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Turbine Halle sammelt Geld für Fußballplatz Turbine Halle sammelt Geld für Fußballplatz: DDR-Meister von 1952 verkauft symbolisch seine künftige Spielfläche

Von Steffen Könau 22.01.2015, 14:34

Halle (Saale) - Der alte Platz atmet vor allem Geschichte. Ein bisschen holprig ist er, die 60 Jahre, die er auf dem Buckel hat, sind ihm anzusehen. Pfützen im Herbst, Eisflächen im Winter und Staub im Sommer, anders kennen die Fußballer von Turbine Halle ihren Schotter nicht. „Der Platz ist der älteste noch genutzte Hartplatz der Stadt“, beschreibt Sven Ziegler, der beim Verein vom Felsen die erfolgreiche B-Jugend trainiert, die derzeit Tabellenzweiter der Landesliga ist. 

Zusammen mit seinem Trainerkollegen Detlef Thürkow und den rund 900 zumeist Kindern und Jugendlichen, die beim DDR-Fußballmeister von 1952 trainieren, träumt Ziegler seit langem von einem modernen Kunstrasenplatz für den Verein von Fußballlegenden wie Herbert Rappsilber und Otto Werkmeister. Aber wie bezahlen? Rund hunderttausend Euro Eigenanteil kämen auf den Verein zu. „Das sprengt natürlich unsere Möglichkeiten“, beschreibt A-Jugendtrainer Detlef Thürkow.

Turbine, in den 50er Jahren Halles erfolgreichster Fußballverein und  später  auf Beschluss  der SED-Sportpolitiker  bis in die Bezirksliga durchgereicht, ist ein großer Verein. Neben Fußball gibt es hier Leichtathletik, Tischtennis, Badminton, Gymnastik, Faustball und Speedskating. Rund 100 Ehrenamtliche engagieren sich auf dem Felsen hoch über der Saale.

Kunstrasenpaten gesucht!

Doch Geld ist rar. Wer keins hat, braucht eben Ideen, dachten sich die beiden Jugendtrainer. Wozu gibt es schließlich das Internet? Dort sammeln Künstler Geld für neue Platten, Erfinder suchen Spenden für die Umsetzung ihrer Ideen. „Also haben  wir uns gedacht, wir versuchen das auch.“

„Es sollte aber etwas Besonderes her, gerade im Vergleich zu anderen halleschen Vereinen“, beschreibt Ziegler, Chef des Turbine-Fördervereins. Vorbild war eine  weltweit beachtete Aktion, bei der ein Mann aus England die Pixel auf seiner Webseite vor Jahren einzeln verkaufte. Dabei gehen die beiden Initiatoren mit ihrer Aktion „Wir stauben den alten Schotter ab“ einen etwas anderen Weg als üblich. Bei Turbine wird nicht um Spenden gebeten, sondern es werden Anteile am neuen Kunstrasen verkauft.  Ab zehn Euro kann jedermann symbolisch einen Quadratmeter Kunstrasen erwerben - und sich  sogar aussuchen, welcher Quadratmeter es denn sein soll.

Das Echo im Verein sei von Anfang an großartig gewesen, sagt Ziegler. „Als hätte man nur darauf gewartet!“ Detlef Thürkow realisierte zusammen mit  Vereinsmitglied Daniel Wurbs die technische Umsetzung, die dem Projekt erst den richtigen Pfiff gibt, weil im Netz zu sehen ist, welche Areale schon belegt sind.

Ehrgeiziges Ziel

Dabei gilt  die Regel, dass weg ist, was  weg ist. Auf einer Internetseite ist der künftige Kunstrasenplatz in exakt 6.450 Quadratmetern aufgeteilt, wird alles verkauft, stehen 94.000 von benötigten 100 000 Euro Eigenanteil. „Das ist schon ehrgeizig“, sagt Sven Ziegler, der neben seiner Trainertätigkeit selbst noch Fußball bei Turbine spielt.  Jeder einzelne Quadratmeter müsse an die Frau und den Mann gebracht werden, um das  Projekt nicht scheitern zu lassen. Den Rest, so hofft Turbine Halle, bringen dann Sponsoren, Vereinsbeiträge und Fördermittel.

Aber das Echo  macht den beiden Erfindern der Aktion Mut.  Die Internetseite ist noch keine drei Wochen online, und schon  haben Kunstrasenpaten  mehr als 220 Quadratmeter Kunstrasen für insgesamt rund 7 000 Euro gekauft. Besonders beliebt sind dabei die Elfmeterpunkte, der Mittelkreis, Ecken sowie  Strafräume.

Unter den Paten sind viele Privatpersonen, vor allem aus dem Giebichensteinviertel, darunter auch  ein junger Turbine-Fußballer, der vor einigen Jahren beim Training vom Blitz getroffen wurde und seitdem auf einen Rollstuhl angewiesen ist. Aber auch Firmen wie der Wosz-Fanshop, das Ingenieurbüro Fuhrmann und Pannier Baukräne beteiligen sich. „Dabei beweisen einige Rasenkäufer sogar künstlerische Fähigkeiten“, staunt Detlef Thürkow, von Beruf Geograf. So seien auf dem virtuellen Internet-Rasen kleine Kreuze, Herzen oder Kreise entstanden, die auf der im Internet stehenden Karte deutlich zu sehen sind.

Der Anfang sei toll gelaufen, aber das Ziel noch weit entfernt, glaubt Thürkow. „Wenn es gut läuft, rechnen wir in zwei Jahren damit, dass der Kunstrasen steht“, hofft Sven Ziegler. Bis dahin müsse „die Sache am Kochen gehalten werden.“ (mz)

Internetseite Kunstrasen