen aus dem Gästezimmer auch nicht los, Tisch und vier Stühle aus ihrem Haus aber stehen jetzt im Spendenlager. Die Nachrichten aus der Ukraine bereiteten ihr große Sorgen, sagt Angelika Fruck. „Da tut es gut, wenn man wenigstens ein bisschen hilft.“

Die Annahmestelle ist bis auf weiteres montags, mittwochs und freitags von 15.30 Uhr bis 18 Uhr geöffnet.