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Kundgebungen in Halle trotz Ausgangssperre Warum Rechtsextremist Liebich auch nach 22 Uhr Demos machen darf

Von Dirk Skrzypczak 28.04.2021, 10:01
Demo von Sven Liebich auf dem Marktplatz in Halle.
Demo von Sven Liebich auf dem Marktplatz in Halle. (Foto: Silvio Kison)

Halle/MZ - Zahlreiche MZ-Leser sind empört. Trotz der nächtlichen Ausgangssperre zwischen 22 und 5 Uhr - festgelegt durch die bundeseinheitliche Corona-Notbremse - kann der vom Verfassungsschutz als Rechtsextremist eingestufte Hallenser Sven Liebich nach 22 Uhr Kundgebungen auf dem Markt abhalten. Liebich hat noch bis Freitag jeweils eine nächtliche Veranstaltung angemeldet.

Ursprünglich wollte er bis 5 Uhr auf dem Markt sein, die Polizeiinspektion (PI) Halle als Versammlungsbehörde hat Kundgebungen bis 23 Uhr genehmigt. Wie geht das? Ralf Karlstedt, Sprecher der PI, verweist auf das novellierte Infektionsschutzgesetz. „Dort findet man auch sämtliche Beschränkungen. Kundgebungen und Zusammenkünfte, die der Religionsausübung dienen, werden dort nicht aufgeführt“, sagt Karlstedt.

„Verbotsgründe lagen nicht vor“

Das Recht auf freie Meinungsäußerung bei Versammlungen, friedlich und ohne Waffen, wird im Artikel 8 des Grundgesetzes geregelt. Demnach benötigen Organisatoren keine Erlaubnis, wenn sie Demonstrationen organisieren wollen. Die Versammlungsbehörde kann Kundgebungen aber beschränken, wenn sie die öffentliche Sicherheit ansonsten in Gefahr sieht. Im Fall von Liebich bedeutet das, dass die PI mit dem Veranstalter die Einzelheiten erörtert habe. „In diesem Zusammenhang wurde festgelegt, dass die Versammlung von 22 bis 23 Uhr stattfindet“, sagt Karlstedt. Zudem darf Liebich keine Beschallungstechnik nutzen.

Das Landesversammlungsgesetzes lege zudem fest, wann eine Versammlung beschränkt, verboten oder aufgelöst werden kann. „Verbotsgründe lagen nicht vor. Beschränkungen erfolgten insbesondere zur Gewährleistung des Infektionsschutzes“, berichtet Karlstedt. Die Kundgebung ist bislang auf eine bescheidene Resonanz gestoßen. Laut Polizei kamen Montagabend elf Teilnehmer auf den Markt. Am Dienstag sollen es vier gewesen sein. Teilnehmern an Kundgebungen, die nach 22 Uhr enden, drohen auf dem Nachhauseweg übrigens keine Strafen, stellt die Polizei klar.

MZ-Leser wie Dirk Meyer sehen die Situation dennoch kritisch. „Zwar habe ich keine minderjährigen Kinder mehr, bin mir aber ziemlich sicher, dass solche Entscheidungen die Argumentation von Eltern mit ihren jugendlichen Kindern bezüglich der Ausgangssperre nicht gerade erleichtern“, schreibt er. (mz)