Verbrechen auf der Spur: Verbrechen auf der Spur: Dieser Oberstaatsanwalt ermittelt in Wirtschaftsdelikten

Halle (Saale) - Auf dem Schreibtisch von Ulf Lenzner und im noch spärlich gefüllten Regal steht Fachliteratur zum deutschen Strafrecht. Das verwundert nicht, schließlich ist der 47-jährige Hallenser Oberstaatsanwalt, zuständig für Wirtschaftskriminalität und seit Anfang März stellvertretender Leiter der Staatsanwaltschaft Halle. Lenzner mustert die Bücher und lächelt: „Man muss auch als Staatsanwalt nicht jeden Paragrafen kennen. Aber man muss wissen, wo man suchen muss“, sagt der verheiratete Vater von zwei Kindern.

In Halle ist er kein Unbekannter. 2001 war der gebürtige Saalfelder nach Halle gekommen, zuvor hatte der Thüringer sein Rüstzeug im Landesgerichtsbezirk Gera erhalten und an der Universität in Jena promoviert. Natürlich, Lenzner hätte auch Richter werden können. Aber warum Staatsanwalt? „Ich finde es anregend und fordernd, die kriminellen Machenschaften der Täter zu ergründen, ihre Gedanken nachzuvollziehen. Und ich halte im Gerichtssaal gern Plädoyers“, sagt er.

Seit 2002 hatte er sich bei der Staatsanwaltschaft Halle mit Wirtschaftskriminalität beschäftigt. Zwischenzeitlich war er als Jurist im Justizministerium des Landes beschäftigt. Zuletzt arbeitete Lenzner als stellvertretender Chef bei der Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau. Dort hatte er mit dem grausamen Mord an der chinesischen Studentin Yangjie Li zu tun, ein Fall, der auch einem erfahrenen Juristen unter die Haut geht. „Im Studium und während der Ausbildung wird man nur bedingt auf solche schwierigen Momente vorbereitet. Das zehrt schon an einem. Aber unser Job ist es nun mal, professionell zu bleiben und persönliche Gefühle auszublenden. Aber einfach ist es nicht.“

Nun kümmert sich Ulf Lenzner in Halle also wieder um sein Spezialgebiet und hat gleich 25 bis 30 mutmaßliche Strafsachen auf seinem Tisch, zumeist geht es dabei um Schwarzarbeit. Die Staatsanwaltschaft arbeitet eng mit dem Zoll, der Polizei aber auch dem Finanzamt zusammen, um den kriminellen Machenschaften auf die Spur zu kommen.

„Viele Leute in der Öffentlichkeit fragen sich, warum die Aufklärung dieser Delikte so lange dauert, ehe es überhaupt zu einer Anklage kommt. Das liegt an den komplexen Sachverhalten“, schildert der Oberstaatsanwalt. Da müssten ganze Aktenordner durchforstet werden. Ohne Experten geht das nicht.

Deshalb hat die Staatsanwaltschaft auch eine eigene Wirtschaftsinspektion. Das sind Spezialisten, die sich in Betriebswirtschaft auskennen und beispielsweise in Insolvenzverfahren ermitteln, ab wann eine Firma tatsächlich zahlungsunfähig gewesen ist. „Die Fälle, die wir bearbeiten, dauern zumeist über ein Jahr. Das zeigt, wie schwierig die Aufklärungsarbeit ist.“

Und genau das will der Oberstaatsanwalt jetzt in Halle auch verstärkt tun: aufklären. Lenzner ist neben Oberstaatsanwalt Klaus Wiechmann und natürlich der Behördenleiterin Heike Geyer für die Öffentlichkeitsarbeit der Behörde zuständig. „Das wird eine spannende neue Erfahrung für mich, auf die ich mich auch sehr freue.“

Lenzners Abteilung bearbeitet übrigens auch einen der spektakulärsten Fälle der letzten Jahre. 27.000 Kunden einer Autoglaserei stehen im Verdacht, mit Hilfe des Unternehmens ihre Versicherungen geprellt zu haben. Fünf Jahre laufen die Ermittlungen nun schon. Derweil erhalten immer mehr Kunden ihre Strafbefehle. „Wenn die Gerichte übernehmen, ist unsere Arbeit getan“, sagt der Oberstaatsanwalt. (mz)