Umwelt-Problem in Halle Umwelt-Problem in Halle: Ärger mit giftigem Styropor?

Halle (Saale) - Alte Styroporplatten werden zunehmend zu einem Problem. Vor allem Wohnungsgesellschaften und private Hausbesitzer sehen sich mit hohen Mehrkosten konfrontiert. Hintergrund ist eine EU-Verordnung, nach der Styropor, das das gesundheitsschädliche Brandschutzmittel HBCD enthält, nicht mehr mit sonstigem Bauschutt zusammen entsorgt werden darf. Stattdessen müssen die alten Dämmplatten separat in dafür zugelassenen Anlagen verbrannt werden. Beim Verbrennen der Platten wird nämlich giftiges Brom freigesetzt. Derzeit gibt es deutschlandweit nur rund 30 Anlagen, die dafür zertifiziert sind.
Gerade Wohnungsunternehmen trifft das neue Gesetz hart. „Wir haben knapp 130 Mehrfamilienhäuser und Hochhäuser in unserem Bestand“, sagt Beate Scheiter, Leiterin Technik bei der halleschen Wohnungsgenossenschaft Freiheit. In den letzten 15 Jahren wurden Styroporplatten als Dämmung verbaut. „Das betrifft vor allem unsere Mehrfamilienhäuser. Die Hochhäuser wurden mit Mineralwolle gedämmt“, sagt Scheiter. Allerdings sei Styropor derzeit kein Thema bei dem Wohnungsunternehmen, da derzeit keine Sanierungen betroffener Häuser geplant seien. „Sollten Balkone angebaut werden, dann könnte Styropor ein Thema werden“, so Scheiter über die derzeitige Situation.
Auch HWG hat die Problematik im Blick
Ähnlich sieht es auch bei der Halleschen Wohnungsgesellschaft (HWG) aus. „Wir haben die Problematik im Blick“, sagt HWG-Pressesprecher Steffen Schier. Allerdings ist das Unternehmen derzeit nicht direkt von der Neuregelung betroffen. „Wir gehen davon aus, dass in allen unseren sanierten Häusern Styropor mit HBCD als Dämmung verbaut wurde“, sagt der Sprecher. Allerdings könne man das nach heutigem Stand nicht mehr genau sagen. Die Sanierung der im Bestand der HWG befindlichen Häuser begann Mitte der Neunziger Jahre - bis heute wurden 75 Prozent der Immobilen modernisiert. „Man geht davon aus, dass erst nach mehr als 30 Jahren eine erneute Sanierung notwendig wird“, so Schier. Demnach wird die HWG frühestens in zehn Jahren mit dem Problem konfrontiert sein. „Bis dahin wird hoffentlich eine Lösung gefunden“, so Schier. Die bereits verbauten Dämmungen würden zudem keine Gefahr für die Bewohner darstellen.
Wenn eine Sanierung ansteht, kann es aber dennoch teuer werden: Vor dem 1. Oktober wurden alte Styroporplatten bei Sanierungen einfach als Baumischabfall zur Entsorgung in Container geworfen und nach Gewicht berechnet. Etwa 120 Euro kostete eine Tonne Bauschutt. Nun wird die Entsorgung nach Raummaß berechnet. Weil Styropor extrem leicht ist, treibt das den Preis um ein Vielfaches in die Höhe, meinen Experten. Insgesamt sind in Deutschland nach Berechnungen der Bundesregierung rund 340 Millionen Kubikmeter HBCD-behandelte Polystyroldämmung verbaut. Das eigentliche Problem ist aber, dass das Styropor mit der Zeit kaputt geht und ersetzt werden muss. So fallen pro Jahr 42.000 Tonnen HBCD-haltige Polystyrolabfälle an.
Problem mit Styropor: Aber es gibt auch neue Lösungen
Aber es gibt auch neue Lösungen: Den jetzt hergestellten Platten könne vertraut werden, sagt Rolf Grünke. Er ist Verkaufsleiter in der Philippine GmbH in Schkopau auf dem Dow-Gelände. Die Hartschaumplatten überdauern mühelos ein halbes Jahrhundert und senken den Energieverbrauch um bis zu 50 Prozent. Vor zwei Jahren wurde in der Philippine GmbH die Produktion auf ein neues Flammschutzmittel umgestellt. Die Wärmeleitfähigkeit des Dämmstoffes habe sich damit nicht geändert. 350.000 Kubikmeter verlassen pro Jahr das Werk, dass zu den ersten fünf Produzenten dieses Materials in Deutschland gehört.
Übrigens darf Styropor im Land Sachsen-Anhalt bereits seit Ende November unter bestimmten Bedingungen weiter mit anderen Abfällen entsorgt werden. Voraussetzung dafür: Bei dem Abfallgemisch darf Styropor einen Anteil von 20 Prozent nicht überschreiten, heißt es aus dem Landesverwaltungsamt. (mz)