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Wladimir Iliew Wladimir Iliew: Der Nestor des halleschen Jazz

Von Matthias Lemme 16.11.2005, 19:18

Halle/MZ. - Wer Wladimir Iliew kennt oder je erlebt hat, egal ob als Jazzmusiker, Lehrer, Komponist oder Kulturpolitiker, wird folgender Charakterisierung mit energischem Kopfnicken zustimmen: umtriebig, einmischend, leidenschaftlich.

Für den langjährigen Nestor der mitteldeutschen Jazzszene ist Kultur eine Selbstverständlichkeit. So selbstverständlich wie ein Leben für, mit und aus der Musik. Im September hatte er Geburtstag. Natürlich auf der Bühne. Die Ankündigung sprach es ganz nebenbei aus: "Und dieser junge Mann dort wird heute 70!"

70 Jahre, die kaum zu glauben sind, Ruhestand, der keiner ist, Pläne und Ideen für eine halbe Ewigkeit. In Sofia hatte er Violine studiert und tourte als Solist durch Bulgarien und die Nachbarländer. Bald darauf kam er als Lehrer an die Musikschule Merseburg und belegte an der Musikhochschule Weimar die Fächer Saxofon, Gitarre und Schlagzeug. Jene Instrumente, die er in den folgenden 23 Jahren auch am Konservatorium in Halle unterrichtete.

In dieser Zeit blühte sein Engagement in vielen Bereichen. Er initiierte die erste und einzige Improvisationsklasse im Jazzbereich innerhalb der ehemaligen DDR und leistete Pionierarbeit in der jazzmusikalischen Berufsausbildung. 1994 hob er mit unermüdlicher Überzeugungskraft und Begeisterung das Landesjugendjazzorchester aus der Taufe, das bis zum heutigen Tage ein musikalisches Aushängeschild Sachsen-Anhalts ist. Und im Landesverband Deutscher Komponisten fand er nicht nur als Kreativer eine Heimat, sondern auch Gleichgesinnte, denen die Förderung und Aufführung gerade im Bereich der Neuen Musik am Herzen lag.

Wo Iliew aufgetaucht ist, weiß man Geschichten von ihm zu erzählen. Darin geht es meist um Spuren, die er hinterlassen hat. Spuren, in denen andere gehen konnten und Spuren, die weiter führen als man gemeinhin denkt. Inzwischen hat er in Bad Lauchstädt ein Domizil gefunden, in dem er gemeinsam mit seiner Frau eine neue Art von Ruhe gefunden hat. Eine Gelassenheit im Grünen, in der er komponieren, üben und neue Ideen aushecken kann.

Die alten Ideen sind mittlerweile übrigens in einem "Songbook" dokumentiert. Ein Buch mit 110 Kompositionen für verschiedene Besetzungen, deren Entstehung zum großen Teil auch eine Reaktion auf fehlende Lehr- und Unterrichtsmaterialien war. Zehn Stücke aus diesem Songbook werden im Jubiläumskonzert am Freitag im Rahmen der "Hallischen Musiktage" uraufgeführt. Gemeinsam mit den Leipziger Musikern Marcus Horndt (Piano) und Thomas Moritz (Bass) macht Iliew das, wofür er schon immer und auch weiterhin steht: Musik zum Sprechen bringen, Visionen ertasten, dem Leben Töne geben. Ein alter Musiker-Kollege freut sich über solche Unermüdlichkeit: "Der Wladi, der kann's einfach nicht lassen" - Recht hat er. Und, dass es so ist, ist auch gut so.