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Bündnis in Halle will aufklären Was tun bei Depression?: Wie ein Bündnis von Ärzten, Therapeuten und Kliniken helfen will

Von Katja Pausch 01.09.2018, 06:00
Stefan Watzke, Professor für Psychologie und Klinikleiter in Halle, will im Bündnis gegen Depression über die Krankheit aufklären und Hilfen anbieten.
Stefan Watzke, Professor für Psychologie und Klinikleiter in Halle, will im Bündnis gegen Depression über die Krankheit aufklären und Hilfen anbieten. Lutz Winkler

Halle (Saale) - Antriebslos, gedrückte Stimmung, eine bleierne Müdigkeit und das Gefühl, nicht mehr zu können - wer kennt das nicht? Doch was für die meisten Menschen nur ein kurzes Unwohlsein bedeutet, das nach ein paar Tagen vorüber ist, werden bei depressiv Erkrankten diese Symptome zum Dauerzustand. Mehr noch: Sie verstärken sich, und ohne Hilfe geraten Erkrankte in eine Abwärtsspirale - im schlimmsten Falle mit tödlichem Ausgang ...

Depression: Krankheit wird oft vom Umfeld heruntergespielt

„Das geht schon vorbei“, „Reiß dich zusammen“, „Hab dich nicht so“ - Betroffene werden oft nicht ernst genommen, bekommen aus ihrem Umfeld „gute“, aber keineswegs hilfreiche Ratschläge. Hinzu kommt: Kaum jemand äußert sich offen über die Krankheit, die aus einem Zusammenspiel von genetischer Disposition und einschneidenden Ereignissen wie Trennung, Arbeitsplatzverlust oder schulischen Problemen entstehen kann. Noch immer ist Depression in der Öffentlichkeit ein Tabu-Thema.

Experten wollen Depressiven helfen: Oft noch Scham, darüber zu sprechen

Dem will ein landesweit aktives Bündnis etwas entgegen setzen. „Auch wenn sich gesellschaftlich eine deutlichere Akzeptanz abzeichnet, trauen sich viele immer noch nicht, offen über Depression zu sprechen“, so Professor Stefan Watzke. Der Leitende Psychologe der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik am Uniklinikum Halle gehört mit vielen anderen zu den Akteuren im Bündnis gegen Depression: Therapeuten, Kliniken, Rehabilitations- und Hilfeeinrichtungen wollen gemeinsam die Situation depressiver Menschen verbessern.

Immerhin leiden nach Watzke fünf bis acht Prozent der Bevölkerung unter einer behandlungsbedürftigen Depression, verursacht laut Weltgesundheitsorganisation die Krankheit weltweit die meisten Kosten durch Kranken- und Rentenzahlung. Ganze 15 Prozent aller Bundesbürger würden im Laufe ihres Lebens erkranken. Das sind immerhin zwölf Millionen Menschen - mehr als Patienten mit Diabetes, Rückenschmerzen oder Herz-Erkrankungen.

Psychologie-Professor der Uni Halle: Depression kann jeden treffen

Nur: Über diese Krankheiten spricht man öffentlich - über psychische Leiden dagegen nicht. Dabei, stellt Stefan Watzke klar, könne Depression jeden treffen. Jeden.

„Wir wollen in der Bevölkerung das Wissen über die Krankheit verbessern, ein Klima der Offenheit schaffen und über Suizide aufklären“, so der Psychologe zu den Aufgaben des Bündnisses. Wer an einer Depression leide, ziehe sich aus seinem sozialen Umfeld zurück und habe eine erhöhte Neigung zum Suizid. Was aber viele nicht wissen: „Depression ist sehr gut behandelbar - durch Medikamente und Psychotherapie“, so Watzke.

Je eher die Diagnose gestellt werde, um so besser seien die Heilungschancen. Das setze voraus, dass die Krankheit erkannt werde. Daher wolle man vor allem Hausärzte sensibilisieren, da sie oft als erste mit der Erkrankung konfrontiert werden. „Wir arbeiten mit Pfarrern, Lehrern und Pflegekräften für eine frühe Erkennung zusammen“, so der Psychologe. Das Bündnis versteht sich als Ansprechpartner für Erkrankte und Angehörige. Und weil Termine bei Therapeuten kurzfristig schwer zu bekommen sind, steht im Akutfall die Klinik in der Julius-Kühn-Straße immer offen.

››Hilfsangebote der Deutschen Depressionshilfe unter 0800/33 44 533 (mz)