Verwaltungsskandal in Landsberg Verwaltungsskandal in Landsberg: Hausverbot für Bürgermeister

Halle (Saale)/Landsberg - Die Stadt Landsberg im Saalekreis wird von einem in Sachsen-Anhalt bisher beispiellosen Verwaltungsskandal erschüttert. Der parteilose Bürgermeister Olaf Heinrich und sein Stellvertreter Christian Hoppe sind zeitgleich vom Landesverwaltungsamt wegen des Verdachts der Untreue im schweren Fall ihrer Posten enthoben worden. Die beiden Verwaltungschefs eines der größten Gewerbestandorte im Süden Sachsen-Anhalts dürfen nicht einmal mehr ohne Erlaubnis das Rathaus oder andere städtische Gebäude betreten und mussten alle Schlüssel abgeben.
Die Geschicke der Kommune, in der 50 Unternehmen wie Rossmann, Mäc-Geiz und Edeka Logistik-, Lager- und Produktionsstandorte unterhalten, werden jetzt aus der dritten Reihe gelenkt. Bauamtsleiterin Daniela Moron-Wernicke ist neue Rathaus-Chefin. Grund für diesen rigorosen Schritt der Kommunalaufsicht sind mehr als 20 Vergehen, die Heinrich und seinem Vize im Zusammenhang mit der städtischen Tochtergesellschaft Energy Landsberg angelastet werden. Der Stadt sei dabei ein finanzieller Schaden im sechsstelligen Euro-Bereich entstanden, sagte Denise Vopel, Sprecherin des Landesverwaltungsamtes, am Freitag gegenüber der MZ.
Die Amtsenthebung ist der vorläufige Höhepunkt eines langen Streits im Landsberger Stadtrat. Der hatte seinen Auslöser in den Aktivitäten der 2010 gegründeten und inzwischen aufgelösten Firma Energy Landsberg. Mit dem Unternehmen wollte die Kommune als erste Stadt im Land einen eigenen Solarpark errichten. Das Projekt kam aber aus den Kinderschuhen nicht heraus und wurde nach nur wenigen Monaten an eine private Firma verkauft. Die baute schließlich den Solarpark vor den Toren Landsbergs. Das städtische Unternehmen, dessen Geschäftsführer Heinrichs Stellvertreter und Landsbergs Hauptamtsleiter Hoppe war, blieb indes bestehen und wurde erst im Oktober 2013 in die Liquidation überführt.
Lange Liste der Vergehen
Die Liste der Vergehen, die Heinrich und Hoppe angelastet werden, ist lang. Unter anderem soll der stellvertretende Bürgermeister seinen mit 25 000 Euro jährlich dotierten Nebenjob als Geschäftsführer entgegen dem Beamtenrecht nicht angemeldet haben. Heinrich ist zudem wegen Grundstücksgeschäften und einer Kreditvergabe an die Energy Landsberg in den Fokus geraten. Der 53-Jährige, gegen den auch die Staatsanwaltschaft ermittelt, und sein Vize waren am Freitag für die MZ nicht erreichbar.
Dass ein Bürgermeister und zugleich sein Stellvertreter wegen des Verdachts, öffentliche Gelder veruntreut zu haben, des Amtes enthoben werden, das ist laut Stefan Brodtrück, Sprecher im Innenministerium, ein bislang einmaliger Vorgang im Land. „Ein Fall von solcher Tragweite ist mir nicht bekannt.“ Eine Amtsenthebung durch das Landesverwaltungsamt gab es zuletzt 2013 im Burgenlandkreis. Der Fall hatte aber eine andere Dimension: Einem Bürgermeister wurde rechtsextreme Propaganda vorgeworfen.
Die Messlatte im Fall Olaf Heinrich habe niedrig gelegen: „Von schwerer Untreue reden wir schon ab 5 000 Euro“, so Denise Vopel. Heinrich, seit 1997 in dritter Amtszeit Bürgermeister in Landsberg, und sein Stellvertreter hätten aber die Möglichkeit, einen Aufhebungsantrag gegen die Amtsenthebung zu stellen. Beide erhalten jedoch 50 Prozent ihres Gehaltes weiter, bis das Verfahren rechtskräftig ist. (mz)