Watschen für die Professoren
HALLE/MZ. - Gemeinsam mit Edmund Baron leitet er den kleinen, feinen Fliegenkopf-Verlag sowie die Lippertsche Buchhandlung. Für die Gesellschafter stand schon ganz am Anfang fest: keinesfalls Digitaldruck!
Das würde auch wirklich nicht passen zu dem, was die beiden vorhaben: Eine neue Buchreihe soll Ende des Monats vom Stapel laufen - "fliegenkopf literara" lautet der Titel, sogar ein eigenes Signet wurde entworfen. Bis Ende nächsten Jahres werden acht Bände erscheinen, kündigt Hebestedt an. "Es handelt sich um alte Texte, die zum Teil unbekannt oder ganz rar sind."
Der Fliegenkopf-Verlag betritt damit in gewisser Weise Neuland: "Literarisches war bei uns bisher weitgehend ausgeklammert", sagt Hebestedt. In der neuen Reihe nun erscheinen vorzugsweise Texte aus Literatur, Philosophie und Kulturgeschichte. Lange vergessene Schätze, für die Bücher-Fans, wenn sie sie wenigstens im Antiquariat entdecken, tief in die Tasche greifen müssen.
Zum Auftakt erscheinen Ende Oktober zwei Bände: zum einen - passend zu seinem 250. Geburtstag - Erzählungen und Aufsätze von August Heinrich Julius Lafontaine, Titel: "Liebe und Dankbarkeit".
Das zweite Buch hat es in sich: "Vertraute Briefe über Halle vorzüglich die Friedrichs-Universität daselbst. Für Eltern und Jünglinge welche die Academie daselbst beziehen wollen", so der leicht ausufernde Titel.
Der Verfasser ist bislang nur unter seinem Pseudonym bekannt: Bogatsch. Mit der Veröffentlichung des Buchs, verrät Hebestedt, wird das Geheimnis gelüftet. Walter Müller, ein Mitarbeiter der Universitätsbibliothek, habe es nämlich herausgegeben.
Jener geheimnisvolle Bogatsch tat freilich gut daran, seinen Namen nicht preiszugeben, als er sein Werk 1798 erstmals veröffentlichte. Er setzte sich nämlich höchst kritisch mit den "Gefahren" auseinander, die halleschen Studenten drohten.
Bogatsch watschte reihenweise die Professoren-Prominenz der Uni ab, prangerte Trunk- und Spielsucht an und schimpfte über die vier Bordelle, die es damals in der Saalestadt gab - und die Bogatsch, natürlich, aus eigener Anschauung kannte. "Ein subjektives, aber sehr lebendiges Sittenbild der damaligen Zeit", resümiert Hebestedt.
Kleine Auflage, kleines Format
Sämtliche Bücher werden von der Grafikerin Antje Langer gestaltet und erscheinen in eher kleiner Auflage (geplant sind zwischen 330 und 1 000 Exemplare) sowie in einem kleinen, alten Format, nur etwas größer als ein A-6-Notizbuch. Von einigen Bändern wird es außerdem Vorzugsausgaben geben, die von Künstlern gestaltet werden.
Acht Bücher sind bislang gesetzt. Aber wenn es gut läuft, kann die Reihe richtig lang werden. Pläne gibt es jedenfalls reichlich. Jörg Hebenstedt: "Wir haben schon Ideen bis zum Jahr 2013 gesammelt."