Wildcats-Torfrau Wildcats-Torfrau: Was Isabel Gois an Halle und ihrem Klub schätzt

Halle (Saale) - Klatschnass sind die langen Haare von Isabel Gois. Eine Regen-Husche während ihrer Fahrt mit dem Rad von der Neustädter Wohnung zum Interviewtermin hat dafür gesorgt, dass sie sich gleich noch mehr kräuseln. Die Haarpracht, antwortet sie wenig später in dem Café in der halleschen Innenstadt und lächelt schüchtern, sei ihr von Natur aus gegeben. Geerbt habe sie die aber nicht etwa von ihrer Mutter, wie man denken könnte, einer gebürtigen Venezolanerin. Die dunkle Lockenmähne verdanke sie ihrem Vater. Dieser wohnt wie der Rest der Familie Gois auf Madeira, der portugiesischen Schönwetterinsel.
Als sie dann von Zuhause erzählt, ist auch ein klein wenig Wehmut aus ihrer Stimme herauszuhören. Isabel Gois, das spürt man, liebt ihre Heimat. Und: „Ich habe ganz viel Familiensinn“, sagt die Portugiesin. Trotzdem ist sie hier, im gerade sehr herbstlichen Deutschland.
Isabel Gois ist ein starker Rückhalt bei den Widcats
Der Job hat Isabel Gois nach Halle geführt. Denn sie ist Handball-Profi und profiliert sich nun schon die zweite Saison bei den Wildcats als Toreverhinderer. Zusammen mit Anica Gudelj gibt die 1,80 Meter Keeperin ihrer Mannschaft den nötigen Rückhalt. So hoffentlich auch am Samstag gegen den Zweitliga-Kontrahenten in Kirchhof. Beim Tabellen-13. will der Spitzenreiter die nächste Stufe auf dem Weg zurück ins Oberhaus nehmen.
Harter Liga-Alltag ist das. Der, davon ist die junge Torfrau überzeugt, bringe sie in ihrem Sport weiter voran. Für die Lehrjahre in der Fremde hat sie nach drei Jahren ihr Psychologiestudium in Porto unterbrochen. Nach der Sportkarriere, irgendwann einmal, will sie es fortsetzen.
„In Deutschland“, so Isabel Gois’ Erfahrung nach einem Jahr mit Union in Liga eins und nun fünf Partien eine Klasse tiefer, „ist das Spiel schneller als in Portugal“. Und die Spielerinnen seien technisch versierter. Sie selbst habe gerade von ihrem Pendant Anica unglaublich viel lernen können.
Isabel Gois lernte viel von Kollegin Anica Gudelj
„Sie hat mir so viel voraus an Erfahrung“, sagt die 24-Jährige über die vier Jahre ältere Kroatin. Und obwohl immer beide Wochenende für Wochenende ihrem eigenen Einsatz entgegenfiebern, so sieht sich Isabel Gois doch nicht als Konkurrentin ihrer Teamkollegin und mittlerweile guten Freundin. „Wir sprechen sehr viel miteinander, geben uns gegenseitig Tipps, im Training und vor allem auch im Spiel“, sagt die Wildkatze mit der Rückennummer eins. Vier Augen sehen schließlich mehr als zwei.
Dieses harmonische Miteinander findet auch Unions Torwarttrainer Thomas Müller bemerkenswert. Davon, das sagt der Coach, profitiere die ganze Mannschaft. „Isabel und Anica ergänzen sich hervorragend“, weiß Müller. Gois agiert ruhig und hochkonzentriert, liest das Spiel und wartet auch mal länger, während Gudelj mehr der impulsivere Typ ist. Die unterschiedlichen Spielweisen ermöglichen Union, je nach Situationen zu reagieren.
Müller bestätigt: Ihr Training und die Spiele in Deutschland haben Isabel Gois reifen lassen. Das sehen andere offenbar auch so. Aus Portugals Nationalmannschaft ist sie nicht mehr wegzudenken. Auch da warten große Herausforderungen auf Isabel Gois.
Isabel Gois: Nächster Heimaturlaub in Portugal erst an Weihnachten
In der EM-Qualifikation hat Portugal eine starke Gruppe erwischt. In den zwei Spielen Ende September hat aber auch eine gut aufgelegte Torfrau die Niederlagen gegen Schweden und Tschechien nicht verhindern können. Die Wahrscheinlichkeit, die Endrunde 2020 in Dänemark und Norwegen zu erreichen, ist für Halles Torfrau damit eher gering. Auch bei der WM in den ersten beiden Dezemberwochen in Japan ist Portugal nicht dabei.
Frei wird Isabel Gois dann trotzdem nicht bekommen. „Wir werden in Halle weiter trainieren. Mit meinem Heimaturlaub muss ich mich also bis Weihnachten gedulden“, erklärt die Spielerin. Was ihr gar nicht so leicht fällt. Denn ihre Schwester hat sie gerade zur Tante gemacht. Die kleine Claudia Isabel kennt die Sportlerin bisher nur vom Foto.
Die trainings- und spielfreie Zeit in Halle helfen ihr die Teamkolleginnen zu überbrücken, mit denen sie gern mal einen Cappuccino trinken geht oder sich gemeinsam im Fernsehen Serien ansieht. Die nutzt sie, um ihre Sprachkenntnisse zu verbessern. Denn um in Deutschland die Fahrerlaubnis zu machen, dafür reichen sie noch nicht aus. Was Isabel Gois aber nicht stört. Schließlich ist sie noch mindestens bis nächsten Sommer hier, um das anzupacken. Bis dahin nutzt die leidenschaftliche Sportlerin eben das Rad, das sie gerne fährt - es sei denn, es regnet.
(mz)
