"Wir müssen etwas tun" "Wir müssen etwas tun": Jusos wollen Halles SPD und Stadtratsfraktion verändern

Halle (Saale) - Die hallesche Jugendorganisation der SPD, die Jusos, stimmt nicht mit allem überein, was ihre Partei im Stadtrat entscheidet. Jüngster Streitpunkt war die Zukunft des ehemaligen Hasi-Gebäudes an der Hafenstraße 7. Im Interview berichten die beiden neu gewählten Jusos-Vorsitzenden Julia Syndram (19, Studentin) und Niklas Gerlach (18, Schüler), was sich in der Partei ändern muss. Das Gespräch führte Tanja Goldbecher.
Im Stadtrat hat sich die SPD dagegen positioniert, das Gebäude an der Hafenstraße weiterhin als soziokulturelles Zentrum zu nutzen. Die Jusos sind hingegen dafür. Warum?
Niklas Gerlach: Zunächst muss man sagen, dass der Auszug des Capuze-Vereins das Beste ist, was der Stadt passieren konnte. Nun besteht die Möglichkeit, das Haus einem neuen Träger zu übergeben, der soziale und kulturelle Veranstaltungen anbietet. Die Hafenstraße ist sehr zentral gelegen, so dass auch Menschen aus sozialen Brennpunkten wie Halle-Neustadt diese Anlaufstelle leicht erreichen könnten. Darum wollen wir den Standort unbedingt erhalten, anstatt neue Wohnungen auf diese Stelle zu bauen.
Wie sollte so eine Anlaufstelle aussehen?
Niklas Gerlach: Wir sehen das Conny Island in Leipzig als Vorbild. Dort werden regelmäßig Konzerte organisiert, die sehr gut angenommen werden. Man könnte auch Selbsthilfewerkstätten und Probenräume für hallesche Bands anbieten. Wichtig ist, dass wir Subkultur auf jeden Fall erhalten, statt sie abzubauen. Ansonsten verliert Halle immer weiter junge Leute, die nach der Schule oder dem Studium wegziehen.
Die SPD-Stadtratsfraktion ließ sich offenbar nicht von dieser Vision überzeugen.
Julia Syndram: Im Stadtrat gibt es mittlerweile eine Altherrenrunde. Es ist sehr schwierig, mit den Fraktionsmitgliedern über solche Themen zu reden. Unsere Argumente werden schlicht nicht gehört. Aber das lassen wir uns nicht länger gefallen.
Was heißt das?
Niklas Gerlach: Wir haben für die Kommunalwahlen im Mai 2019 insgesamt 19 Kandidaten der Jusos auf die SPD-Liste setzen lassen. Igor Matviyets ist zum Beispiel im Stadtbezirk Mitte auf Platz zwei, Franziska Meusel tritt in Neustadt an. Jüngere Stadträte setzen sich für andere Themen ein und denken radikaler. Wie auf Bundesebene braucht auch die SPD in Halle eine Erneuerung. Wir entwickeln uns immer mehr zu einer Akademikerpartei. Dabei sollten wir wieder unsere ursprünglichen sozialdemokratischen Werte stärken.
Welchen Themen müssten in Halle mehr diskutiert werden?
Julia Syndram: Uns fehlt in der aktuellen Ausrichtung der Partei der Fokus auf die sozialen Aspekte. Wir müssen der Gentrifizierung Einhalt gebieten, die wir vor allem im Paulusviertel erleben. Viele Menschen können es sich nicht mehr leisten, dort eine Wohnung anzumieten. Investoren kaufen immer mehr Grundstücke in Halle. Dadurch fehlt es zunehmend an Räumen für die Soziokultur. Es geht aber auch darum, Stadtviertel wie die Silberhöhe und die Neustadt stärker im Blick zu haben. Auch dort müssen wir Wahlkampf für unsere Ideen machen.
Zur Kommunalwahl kämpft noch jede Partei für sich. Aber zur OB-Wahl im Herbst gilt es dann, ein Bündnis aus SPD, Linke und Grünen zu schmieden. Wie funktioniert der Austausch mit den anderen Jugendorganisationen der Parteien?
Niklas Gerlach: Die Zusammenarbeit klappt unter den Jugendorganisationen fast besser als mit der Stadtratsfraktion. Es gab bereits Treffen mit der Linksjugend Solid und der Grünen Jugend. Die Jusos stehen hinter dem gemeinsamen OB-Kandidaten Hendrik Lange. Zunächst müssen wir jedoch ein gutes Wahlergebnis für die SPD in der Kommunalwahl erreichen. Wenn wir die Partei vor einem Absturz retten wollen, müssen wir jetzt etwas tun.
(mz)